Internationale Zusammenarbeit
Die Zerstörung der amerikanischen Entwicklungspolitik

Das letzte politische und rechtliche Wort zum Ende von USAID – oder seiner wie auch immer gearteten Zukunft – ist noch nicht gesprochen. Im Januar ließ US-Präsident Donald Trump die Gelder für die Entwicklungsbehörde einfrieren und forderte von den Mitarbeitenden weltweit, ihre Arbeit einzustellen. Diese Zwangsfreistellung haben Gerichte zwar aus arbeitsrechtlichen Gründen vorübergehend gestoppt. Klar ist aber: Die von Elon Musk und Donald Trump begonnene Zerstörung wird weitergehen. Das öffentliche Zelebrieren völlig haltloser Vorwürfe gegen USAID und die Mitarbeitenden ist verstörend und teils grotesk. So bezeichnete Elon Musk USAID als „kriminelle Organisation “, und die Freistellungsnachricht für die USAID-Mitarbeitenden endete mit den Worten „Danke für Ihren Dienst“.
Die US-Administration versucht derzeit, dem Rest der Welt eine einzige Regel aufzuzwingen: Was die USA verlangen, ist bedingungslos einzuhalten. Andernfalls drohen härteste Strafen, selbst wenn es sich um abstruse Vorwürfe wie etwa gegenüber Südafrika handelt. Trump beschuldigte dessen Regierung, Ländereien zu konfiszieren und „schlechte Akteure “ zu unterstützen – und fror kurzerhand die Finanzhilfen ein. Angesichts der in kurzen Intervallen einprasselnden Neuigkeiten sollten wir versuchen, das große Ganze nicht aus den Augen zu verlieren. Denn die Sprengkraft dessen, was sich gerade vollzieht, ist kaum zu unterschätzen. Daher eine kurze Zwischenbilanz.
Die Folgen der Zerstörung
Erstens: Die unmittelbaren Folgen für die USAID-Partnerländer sind in vielen Fällen dramatisch. Zwar sind Nahrungsmittelhilfen und andere lebensrettende Maßnahmen vom Einfrieren der Hilfe ausgenommen, dennoch entsteht massenhaft vermeidbares menschliches Leid durch die enorme Verunsicherung und dadurch, dass Arbeitsabläufe nicht mehr funktionieren. Die Folgen sind auch in vielen anderen Bereichen zu erkennen. So unterstützt USAID beispielsweise zivilgesellschaftliche und journalistische Akteure, die sich für eine offene Gesellschaft und Politik einsetzen. Hier sind die Auswirkungen zwar weniger augenfällig, aber ebenfalls massiv.
Zweitens: Das Vorgehen erschüttert das gesamte Entwicklungssystem wie ein Erdbeben. Fast 20 UN-Einrichtungen sind von der Zwangsfreistellung von Mitarbeiter*innen betroffen, was sich direkt auf die Erfüllung ihrer Kernaufgaben auswirkt. Eine Zusage von 4 Milliarden Dollar für den Green Climate Fund wurde widerrufen. Die Zahlungen an den Entwicklungshilfeausschuss (DAC) der OECD wurden eingestellt und der DAC-Delegierte abgezogen. Entwicklungspolitische Kooperationen mit anderen Gebern, beispielsweise Kanada, werden durch das Vorgehen hart getroffen. China und Russland profitieren unmittelbar vom amerikanischen Rückzug.
Drittens: Trump rüttelt so heftig an den Säulen der internationalen Organisationen – die die USA geschaffen und bisher maßgeblich geprägt haben –, dass das Gebäude oder wesentliche Teile davon zusammenbrechen könnten. Ob die Vereinten Nationen insgesamt, die Weltbank, der Internationale Währungsfonds, die Welthandelsorganisation oder die OECD: Entscheidende Normen wie territoriale Integrität, die die bisherige Ordnung ausgemacht haben, sind gefährdet.
Viertens: Die Destruktion staatlicher Strukturen in den USA durch eine oligarchische Machtelite verändert grundlegend das amerikanische politische Modell. Timothy Snyder spricht von der „Logik der Destruktion“ (Snyder 2025). Steven Levitsky und Lucan A. Way halten es für wahrscheinlich, dass die USA unter der zweiten Präsidentschaft von Trump aufhören, eine liberale Demokratie zu sein, und stattdessen die Merkmale eines „kompetitiven Autoritarismus“ erfüllen (Levitsky und Way 2025). Die US-Entwicklungspolitik ist eines der ersten Opfer.
Was jetzt zu tun ist
Ein einfaches Rezept, wie Deutschland und Europa darauf reagieren sollten, gibt es nicht. Viele Fragen sind grundlegend und gehen weit über die Entwicklungspolitik hinaus. Natürlich ist es ratsam, aus der passiven Rolle herauszukommen und kein getriebener Zuschauer zu sein. Zugleich lassen die zahlreichen Brandherde, die die Trump-Administration zeitgleich entzündet, kaum Zeit für strategisches Vorgehen. Vier Punkte könnten hilfreich sein, um uns im täglich größer werdenden Scherbenhaufen zu orientieren:
- Wir sollten noch stärkere Interessenallianzen mit Akteuren im globalen Süden schmieden. Entwicklungspolitik kann uns helfen, den Schaden und Vertrauensverlust für Deutschland und Europa zu reduzieren. Daher dürfen wir uns nicht in die Abwärtsspirale begeben, in die die Entwicklungspolitik anderer europäischer Länder – vor allem durch Haushaltskürzungen – bereits hineingerutscht ist.
- Wir sollten die bestehenden Strukturen und Organisationen nutzen – dann eben ohne die USA! Der DAC kann auch ohne amerikanische Mitwirkung eine zentrale Koordinierungsrolle spielen. Den UN-Einrichtungen, die wir als zentral identifizieren, sollten wir die Möglichkeit geben, sich aus ihrer Schockstarre zu befreien. In jedem Fall sollten wir sie nicht einer stärkeren chinesischen Prägung überlassen. Partnerschaften mit Ländern wie Japan, Südkorea und Großbritannien müssen wir aktiver gestalten und nicht nur verwalten.
- Wir sollten sehr aktiv eine strategische Reform der deutschen Entwicklungspolitik angehen. Wo wird die deutsche Entwicklungspolitik durch überkommene Verfahren zu schwerfällig? Welche grundlegenden Reformen können das entwicklungspolitische System stärken, sowohl in der politischen Steuerung als auch in der Umsetzung?
- Wir benötigen dringend andere Koordinationsmechanismen innerhalb der Bundesregierung. Ein nationaler Sicherheitsrat ist ein überfälliger Schritt. Entwicklungspolitik als gleichberechtigte Stimme in diesem Rat zu haben, wäre ein Gewinn für alle Beteiligten.
Links
Snyder, T., 2025: The logic of destruction.
https://snyder.substack.com/p/the-logic-of-destruction?utm_campaign=post&utm_medium=web&triedRedirect=true
Levitsky, S., und Way, L. A., 2025: The path to American authoritarianism. Foreign Affairs.
https://www.foreignaffairs.com/united-states/path-american-authoritarianism-trump
Stephan Klingebiel leitet das Forschungsprogramm „Inter- und transnationale Kooperation“ am German Institute of Development and Sustainability (IDOS). Er ist Gastprofessor an der Universität Turin sowie der Ewha Womans University in Seoul.
stephan.klingebiel@idos-research.de