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IT-Unternehmen

Coronavirus mit Computerspiel bekämpfen

Die Covid-19-Pandemie war ein schwerer Schlag für alle Volkswirtschaften weltweit. Aber nicht alle Unternehmer haben nur negative Erfahrungen gemacht. Eyram Tawia, CEO und Mitbegründer von Leti Arts, einem der Pioniere auf dem Computerspiele-Markt in Subsahara-Afrika, berichtet E+Z/D+C, wie er und sein Unternehmen die Covid-Krise überstanden haben. Eyram Tawia arbeitet in Ghanas Hauptstadt Accra und sein Miteigentümer in Kenias Hauptstadt Nairobi.
Fight Covid-19 ist ein Computerspiel von Leti Arts. Fight Covid-19 ist ein Computerspiel von Leti Arts.

Wo arbeiten Sie im Moment?
Ich bin in meinem Büro in Accra. Ich arbeite ziemlich oft im Büro, weil wir hier sehr gute Bedingungen haben. Ich habe schnelles Internet, einen Generator und sonst alles, was wir brauchen. Aber abgesehen von mir ist fast niemand hier. Alle meine Mitarbeiter arbeiten von zu Hause aus. Jeder ist eingeladen, ins Büro zu kommen und hier zu arbeiten, aber es ist keine Pflicht. Wenn sie ihre Aufgaben erledigen können, dann ist es mit egal, wo sie arbeiten. Aber ich möchte nicht hören, dass der Strom ausgefallen ist oder dass es kein Internet gibt. Wenn man zu Hause keine guten Bedingungen hat, muss man ins Büro kommen.

Ist das eine neue Arbeitsweise oder war das schon vor der Pandemie so?
Nein, vor Corona waren wir alle im Büro, obwohl wir mit unseren kenianischen Teams schon aus der Ferne zusammengearbeitet haben. Aber es hat sich viel verändert. Von einem Tag auf den anderen waren wir gezwungen, von zu Hause aus zu arbeiten. Also haben wir das gesamte Team in einer virtuellen Umgebung angesiedelt und nutzen neue Tools für die Zusammenarbeit und Kommunikation wie Miroboard, Skype, Discord und Slack. Jetzt haben wir eine perfekte virtuelle Arbeitsumgebung und arbeiten tatsächlich sogar effizienter als vor Corona. Wir waren vorher nicht in der Lage, alle Arbeitsschritte zu begleiten und den Fortschritt zu sehen. Das ist jetzt alles möglich. Ich weiß nicht, warum wir nicht schon früher so gearbeitet haben, es ist perfekt für uns. Ich habe immer gesagt: Gott hat Covid wegen der Spielebranche geschaffen! Für unser Geschäft ist es auch wichtig, dass jeder weiß, wie man einen Computer bedient. Das ist durch Covid geschehen. Sogar meine Großmutter und meine Tanten wissen jetzt über Computer und Zoom Bescheid. Zum ersten Mal habe ich mit meiner Mutter, die im Dorf lebt, Online-Spiele gespielt.

Aber war alles positiv für Sie? Gab es keine geschäftlichen Einbußen durch Corona?
Oh, doch – die gab es. In den ersten 6 bis 7 Monaten von Corona war es wirklich hart. Wir erzielen 90 Prozent unserer Einnahmen durch Aufträge für Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Wir entwickeln Computerspiele für sie, etwa aus dem Bereich der Gesundheitserziehung, wie ich Ihnen in unserem vorherigen Interview erläuterte. Als Corona anfing, stellten alle unsere Kunden ihre Aufträge ein, weil sie sich neu strukturieren mussten. Das hat uns also hart getroffen. Wir hatten eine Weile überhaupt keine Einnahmen und mussten viele unserer Angestellten entlassen. Also mussten wir aktiv werden und neue Geschäftsfelder suchen. Zum Glück kamen auch viele unserer Kunden zurück und das Geschäft normalisierte sich wieder. Wir haben sogar den Auftrag bekommen, ein Lernspiel für Corona zu entwickeln. Es handelt sich um ein Quizspiel in Form von „Wer wird Millionär“, das wir auf unserer Plattform The Hottseat veröffentlicht haben. Die Spieler müssen Fragen zu Covid beantworten. Wirtschaftlich sind wir jetzt wieder auf dem gleichen Level wie zu Zeiten vor Corona und wir wachsen. Wir haben ein Kernteam von 15 bis 20 Mitarbeitern, davon sind etwa 10 festangestellt. Der Rest sind Freiberufler und Praktikanten.

Haben Sie von der Regierung eine Corona-Entschädigung erhalten?
Nein, leider nicht. Es gab wohl Wiederaufbauprogramme, die Regierung sagte, dass sie Mittel für Unternehmer bereitstellen würde. Ich habe mich dafür aber nicht beworben, weil es so kompliziert war. Meine Frau betreibt eine Weberei für traditionelle Kente-Stoffe und beschäftigt 17 Weberinnen. Sie hat zwei Anträge auf Staatshilfen gestellt, aber nie eine Antwort erhalten.

