Entwicklungsfinanzierung

Bedingungen für Kreditvergabe an afrikanische Länder überdenken

In Afrika und anderen Regionen des globalen Südens stoßen europäische Konditionen für Kreditvergabe auf Kritik. Im Rahmen einer Reform der internationalen Entwicklungsfinanzierung ist Europa gut beraten, seine Bedingungen der Realität anzupassen und dabei differenziert vorzugehen.
Zu welchen Bedingungen wird die EU künftig Investitionen in Afrika finanzieren, etwa in puncto erneuerbarer Energien? Windräder bei Kapstadt. picture-alliance/Matrix Images/Nic Bothma Zu welchen Bedingungen wird die EU künftig Investitionen in Afrika finanzieren, etwa in puncto erneuerbarer Energien? Windräder bei Kapstadt.

Aus Afrika dringen seit Längerem Forderungen, die internationale Entwicklungsfinanzierung zu reformieren. Viele Staaten des Kontinents werden von ihrer Schuldenlast geradezu erdrückt, sodass eine Lösung dieser Problematik dringend geboten ist. Die Forderungen werden teils verknüpft mit dem Hinweis auf eine besondere Verantwortung westlicher Industriestaaten wegen deren Rolle während der Kolonialzeit. Auch wird angeführt, dass die ärmsten Länder am wenigsten Möglichkeiten haben, sich vor den Folgen der Klimakrise zu schützen, zu der sie selbst aber kaum beigetragen haben.

Andersherum ergeben sich aber auch Forderungen Europas an Afrika. Beim Thema Verschuldung, also aus afrikanischer Sicht der Begrenzung von Schuldenlasten, stört aus europäischer Sicht etwa die weit verbreitete Korruption. Diese führt dazu, dass externe Gelder in einem erheblichen Umfang auf verschiedenen Wegen zweckentfremdet werden. Insbesondere kommen sie nicht dem Gemeinwesen, sondern privaten Eliten zugute.

Beim Thema Finanzierung, also aus afrikanischer Sicht der Bereitstellung zusätzlicher Mittel, existieren Forderungen, dass die Mittel auch zur gewünschten Wirkung führen, insbesondere zu zusätzlichen Investitionen. Die Wahrscheinlichkeit dafür erhöht sich, wenn stabile Institutionen vorhanden sind, etwa ein verlässliches Rechtssystem. Dies ist in vielen afrikanischen Ländern nicht hinreichend der Fall.

In vielen Ländern des globalen Südens herrscht eine regelrechte Aversion gegen solche Forderungen, die als Belehrungen empfunden werden. Diese Haltung wird unterstützt durch die zunehmende Konkurrenz diverser Geber, insbesondere vonseiten Chinas. Viele afrikanische Länder nehmen eine „neutrale“ Haltung ein, indem sie mit verschiedenen Seiten sprechen und die aus ihrer Sicht vorteilhaften Angebote annehmen.

Kooperation auf Augenhöhe

Manches spricht dafür, die europäische Strategie bei den anstehenden Diskussionen zur Entwicklungsfinanzierung an die Realität anzupassen. Zentral dürfte die Einsicht sein, tatsächlich „Augenhöhe“ herzustellen. Dazu gehört auf europäischer Seite, zu akzeptieren, dass es afrikanischen Regierungen keineswegs darum geht, Werte, wie Europa sie versteht, bei sich eins zu eins umzusetzen. Dann wäre es aus europäischer Sicht aber auch naiv, Finanzmittel grundsätzlich günstig und an Konditionen geknüpft zu vergeben. Vielmehr könnte man noch stärker als bisher differenzieren.

Vier unterschiedliche Finanzierungsmöglichkeiten könnten beispielsweise so aussehen: Erstens mag man Katastrophenhilfe aus humanitären Gründen weiterhin unkonditioniert geben. Zweitens könnte man sich bei der Förderung von Investitionen an den chinesischen Konditionen orientieren, die – im Vergleich zu europäischer Entwicklungsfinanzierung – tendenziell teurere Kredite mit größeren Sicherheiten zur Abdeckung von Zahlungsproblemen bedeuten. In diesem Fall würde es sich um ein rein kommerzielles Geschäft handeln, etwa um knappe Rohstoffe zu erschließen, und man würde wiederum auf Konditionen im Bereich Governance weitgehend verzichten.

Drittens: Bei der Finanzierung globaler öffentlicher Güter, gerade beim Thema Klimaschutz, sind vor allem Mittel ohne Rückzahlung angemessen. Da hier das Interesse stark bei Europa liegt, sollten Konditionen schwach sein und könnten sich darauf konzentrieren, dass die Mittel angemessen ausgegeben werden. Ein vierter Finanzierungstopf könnte schließlich günstige Mittel beinhalten, um Entwicklung zu fördern. Sie wären solchen Ländern vorbehalten, die in den oben angesprochenen institutionellen Dimensionen von sich aus in die aus europäischer Sicht „richtige“ Richtung gehen. In Afrika wird dies eine relativ kleine Gruppe an Ländern sein.

Lukas Menkhoff ist Senior Researcher im Forschungszentrum Internationale Entwicklung des Kiel Instituts für Weltwirtschaft, Professor (em.) für Volkswirtschaftslehre an der Humboldt-Universität zu Berlin und Mitglied der Finance-Gruppe der HU Berlin.
lukas.menkhoff@ifw-kiel.de

Rainer Thiele ist Professor für Entwicklungsökonomie und stellvertretender Leiter des Forschungszentrums Internationale Entwicklung am Kiel Institut für Weltwirtschaft. Er ist Direktor der Kiel Institute Africa Initiative.
rainer.thiele@ifw-kiel.de