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IWF

IWF fordert abermals entschlossenes Staatshandeln

Laut Kristalina Georgieva, der Spitzenmanagerin des Internationalen Währungsfonds (IWF), ließen sich mit Staatsausgaben im Wert von 50 Milliarden Dollar 40 Prozent der Bevölkerung jedes Landes bis Ende 2021 gegen Covid-19 impfen – und im ersten Halbjahr 2022 weitere 20 Prozent. Dieser Vorschlag passt zu der mehrfach bekundeten Strategie, globalen Herausforderungen mit massivem Staatsaufwand zu begegnen.
Alle müssen mitmachen – Plakat in Lagos im Frühjahr 2020. Olukayode Jaiyeola/picture-alliance/NurPhoto Alle müssen mitmachen – Plakat in Lagos im Frühjahr 2020.

In einem mit IWF-Kollegen verfassten Blogpost urteilt Georgieva, die Gruppe der 20 größten Volkswirtschaften (G20) müsse 35 Milliarden zuschießen, wovon 22 Milliarden bereits versprochen seien. Die übrigen 15 Milliarden könnten nationale Regierungen beitragen, nicht zuletzt mit Kreditunterstützung durch internationale Finanzinstitutionen. Tatsächlich kooperiert die Weltbank ihrem Präsidenten David Malpass zufolge bereits mit Dutzenden Ländern in Sachen Impffinanzierung. Im April sprach er von Vorhaben, die bis Juni 4 Milliarden Dollar entsprechen könnten.

Dem IWF zufolge müssen die G20 mehrere Dinge tun. Die wichtigsten würden sofort 8 Milliarden Dollar erfordern. Dabei geht es um:

  • die Aufstockung der Mittel für die internationale COVAX-Initiative, deren Ziel bislang nur die Impfung von 20 Prozent der Weltbevölkerung ist,
  • die Sicherstellung, dass Impf- und Wirkstoffe problemlos Grenzen überqueren, und
  • die Verschenkung aller überzähligen Vakzin-Dosen.

Die IWF-Autoren halten es darüber hinaus für nötig, die Impfstoffreduktion auszubauen, die Gesundheitsversorgung generell zu verbessern und genau zu verfolgen, wie sich das Virus ausbreitet und mutiert.

Das Stichwort geistiges Eigentum erwähnen sie nicht, fordern aber sofortiges Handeln. Die wirtschaftlichen Vorteile wären ihrer Einschätzung nach riesig: Sie rechnen mit einem Aufschwung, der die Weltwirtschaft um mehrere Billionen Dollar wachsen ließe und die Steuereinnahmen weltweit um 1 Billion Dollar steigern könnte.

Das Konzept passt zu mehrfach geäußerten strategischen Vorstellungen. Der IWF fordert umfassendes Staatshandeln, um globale Probleme zu meistern (siehe José Siaba Serrate in der Tribüne von E+Z/D+C e-paper 2020/12). Das prägte auch die Frühjahrstagung von IWF und Weltbank im April. Zentrale Themen waren neben Covid-19 der wirtschaftliche Aufschwung, Schuldenfinanzierung, ökologische Nachhaltigkeit, Armut und Ungleichheit. Obendrein machen aktuelle Trends Fachleuten zufolge Gewalt und fragile Staatlichkeit wahrscheinlicher.

Laut IWF klafft die Wirtschaftsentwicklung international weit auseinander, wobei ärmere Länder hinterherhinken und träge Impfkampagnen die Probleme vergrößern. Bis Ende April hätten nur zwei Prozent der Bevölkerung Afrikas ihre erste Impfdosis erhalten – aber 40 Prozent in den USA und 20 Prozent in Europa.  

Angesichts der Lage, haben die G20 beschlossen, ihr Schuldendienst-Moratorium auszudehnen. Es betrifft nun 73 statt bislang 43 Entwicklungsländer und gilt bis Ende Dezember. Obendrein wird es neue Sonderziehungsrechte im Wert von 650 Milliarden Dollar geben. Wie stark ein Land von der Ausweitung dieser internen IFW-Verrechnungseinheit profiziert, hängt aber ab von seinen Anteilen am IWF. Den ärmsten Ländern hilft das am wenigsten. Der fiskalische Spielraum afrikanischer Länder wird um etwa 33 Milliarden Dollar wachsen – allerdings ohne weitere Bedingungen.

Kritiker monieren, angesichts des riesigen Bedarfs sei dieses Geld nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Es klaffen riesige Finanzlücken auf. Georgieva sagte afrikanischen Spitzenpolitikern im Mai, deren Volkswirtschaften brauchten mindestens 570 Milliarden Dollar, um wieder auf einen vielversprechenden Aufholpfad zu kommen. Afrikanische Steuerpolitik könne helfen, die Löcher zu füllen. Zweifellos ist aber mehr nötig, damit die internationale Gemeinschaft die Weltprobleme in den Griff bekommt.

 

Link
Georgieva, K., Gopinath, G., and Agarwal, R., 2021: A proposal to end the Covid-19 pandemic.
https://blogs.imf.org/2021/05/21/a-proposal-to-end-the-covid-19-pandemic/


Chimezie Anajama ist Entwicklungssoziologin und studiert an der Ruhr-Universität Bochum im Masterprogramm Development Management.
vivienchime@gmail.com
Twitter: @mschimezie