Medienentwicklung

Stärkung der Meinungsfreiheit auf lokaler Ebene

Es ist wichtig, Meinungsfreiheit auf lokaler Ebene zu fördern und zu stärken. Dabei spielt das Radio eine zentrale Rolle. Es kann Fake News in sozialen Medien und Vorurteilen gegenüber anderen Völkern oder marginalisierten Bevölkerungsgruppen entgegenwirken. Die DW Akademie unterstützt in ihren Medienprojekten diese Aktivitäten vor Ort – zum Beispiel in Uganda, Pakistan und der Mongolei.
Community-Dialog in Gulu, Nord-Uganda. Sheila Mysorekar Community-Dialog in Gulu, Nord-Uganda.

Seit 2016 gibt es im Südsudan Bürgerkrieg, und immer, wenn die Gewalt neu aufflammt, flüchten die Menschen über die Grenze ins Nachbarland Uganda. Dieses Land, das 1,5 Millionen Geflüchtete beherbergt, hat eine sehr offene Flüchtlingspolitik. Schutzsuchende können ungehindert kommen und sich frei im Land ansiedeln. Aber die Ressourcen sind begrenzt und die Toleranz der Ugander nimmt ab (siehe Ronald Ssegujja Ssekandi auf www.dandc.eu). 

Deshalb ist es wichtig, dass lokale Medien den Dialog zwischen den verschiedenen Gruppen ermöglichen und dass auch die Stimmen von Geflüchteten in der ugandischen Gesellschaft hörbar sind. Oft genug ist dies nicht der Fall – es fehlt an Zugang oder es gibt Sprachbarrieren. Deswegen ist die Unterstützung lokaler Medien durch internationale Medienentwicklungsorganisationen wie der DW Akademie sehr wichtig; sie bekommen dadurch Finanzierung und Know-how, um besser zu berichten und eine große Bandbreite an Stimmen in ihr Programm einzubeziehen. Dies stärkt die Meinungsfreiheit sowie den Pluralismus und damit die Zivilgesellschaft insgesamt.

Ein Beispiel ist ein Community-Dialog in der Kleinstadt Gulu in Nord-Uganda. Hier leben seit rund fünf Jahren geflüchtete Familien aus dem Südsudan; die meisten vom Volk der Dinka. Zum Dialog trafen sich zwischen den Lehmhütten Geflüchtete und Ugander, darunter Behördenvertreter, Lokalpolitiker und Vertreter von Hilfsorganisationen. 

Die geflüchteten Südsudanesen sprachen über ihre Situation und über die Probleme, die sie haben. Vielen fehlen gültige Papiere und sie finden keine Arbeit. Die jungen Männer beklagten sich über Diskriminierung, als Südsudanesen würde ihnen oft nachgesagt, aggressiv zu sein. Südsudan ist ein Bürgerkriegsland; der Ruf als Krieger eilt den Geflüchteten voraus. Die Politiker und Beamten hörten aufmerksam zu. Selten haben sie die Gelegenheit, direkt mit Geflüchteten zu sprechen, obwohl sie über deren Wohlergehen entscheiden. Und noch seltener können die Betroffenen ihre Sicht der Dinge darstellen.

Organisiert wurde dieser Community-Dialog von Speak FM, einem lokalen Bürgerradio aus Gulu. Seit Wochen haben die Journalisten in ihren Programmen dieses Treffen angekündigt. Der Dialog wurde aufgezeichnet und später gesendet. Ein bekannter Radiomoderator leitete das Gespräch und motivierte die Teilnehmenden, frei zu reden. Die Message sei klar, sagt Jane Angom, Redaktionsleiterin von Speak FM: „Ihr seid ein Teil dieser Gesellschaft; eure Meinung ist uns wichtig. Meinungsfreiheit soll auch von Geflüchteten ausgeübt werden.“ 

Dieser Community-Dialog in Gulu gehörte zu einer Reihe solcher Treffen zwischen Geflüchteten und Aufnahmegesellschaft, die im Oktober und November 2021 in neun Orten in Nord-Uganda und sieben Orten im Südsudan stattfanden. Sie wurden allesamt von lokalen Radiostationen organisiert, durch die DW Akademie unterstützt und vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) finanziert (siehe Kasten).

Gegen stereotype Berichterstattung

In anderen Projekten der DW Akademie geht es darum, eine permanente Veränderung der Diskussionskultur im jeweiligen Land zu erreichen, auch um Presse- und Meinungsfreiheit zu stärken. So etwa soll der Ausschluss marginalisierter Gruppen oder die Hasssprache gegenüber Minderheiten bekämpft werden, zum Beispiel in Pakistan. 

Pakistanische Medien berichten oft sehr stereotyp über die 7,5 Millionen Menschen des Landes, die zu einer nichtmuslimischen religiösen Minderheit gehören. Diese sind in der Regel marginalisiert oder gar nicht präsent im öffentlichen Diskurs. In den sozialen Medien werden sie zunehmend verunglimpft. 

Auch die Berichterstattung über Frauen ist meist sehr einseitig. „Sie werden als Sexobjekte dargestellt und als Opfer von Missbrauch, werden also in den Medien häufig zum Objekt gemacht,“ sagt Amber Rahim Shamsi, eine prominente und beliebte Nachrichtensprecherin in Pakistan. „In der Werbung werden Männer als dominant und beeindruckend dargestellt, Frauen dagegen als unterwürfig.“

Weniger Diskriminierung

In Pakistan organisierte die DW Akademie daher Weiterbildungen und eine Vernetzungskonferenz zum Thema Diversitäts- und Diskriminierungssensible Berichterstattung. Der Fokus lag auf vier marginalisierten Gruppen: Frauen, religiöse Minderheiten, Trans-Personen und behinderte Menschen. Die Weiterbildung zeigte Erfolg: Viele Journalisten aus dem Projekt produzierten im Anschluss Berichte zu Diversity-Themen und wurden dabei von den Trainern weiter begleitet. 

Während es in Pakistan gut möglich ist, über geschlechtliche Identität – etwa die Belange von Trans-Personen – zu diskutieren, ist es weiterhin sehr riskant, das Thema sexuelle Orientierung anzusprechen (siehe Kasten von Marva Khan auf www.dandc.eu). Um in einer lokalen Medienlandschaft strukturelle Veränderungen in Bezug auf diversitätssensible Berichterstattung zu erreichen, sind daher Folgeprojekte vonnöten. 


Sheila Mysorekar ist freie Journalistin und Senior Consultant bei der DW Akademie.
sheila.mysorekar@dw.com