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Global Governance

Ausstieg aus fossilen Brennstoffen mittels Klimafinanzierung

Zuschüsse für fossile Brennstoffe können Güter des täglichen Bedarfs bezahlbar machen, untergraben allerdings den Klimaschutz und belasten klamme Staatshaushalte. Durch gezielte Klimafinanzierung lassen sich Subventionssysteme gerecht reformieren.
Klimafinanzierung kann die Kosten von Alternativen zu fossilen Energieträgern senken: Solarpark in Simbabwe. picture-alliance/ASSOCIATED PRESS/Tsvangirayi Mukwazhi Klimafinanzierung kann die Kosten von Alternativen zu fossilen Energieträgern senken: Solarpark in Simbabwe.

Die durch Russlands Krieg gegen die Ukra­ine ausgelöste globale Energiekrise ließ die Preise für Öl, Erdgas und Strom in die Höhe schnellen. Verschiedene Regierungen erhöhten daraufhin ihre Energiezuschüsse deutlich, vor allem in Industrieländern, aber auch in Schwellen- und Entwicklungsländern. Die Internationale Energieagentur (IEA) schätzt, dass sie 2022 zusammen mehr als 500 Milliarden Dollar zusätzlich aufgewandt haben, um die Energiekosten für Verbraucher*innen zu senken. Zuschüsse für Erdgas und Strom haben sich gegenüber 2021 mehr als verdoppelt; Ölsubventionen stiegen um etwa 85 Prozent.

All das geschah kurz nach dem Klimagipfel von Glasgow. Dort war der Appell an alle Länder gegangen, ihre Bemühungen zu verstärken, ineffiziente Subventionen für fossile Brennstoffe auslaufen zu lassen und zugleich die Ärmsten und Schwächsten gezielt zu unterstützen.

Wenn Zuschüsse die Preise für fossile Brennstoffe senken, macht das den Umstieg auf erneuerbare Energien weniger attraktiv. Subventionen behindern somit den Umstieg auf eine kohlenstoffarme oder kohlenstofffreie Wirtschaft.

Subventionen könnten steigen

Zwar sind die entwickelten Volkswirtschaften maßgeblich verantwortlich für den aktuellen Anstieg der Subventionen; allerdings verschlingen solche Zuschüsse gerade in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern einen großen Teil der Staatshaushalte. Dieser Anteil könnte sich noch erhöhen, weil der Energieverbrauch voraussichtlich steigen wird. Viele erdölexportierende Länder fördern die Nutzung fossiler Brennstoffe massiv; diese Mittel fehlen für die Energiewende.

Subventionen abzubauen ist schwer, weil es nicht wirklich eingefordert wird. Meist profitiert davon eine relativ kleine Zahl von Produzenten, deren Lobbygruppen Druck auf Regierungen ausüben. Von einer Reform könnten hingegen viele profitieren – allerdings sind es relativ geringe Summen pro Verbraucher*in oder Steuerzahler*in. Vielen würde es ohne Zuschüsse besser gehen, aber so geringfügig, dass der öffentliche Druck ausbleibt.

Ärmere Haushalte verbrauchen relativ wenig Energie, leiden aber am stärksten unter hohen Preisen. Der Versuch, Subventionen zu reformieren, brachte daher mehreren Regierungen weltweit Proteste der Armen ein, und sie machten daraufhin einen Rückzieher – wie in Jordanien während der Anti-Austeritäts-Proteste 2018.

Erfolgreiche Reformen bei fossilen Energieträgern

Der US-amerikanische Experte Benjamin K. Sovacool hat mehrere Fälle analysiert und folgende Lehren daraus gezogen (Sovacool, 2017):

  • Es gilt, detaillierte Daten dazu zu erheben, wie die Zuschüsse verwendet werden – etwa nach Brennstoffart, Branche, Verbraucher*innen und Produzenten. Politische Folgen müssen antizipiert werden. Auf Basis der Kenntnis von voraussichtlichen Kosten und Nutzen könnten Maßnahmen angepasst werden, um etwa Verteilungsgerechtigkeit und Umweltgesundheit zu maximieren. Subventionen gezielter auf bedürftige Haushalte auszurichten kann in manchen Fällen besser sein, als sie komplett abzuschaffen.
  • Energiezuschüsse, die „schmutzige“ Praktiken fördern oder gar Umwelt und Wirtschaft schaden – wie etwa die Subventionierung des Maisanbaus in Trockengebieten, um Ethanol herzustellen –, haben oberste Priorität.
  • Mögliche Gewinner und Verlierer sind zu ermitteln. Wenn Regierungen sicherstellen, dass die Armen nicht weiter marginalisiert werden, ist mehr Akzeptanz zu erwarten.
  • Aus früheren Reformerfahrungen sind Lehren zu ziehen. Erfolgreiche Fälle aus anderen Ländern können als Beispiele dienen, auch wenn nicht jede Strategie kopiert werden kann.

