Schuldenrestrukturierung

Kalter Krieg im G20-Rahmen

Ende der 1990er-Jahre lernten westliche Geberregierungen eine Lektion: Schuldenerlasse wurden unverzichtbar, weil hohe Staatsschulden die Entwicklung vieler Länder mit niedrigen Einkommen behinderten.
Die G20 vereinbarten den Common Framework on Debt Treatment auf ihrem Gipfel in Saudi-Arabien Ende 2020.  picture-alliance/photothek/Florian Gaertner Die G20 vereinbarten den Common Framework on Debt Treatment auf ihrem Gipfel in Saudi-Arabien Ende 2020.

Nach multilateralem Schuldenerlass gab es in den betroffenen Ländern auch wieder Fortschritt. Als Gegenleistung für die Erleichterungen mussten diese Länder mehr in die Wohlfahrt ihrer Bevölkerung investieren, aber zugleich auf makroökonomische Stabilität achten.

Westliche Regierungen würden aktuelle Staatsschuldenkrisen gern ähnlich angehen. Sie sind nicht die einzig relevanten Akteure. Sambia und andere hochverschuldete Länder haben sich viel Geld von großen Schwellenländern und dem Privatsektor geliehen. Diese Schulden übertreffen sogar das Volumen der Kredite der seit Langem etablierten bilateralen Geber und multilateralen Institutionen.

Chinas Sicht 

Regierungen von Schwellenländern – und besonders China – folgen anderen Prinzipien als die etablierten Wirtschaftsmächte. Aus ihrer Sicht dienen westliche Kredite nur hegemonialen Zwecken. Allerdings wollen sie selbst auch ihren internationalen Einfluss steigern. Entwicklungskredite sind für China dabei ein willkommenes Instrument. Ausgerechnet die US-Regierung wirft der Volksrepublik nun vor, Schuldenfallen aufzustellen.

Richtig ist, dass Chinas Staatsspitze – bewusst oder unbewusst – es versäumt hat, Lehren aus gescheiterten Entwicklungskrediten des Westens zu ziehen. Oft sagen bilaterale Kreditgeber aus Schwellenländern, sie mischten sich nicht in Innenpolitik ein. Sie vernachlässigen dabei auch, auf makroökonomische Stabilität zu achten. Es lässt sich ohnehin darüber streiten, ob multilaterale Institutionen westlichen Interessen oder globalen Zwecken dienen.

Solche Kontroversen erschweren Verhandlungen. Anders als etablierte Wirtschaftsmächte lehne China Schuldenerlasse tendenziell ab, ist aber bei der Vertagung von Zahlungen recht großzügig. Selbstverständlich achten sowohl etablierte Geber als auch Schwellenländer darauf, dass von ihren Entscheidungen nicht die jeweils andere Seite profitiert.

Privatinvestor*innen orientieren sich dagegen nur am Profit. Als die Zinssätze in Ländern mit hohen Einkommen nach der Finanzkrise von 2008 auf Rekordtiefs fielen, begannen viele Privatanleger*innen, in Entwicklungsländern und Schwellenmärkten zu investieren, wo höhere Renditen winkten. Es ging ihnen nie um Entwicklungsziele, sondern um Ertragsmaximierung. Sie werden dafür weiterhin ihr Möglichstes tun. Zusätzlich kompliziert macht die Lage, dass manche Staatsbanken in China nominell als kommerzielle Kreditgeber gelten. Sie könnten beides wollen: Geld und weltpolitischen Einfluss.

Warum ein Kompromiss möglich ist

Kompromiss ist trotzdem erreichbar, denn die Beteiligten wissen, dass sie ihr Geld nie vollständig von einem insolventen Schuldner zurückbekommen können. Angesichts der weltweit wachsenden Probleme mit Staatsschulden einigten sich die G20 bei ihrem Gipfel in Saudi-Arabien 2020 auf den Common Framework for Debt Treatment (CF). Ziel war, Ländern mit niedrigen Einkommen schnelle und abschließende Schuldenrestrukturierung zu ermöglichen. Die Absicht war gut, aber die Umsetzung oft unzureichend. Mit Blick auf Sambias Schuldenkrise sprachen Fachleute von einem „Bürgerkrieg innerhalb des CF“.

Die Erfahrung zeigt, dass ein stärkerer globaler Mechanismus nötig ist – also etwa verbindliche internationale Regeln zur Umstrukturierung von Staatsschulden, wenn eine Regierung zahlungsunfähig wird. Eine Serie freiwilliger Umstrukturierungsabkommen mit verschiedenen Gläubigerkategorien abzuschließen, ist nicht nur für die betroffene Regierung quälend. Es verlängert auch den wirtschaftlichen Abschwung, unter dem ihre Bevölkerung leidet, die zur Staatsschuldenkrise aber kaum etwas beigetragen hat.

Beaulah N. Chombo ist eine sambische Wirtschaftswissenschaftlerin.
beaulahchombo27@gmail.com 

Charles Chinanda ist ein sambischer Wirtschaftswissenschaftler.
charleschinanda@gmail.com 

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Um die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen, ist gute Regierungsführung nötig – von der lokalen bis zur globalen Ebene.