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Kommentar

Fortschritte bei der Artenvielfalt

Die Vertragsstaaten der Biodiversitätskonvention (CBD) fassten auf der Nagoya-Konferenz historische Beschlüsse. Sie waren zwar nicht so klar wie von Umweltaktivisten und Entwicklungsländern erhofft, zeigten aber, dass der mulitlaterale Prozess weiter geht.

[ Von Mathieu Régnier ]

In Nagoya haben sich die CBD-Mitgliedstaaten auf das ABS-Protokoll geeinigt, das den Zugang zu genetischen Ressourcen und die gerechte Gewinnbeteiligung bei der Nutzung dieser Ressourcen regelt – ABS steht für „Access to Genetic Resources and the Fair and Equitable Sharing of Benefits Arising from their Utilization“. Das ist ein großer Erfolg in der Geschichte der CBD. Der neue Vertrag legt Regeln und Prinzipien fest, um die weltweiten genetischen Ressourcen zu verwalten und die Milliarden-Profite mit Entwicklungsländern zu teilen. Von nun an müssen Unternehmen und Forschungsinstitute lokale Gemeinschaften um Erlaubnis fragen, um genetische Ressourcen zu nutzen. Das Protokoll kann von Februar 2011 bis 2012 unterzeichnet werden. Es bindet nur die unterzeichnenden Staaten.

Das Nagoya-Protokoll deckt eine Bandbreite genetischer Ressourcen ab, von Pflanzen über Pilze bis zu Krankheitserregern. Eigentlich sollte es auch „Derivate“ genetischer Ressourcen einschließen. Das wurde explizit von Entwicklungsländern gefordert und war besonders umstritten. Schließlich wurden Derivate gänzlich weggelassen. Die Verhandelnden einigten sich auf eine weit gefasste Definition und überließen den Anwälten die Details. Auch Zeitangaben sind unklar. Die Entwicklungsländer forderten rückwirkende Gültigkeit, was die reichen Länder verhinderten.

Einem Artikel des Earth Negotiations Bulletin zufolge ist das Nagoya-Protokoll ein „Meisterwerk der kreativen Doppeldeutigkeit“, was als echtes Lob gemeint war. Anfängliche vage Definitionen führen nämlich unweigerlich auf Dauer zu klareren Begriffsbestimmungen, die dann echte Veränderungen vor Ort erzwingen.

Auch die Finanzierungen von nationalen Biodiversitätsprogrammen in Entwick­lungs- und Schwellenländern war Thema in Nagoya. Leider gab es hier nur wenig Fortschritt. Auf der Konferenz wurde nicht beschlossen, wieviel Geld zur Verfügung gestellt wird, sondern nur, dass es dafür 2012 einen Plan geben soll. Die Entwick­lungsländer hatten klare Zahlen gefordert. Allerdings ­könnte sich das Nagoya-Protokoll auf Dauer als der interessanteste Finanzmechanismus erweisen.

Die Vertragsstaaten betonten stärker als je zuvor, dass jegliches menschliche Handeln Biodiversität berücksichtigen muss. Dieser Aspekt des neuen Strategieplans 2011 bis 2020 ist einmalig. Außerdem wurde festgelegt, dass das Thema Artenvielfalt die Bemühungen um Armutsreduzierung und Entwicklung beeinflussen muss. Dazu wurde gezielt eine Expertengruppe gebildet. Die G77 und China bestanden darauf, dass die CBD eine „Ent­wick­lungs- und nicht lediglich eine Naturschutzkonvention” sein soll.

Der umfassendere Ansatz ist wohl als indirektes Eingeständnis verstehen, dass das alte Ziel – „den Verlust der Biodiversität bis 2010 stark zu reduzieren“ – fehlgeschlagen ist. Der neue Plan umfasst die nächsten zehn Jahre und bietet einen Ausblick bis 2050. Unter anderem beschlossen die Staaten, Biodiversitätsthemen in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung zu erfassen. Das hatte der UNEP-Bericht „The Economics of Ecosystems and Biodiversity“ (siehe Interview mit Achim Steiner in E+Z/D+C 9/2010, S. 334 f.) vorgeschlagen. Entsprechend startete die Weltbank ein Testprojekt, um Ökosys­tem­leistungen in die Wirtschaftsstatistik einzubeziehen.

Die Ergebnisse von Nagoya sind viel versprechend, da sie erstmals in der Geschichte der CBD auf Armut und Entwick­lung Bezug nehmen. Andererseits garantiert der Strategieplan aber auch keinen angemessenen Zugang zu Ökosystemleistungen. Beobachter kritisieren, die reiche Welt berücksichtige nicht, wie eng der Erhalt der Artenvielfalt und der Kampf gegen Armut zusammenhängen.

Positiv ist auf jeden Fall, dass ein Aktionsplan für Süd-Süd-Kooperation zu Biodiversität und Entwicklung angenommen wurde, und dass bi- und multilaterale Geberinsitutionen zugesichert haben, die Nagoya-Ergebnisse in ihrer Arbeit ernst zu nehmen. Insgesamt war die Konferenz trotz einiger Enttäuschungen ein großer Schritt nach vorn. Das wichtigste Ergebnis ist, dass der mulitlaterale Prozess weiter geht und nicht stockt.

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