Klimafinanzierung kann etwas bewirken

Im Rahmen des Pariser Abkommens von 2015 übermitteln die Länder regelmäßig ihre Nationalen Klimaschutzbeiträge (NDCs – Nationally Determined Contributions), die als Fahrpläne für den Klimaschutz dienen. Einige Entwicklungs- und Schwellenländer haben in ihren NDCs angekündigt, die Zuschüsse für fossile Brennstoffe zu reformieren. Argentinien etwa will segmentierte Tarifsysteme einführen, um die Zuschüsse weniger regressiv zu gestalten. Der Grüne Klimafonds (GCF – Green Climate Fund) ist ein wichtiges Element des Pariser Abkommens, um Entwicklungsländern zu helfen, Klimaschutz umzusetzen. Es ist deshalb zu prüfen, wie Klimafinanzierung Subventionsreformen fördern kann. 

Auch andere Institutionen unterstützen die Energiewende in Schwellen- und Entwicklungsländern, etwa die sogenannten Just Energy Transition Partnerships (JETPs) der G7, die den Kohleausstieg fördern. Zu den Pilotländern zählen Indonesien, Senegal, Südafrika und Vietnam.

31 Länder hatten laut GCF bis Ende 2023 versprochen, den Fonds zu unterstützen, und sagten dafür in den nächsten vier Jahren insgesamt 13,9 Milliarden Dollar zu (davon 11,7 Milliarden Dollar bereits umgesetzt). Die Beiträge gelten als öffentliche Entwicklungszusammenarbeit (ODA).

Inwiefern ODA die nationale Politik beeinflussen kann oder sollte, ist in der Entwicklungsforschung umstritten. Die Fachliteratur verweist auf begrenzte oder gar negative Wirkung von ODA, wenn Reformen den politischen Prioritäten des Empfängerlandes zuwiderlaufen.

Ob Klimafinanzierung und ODA helfen können, Subventionen für fossile Brennstoffe zu reformieren, hängt – unter Berücksichtigung der oben genannten Kernelemente – ab von:

  • den Kapazitäten der Empfängerländer und
  • inwiefern Reformen zu den Prioritäten des Landes passen.

Die Eigenverantwortung des Landes – etwa in Form einer nationalen Politik oder Strategie – ist zentral für die Mobilisierung von Klimafinanzierungs- und ODA-Mitteln.

Auswirkungen von Klima-ODA auf Zuschüsse für fossile Brennstoffe

ODA für den Klimaschutz kann nationale politische Reformen in Empfängerländern auf zwei Arten beeinflussen: Erstens kann sie ein Land dazu befähigen, Alternativen zur Bezuschussung fossiler Brennstoffe einzuführen. Alternative Instrumente wie etwa Geldtransfers sind aber oft komplexer als Zuschüsse, und Geberländer können hier technische Unterstützung und politische Beratung bieten.

Zweitens kann Klimafinanzierung kohlenstoffarme Energieprojekte finanzieren und so die Kosten für Alternativen zu fossilen Brennstoffen senken. Das könnte helfen, negative Folgen von Reformen abzumildern und so eine große Hürde beseitigen.

Bemühungen, Subventionen für fossile Brennstoffe mittels Klima-ODA zu senken, sind vermutlich effektiver, wenn sie gleichzeitig die politische Eigenverantwortung der Empfängerländer stärken und Mittel entsprechend derer Verwaltungsstrukturen und Politikgestaltung bereitstellen. Wenn eine Regierung signalisiert, Subventionen für fossile Brennstoffe reformieren zu wollen, sollten Geberländer bereit sein, zusätzliche ODA dafür zur Verfügung zu stellen.

Implikationen für Mechanismen der Klimafinanzierung

Das kann Folgen für große Institutionen der Klimafinanzierung haben, wie den GCF, den Klima-Investitionsfonds (CIF – Climate Investment Funds) oder die JETPs. Bei Finanzierungsentscheidungen sollte glaubwürdiges Engagement der Empfängerregierungen ausschlaggebend sein – und fehlender Einsatz ein Warnsignal.

Der Sechste Sachstandsbericht des Weltklimarats (IPCC) konstatiert, dass drei- bis sechsmal mehr Investitionen aus dem Globalen Norden in den Globalen Süden strömen müssen, um die globalen Klimaziele zu erreichen. Gut konzipierte Klimafinanzierungsprogramme, die dabei helfen, Zuschüsse für fossile Brennstoffe zu reformieren, können eine „doppelte Dividende“ bewirken: Sie dienen nicht nur ökologischen Zwecken (zum Beispiel der Eindämmung des Klimawandels oder der Verringerung der Luftverschmutzung), sondern schaffen auch Spielräume in den Staatshaushalten der Empfängerländer und mindern Preisverzerrungen auf den Energiemärkten.

Literatur

Sovacool, B. K., 2017: Reviewing, reforming, and rethinking global energy subsidies: towards a political economy research agenda. Ecological Economics Vol. 135.

Karol Kempa ist Forscher und Direktor am FS-UNEP Collaborating Centre for Climate and Sustainable Energy Finance der Frankfurt School of Finance & Management.
k.kempa@fs.de

Michael König-Sykorova ist Senior Project Manager am FS-UNEP Collaborating Centre for Climate and Sustainable Energy Finance der Frankfurt School of Finance & Management.
m.koenig@fs.de

Ulf Moslener ist Professor am Finance Department der Frankfurt School und Forschungsleiter am FS-UNEP Collaborating Centre for Climate and Sustainable Energy Finance.
u.moslener@fs.de

Oliver Schenker ist stellvertretender Leiter des Forschungsbereichs „Umwelt- und Klimaökonomik“ am ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim.
oliver.schenker@zew.de