Globale Entwicklung
Mehr politische Bildung käme afrikanischer Regierungsführung zugute
In vielen Ländern Afrikas haben sich die Lebensbedingungen seit dem Abzug der Kolonialmächte kaum verbessert oder sogar verschlechtert. Selbst dort, wo das Wirtschaftswachstum und andere formale Maßstäbe gut aussehen, können die meisten Menschen ihren Alltag kaum bewältigen.
Und das, obwohl die Regierungen regelmäßig neue Entwicklungspläne mit allerhand Zielen vorlegen. Sie konzentrieren sich dabei meist auf Aspekte der menschlichen Entwicklung wie Ernährungssicherheit, Gesundheit und Bildung, die in der UN-Agenda der Millenniumsentwicklungsziele (MDGs) eine wichtige Rolle spielten.
Erklärtes Ziel der Entwicklungspläne afrikanischer Regierungen ist immer die Verbesserung des Lebensstandards. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass dies tatsächlich die Absicht der Verantwortlichen widerspiegelt. Zu behaupten, dass Regierungen aus finanzieller Not heraus solche Pläne nutzen, um Entwicklungsgelder abzugreifen, ist nicht weit hergeholt. Sie wissen, was Geldgeber in Anträgen lesen wollen – getreu dem Sprichwort: „In der Not schmeckt jedes Brot“. Spielen die wirklichen Bedürfnisse der Bevölkerung darin überhaupt eine Rolle, dann meist nur am Rande.
Entwicklungsgelder müssen besser eingesetzt werden
Viele Projekte entsprechen tatsächlich nicht dem eigentlichen Bedarf. Wird beispielsweise ein chinesischer Kredit für den Bau eines millionenschweren Konferenzzentrums verwendet, trägt dies kaum zu besseren Lebensbedingungen der Menschen vor Ort bei. Unabhängig davon, welche bilaterale oder multilaterale Institution einen Kredit vergibt, werden Entwicklungsgelder oft nicht sinnvoll eingesetzt. Der Bau teurer, hochmoderner Krankenhäuser ist ineffektiv, wenn von vornherein klar ist, dass es kaum qualifiziertes medizinisches Personal geben wird, Medikamente knapp bleiben und die Wasser- und Stromversorgung unzuverlässig ist.
Den meisten afrikanischen Politikverantwortlichen geht es in erster Linie darum, Geld zu bekommen. Sie tun alles, um Zugang zu Krediten und Zuschüssen zu erhalten. Die erfolgreiche Umsetzung eines Projekts bleibt zweitrangig. Die Politiker*innen wissen: Ist die Finanzierung erst einmal gesichert, können sie Milliarden verschleudern – und einen Teil des Geldes in ihre eigenen Taschen stecken. Gleichzeitig erhöhen riesige Projekte systematisch die Schuldenlast, die afrikanische Staaten zu tragen haben.
Verbesserung der Bildung für mehr Rechenschaftspflicht
Umso ernüchternder ist es, dass es für afrikanische Bevölkerungen kaum Wege gibt, ihre Politiker*innen zur Rechenschaft zu ziehen. Der Großteil hat nicht einmal ein grundlegendes Verständnis dafür, wie das internationale Wirtschaftssystem funktioniert. Kaum jemand weiß, zu welchen Bedingungen Kredite und Zuschüsse gewährt werden oder dass ihr Land die Schulden letztlich zurückzahlen muss.
Angesichts dieser Unwissenheit funktionieren demokratische Regierungsinstitutionen in Afrika nicht richtig. Bildung ist elementar, um Korruption und Misswirtschaft öffentlicher Gelder einzudämmen. Schulen, Medien und zivilgesellschaftliche Kampagnen können dazu beitragen, wirtschaftliche und politische Bildung zu verbessern.
Jedes afrikanische Land braucht eine starke Zivilgesellschaft, die Behörden zur Verantwortung ziehen kann. Dies stärker zu unterstützen, wäre auch im Sinne der Geldgeber. Gegenwärtig konzentrieren sich die Empfängerregierungen eher darauf, ihre Taschen zu füllen.
Globale Entwicklung bedeutet, den Bedürfnissen der Armen nachzukommen
Geberinstitutionen sollten sich von maßgeschneiderten, politikzentrierten Entwicklungsrichtlinien verabschieden, die in ihren Hauptstädten entworfen und von geopolitischen Interessen und Profit getrieben werden. Vielmehr muss der Schwerpunkt auf den unmittelbaren Bedürfnissen der Bevölkerung armer Regionen liegen.
Reinen Altruismus können wir von Geberländern und multilateralen Organisationen kaum erwarten. Doch eine strengere Überwachung und Evaluierung wäre auch in ihrem Sinne.
In den vergangenen Jahrzehnten wurde viel über die Beteiligung der Zielgruppen an Entwicklungsmaßnahmen gesprochen. Dabei wurde auch die Eigenverantwortung der Entwicklungsländer hervorgehoben. Dennoch sind Projekte immer noch weitgehend davon geprägt, was ausländische Expert*innen in Geberinstitutionen für angemessen halten.
Natürlich gibt es auch in Afrika wohlmeinende Verantwortliche. Doch innerhalb des Systems können sie kaum etwas bewirken; allzu oft repräsentiert die formale Demokratie nicht das Volk. Die große Herausforderung besteht darin, zweckmäßige und nachhaltige Entwicklungspläne zu entwerfen. Ein Verständnis für die Vorgänge vor Ort ist dabei unerlässlich.
Baba G. Jallow ist der erste Roger-D.-Fisher-Stipendiat für Verhandlungen und Konfliktlösung an der juristischen Fakultät der Harvard-Universität und ehemaliger Exekutivsekretär der Kommission für Wahrheit, Versöhnung und Wiedergutmachung in Gambia (TRRC).
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