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Polykrise

Pakistans multiple Krise

Pakistan steckt politisch und wirtschaftlich in einer Krise. Auch umwelt- und sicherheitspolitisch steht das Land vor Herausforderungen.
Demonstration für Imran Khan in Karatschi im August 2023. picture alliance / EPA / Shahzaib Akber Demonstration für Imran Khan in Karatschi im August 2023.

Im August 2023 sorgten hohe Strompreise landesweit für Aufruhr. Als Zeichen des Protests setzten Menschen ihre Rechnungen in Brand, und Unternehmen stoppten den Betrieb, um auf steigende Produktionskosten hinzuweisen.

Generell sind die Lebenshaltungskosten in den letzten 18 Monaten stark gestiegen. Selbst die Mittelschicht kann die unerwarteten Preiserhöhungen für Benzin, Gas und Strom kaum noch stemmen.

Der Asiatischen Entwicklungsbank zufolge stieg die Inflation in Pakistan im Fiskaljahr 2022/23 auf 29,2 Prozent an. Im Vorjahr lag sie noch bei 12,2 Prozent. Gleichzeitig haben sich weite Teile des Landes nie von den verheerenden Überschwemmungen des letzten Jahres erholt, welche die ohnehin schlechte wirtschaftliche Lage verschärften.

Inmitten dieser Misere sieht sich das Land politischer Instabilität ausgesetzt. Von Gesetzes wegen sind spätestens im November Parlamentswahlen fällig – die Wahlkommission hat diese jedoch erst für Ende Januar angesetzt. Viele zweifeln sogar an diesem Termin. Wichtiger ist allerdings die Frage, ob angesichts der Unruhen überhaupt glaubwürdige Wahlen möglich sind.

Politische Unruhen

Im April 2022 wurde Premierminister Imran Khan durch ein parlamentarisches Misstrauensvotum abgesetzt. Er macht das mächtige Militär dafür verantwortlich, die Generäle streiten die Anschuldigungen jedoch ab. Als ehemaliger Kricketstar ist Khan recht beliebt – nicht zuletzt weil er keinem der großen und weitgehend diskreditierten politischen Lager rund um PML-N (Pakistan Muslim League – Nawaz) und PPP (Pakistan Peoples Party) angehört. Es war eine Koalition dieser beiden Parteien, die ihn stürzte.

Nach seiner Amtsenthebung initiierte Khan eine Protestbewegung, um Neuwahlen zu erzwingen, die er seiner Meinung nach gewinnen würde. Zweimal rief er zum Protestmarsch auf die Hauptstadt Islamabad auf. Während einer Kundgebung im November 2022 überlebte er einen Anschlag mit einer Schusswaffe.

Khan ist in mehrere Gerichtsverfahren verwickelt. Er wurde wegen Korruption verurteilt, hat dagegen aber Berufung eingelegt. Des Weiteren wird er der Anstiftung zu Unruhen und des Terrorismus beschuldigt. Als es nach seiner Verhaftung im Mai zu Ausschreitungen kam, gingen die Sicherheitskräfte gegen Khans Partei PTI (Pakistan Tehreek-e-Insaf) und ihre Anhängerschaft vor.

Der 71-jährige Ex-Premier sitzt derzeit in einem Hochsicherheitsgefängnis. Seine Anhänger*innen vermuten dahinter den Versuch, eine erneute Kandidatur zu verhindern. Ihre Wut angefacht haben jüngste Aussagen von Anwaar ul Haq Kakar, dem geschäftsführenden Premierminister, „faire“ Wahlen seien auch ohne Khan und seine ebenfalls inhaftierten Parteioberen möglich. Solche Bemerkungen verstärken in der Bevölkerung Zweifel hinsichtlich der Glaubwürdigkeit der anstehenden Wahlen.

Rechtliche Probleme haben auch andere. Der seit Jahren im Ausland lebende Nawaz Sharif – ebenfalls Ex-Premierminister – hat angekündigt, zurückzukehren und den Wahlkampf der PML-N zu leiten. Seinem politischen Comeback stünden aber hohe juristische Hürden im Weg: Auch er ist wegen Korruption verurteilt und darf daher kein öffentliches Amt ausüben.

Die Sicherheitslage im Land ist fragil. Terroranschläge haben zugenommen, seitdem die Taliban im August 2021 die Macht in Afghanistan übernommen haben.

Makroökonomische Schwierigkeiten

All dies verschärft die wirtschaftlichen Probleme. Zusätzlich zur Inflation kämpft Pakistan mit schwindenden Devisenreserven, dem sinkenden Wert seiner Währung und einem hohen Haushaltsdefizit. Die hohe Staatsverschuldung wiegt schwer. Anfang des Jahres erst erhielt das Land ein 3-Milliarden-Dollar-Darlehen des Internationalen Währungsfonds (IWF). Eine umfassende Lösung der Schuldenprobleme würde eine Einigung mit allen Gläubigern, einschließlich China, erfordern. Doch ernsthafte Verhandlungen darüber haben noch nicht einmal begonnen.

In der Vergangenheit waren die meisten Wahlen in Pakistan aufgrund von Manipulationsvorwürfen umstritten. Das Land braucht jetzt freie, faire und zügige Wahlen, um sich politisch zu stabilisieren. Nur eine legitime Regierung kann das wirtschaftliche Chaos beseitigen. Wahlen können nur glaubwürdig sein, wenn alle Parteien eine faire Chance erhalten. Ob das Land dann bekommt, was es braucht, ist allerdings eine ganz andere Frage.

Imran Mukhtar ist ein in Islamabad lebender Journalist.
imranmukhtar@live.com