Gleichberechtigung
Mehr Freiheit für alle: Raus aus starren Männerrollen
Auch im Jahr 2025 gilt: „This is a man’s world“. Männer haben weiterhin erheblich mehr finanzielle Ressourcen und politische Macht als Frauen, verfügen laut Oxfam über 100 Billionen Dollar mehr Vermögen und laut UN über knapp drei Viertel der Sitze in nationalen Parlamenten. Frauen gewinnen zwar an politischer Mitbestimmung, aber nur im Schneckentempo, weil viele Männer ihre eigenen Privilegien mit Zähnen und Klauen verteidigen.
Mancherorts gewinnt das Patriarchat sogar an Boden, wie UN-Generalsekretär António Guterres unlängst warnte. Das liegt auch an Machtmännern wie Wladimir Putin und Donald Trump, die das Bild des dominanten Mannes gezielt mit nationalistischer Politik verknüpfen, um autoritär agieren zu können. Junge Männer radikalisieren sich derweil online in der „Manosphere“, einer Szene geprägt von Frauenfeindlichkeit und Dominanzfantasien.
All das begünstigt, dass Männer zu Tätern werden, und darunter leiden vor allem Frauen. Etwa jede dritte Frau weltweit hat laut WHO physische oder sexuelle Gewalt durch ihren Partner oder andere Männer erfahren. Das Problem ist gravierend und besteht flächendeckend, sowohl in ärmeren als auch in reicheren Ländern. Noch zu wenige Männer erklären sich im Sinne von „Male Allyship“ mit Frauen solidarisch und unterstützen sie in ihrem Kampf um Gleichberechtigung.
Dabei zahlen auch viele Männer in unseren patriarchalisch geprägten Gesellschaften einen hohen Preis. Die ihnen zugeschriebene Rolle ist die des mental und körperlich unerschütterlichen Ernährers und Beschützers, und wer ihr nicht genügt, muss vielerorts mit sozialer Ausgrenzung rechnen.
Nicht wenige Männer zerbrechen daran. Sie suchen oder finden zu selten Hilfe, flüchten in Sucht oder Aggression. Sich Schwächen einzugestehen und Verantwortung für die eigene Gesundheit zu übernehmen, ist eine Stärke – aber im traditionellen Männlichkeitsbild eine Schwäche. Dabei sind wir Menschen nun mal verletzlich, auch Männer. Das ist selbstverständlich, muss aber leider immer wieder betont werden, solange patriarchale Erwartungen vorherrschen.
Weshalb es mehr Freiheit braucht
Es ist Zeit, dass wir Männer es begreifen: Von mehr Gleichberechtigung profitieren nicht nur unsere Frauen und Töchter, sondern auch unsere Söhne und wir selbst. Die Recherchen unserer Autor*innen für diese Ausgabe zeigen, wie sich Männer von Kenia bis Mexiko, von Uganda bis
Deutschland bemühen, ihre Rolle in Familie und Beruf anders auszufüllen als noch ihre Väter und Großväter.
Frauen brauchen weiterhin mehr Rechte, Mitbestimmung, Zugang zu Ressourcen wie Land und Lohn – und nicht zuletzt mehr Sicherheit vor männlicher Gewalt. Beide, Frauen und Männer, brauchen weniger enge soziale Rollen. Beide sollten grundsätzlich die Wahl haben, wie stark sie sich beruflich und familiär verwirklichen möchten. Die gute Nachricht: Gleichberechtigung ist kein Nullsummenspiel. Mehr Freiheit für die einen vergrößert auch die Freiheit der anderen.
Jörg Döbereiner ist Chef vom Dienst von E+Z.
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