Was hat sich sonst noch in Ihrem Unternehmen durch Corona geändert?
Wir zweifelten, ob wir unser Büro behalten sollten, weil plötzlich so viel leer stand, darunter ein großer, hallenartiger Raum. Aber es ist immer noch wichtig, einen physischen Ort für persönliche Treffen zu haben. Und wir haben einen tollen neuen Zweck für unsere Halle gefunden. Wir sind gerade dabei, sie in eine Schulungseinrichtung umzuwandeln, in der wir Interessierte in der Spieleentwicklung ausbilden. Das fängt gerade an, zu laufen. Wir haben eine erste Schulung nur mit Frauen im Bereich Animation abgeschlossen. Dafür haben wir einen kleinen Zuschuss von einer Organisation namens ScaleUp Africa und der MasterCard Foundation erhalten. Sie wollten, dass wir Frauenförderung betreiben.

Das klingt vielversprechend. Bei unserem letzten Gespräch haben Sie Ihr Bedauern darüber zum Ausdruck gebracht, dass es in Afrika nicht genügend Ausbildungsmöglichkeiten für Spieleentwickler und Informatiker gibt. Ist dies ein erster Schritt, um die Situation zu ändern?
Ja, das ist es auf jeden Fall. Der erste Kurs lief sehr gut. Unser Ansatz ist, dass wir an bestehende Fähigkeiten anknüpfen und diese erweitern wollen. Wenn du zum Beispiel gerne zeichnest, versuchen wir dir beizubringen, wie man einen Comic für ein Videospiel erstellt. Wenn du gerne Computer programmierst, zeigen wir dir, wie du Spiele programmierst. Es gibt sehr unterschiedliche Schritte bei der Entwicklung eines Spiels.

Wie ist es mit Ihren weiblichen Auszubildenden gelaufen?
Wir hatten 30 Frauen, die sich beworben haben. 20 von ihnen waren während des gesamten Kurses aktiv und 15 schlossen mit einem Zertifikat ab. Frauen zu unterrichten ist dasselbe wie Männer; es gibt keinen Unterschied. Wenn sich eine Frau fürs Programmieren interessiert, ist sie gut darin, wenn sie sich für Kunst interessiert, macht sie das. Wir planen, mit drei der 15 Absolventinnen zusammenzuarbeiten. Das ist perfekt für uns. Die Idee ist, dass wir aus unserem eigenen Pool schöpfen. Der nächste Kurs wird im Oktober beginnen. Wir sind gerade dabei, ein Team von Ausbildern zusammenzustellen. Den ersten Kurs habe ich selbst gemacht, dafür habe ich aber keine Zeit mehr.

Wird es wieder ein Kurs nur für Frauen sein?
Ich denke, es wird gemischt sein. Auch wenn ich versucht bin, den nächsten Kurs wieder nur mit Frauen zu machen. Aber es gibt so viel mehr interessierte Männer als Frauen. Lassen Sie mich ein Beispiel nennen: Als wir eine Suchanzeige für unseren ersten Kurs geschaltet haben, der sich allein an Frauen richtete, hatten wir trotzdem 90 Prozent männliche Anmeldungen. Ich denke, das liegt unter anderem daran, dass Spiele meist mit männlichen Darstellungen arbeiten. In den meisten Spielen sind Frauen sexistische Projektionen von Männern. Frauen können sich nicht mit den Figuren identifizieren. Wir versuchen, unsere Charaktere nicht zu stereotypisieren. In unserem Spieluniversum gibt es Frauen in allen möglichen Formen. Aber es wird einige Zeit dauern, bis sich das Bewusstsein bei Frauen und Männern ändert. Positive Beispiele können dabei helfen wie weibliche Entwicklerinnen. Wir denken deshalb über ein Stipendium für Frauen nach.

Neben der Förderung von Frauen, was sind Ihre Ziele?
Wir wollen so viele Menschen wie möglich ausbilden. Und wir wollen Arbeitsplätze für die Jugend in Afrika schaffen und die Fähigkeiten junger Menschen erweitern. Außerdem ist es auch unser Ziel, Unternehmen zu finden, die die Arbeitskräfte aufnehmen. Wir bringen außerdem Spieleentwickler aus ganz Afrika zusammen. Es gibt die „Pan-African Gaming Group“, die derzeit aus 10 Spielestudios aus verschiedenen Regionen Afrikas besteht und die gleiche Vision teilen, die afrikanische Spieleindustrie zu verändern.

Das Hauptgeschäft von Leti Arts sind Bildungsspiele für NGOs. Sie arbeiten aber auch an Ihren eigenen Computerspielen wie Africa's Legends, in denen afrikanische Superhelden die Hauptfiguren sind. Welche andere Spiele haben Sie in Arbeit?
In den vergangenen Monaten haben wir viele neue Spiele entwickelt, eines davon heißt Puzzle Scout, das bald herauskommen wird. Man sammelt Schriften in ganz Afrika, verbindet sie zu Kapiteln und am Ende des Spiels hat man ein Buch geschaffen. Wie bei unseren Africa's Legends wollen wir das Bewusstsein für unsere Geschichte schärfen. Wir vermitteln spielerisch die Geschichte Ghanas, wie die Briten es eroberten und wie es unabhängig wurde. Alles, was wir entwickeln, hat einen Bezug zu Geschichte. Deshalb arbeiten wir mit einem der großen Museen in Afrika zusammen, dem Pan African Heritage Museum in Accra, das 2023 eröffnet werden soll. Es wird für unsere historischen Inhalte verantwortlich sein. Wir haben auch ein neues Spiel mit einem unserer Superhelden, es heißt Karmzah Run, und wir sind dabei, unsere African Legends zu aktualisieren. Aber wir suchen immer noch nach einem Großinvestor, der einige dieser Projekte finanziert.


Eyram Tawia ist Geschäftsführer und Mitgründer von Leti Arts.
info@letiarts.com