Korruptionswahrnehmungsindex
Populismus fördert Korruption
Der jährliche Korruptionswahrnehmungsindex (Corruption Perceptions Index – CPI) von TI ist das wichtigste Messinstrument für Korruption, wobei er Korruption gar nicht direkt erfasst, sondern lediglich die Wahrnehmung von Korruption im öffentlichen Sektor (siehe Kommentar). Der vor kurzem veröffentlichte Index für 2016 beinhaltet 176 Länder und Gebiete. Aus ihm lässt sich ablesen, dass Korruption und Ungleichheit sich gegenseitig begünstigen und so ein Teufelskreis entsteht.
TI-Forschungsdirektor Finn Heinrich hat den CPI mit zwei Indexen der Bertelsmann-Stiftung verglichen: dem Social Inclusion Index für OECD-Länder und dem Welfare-Regime-Indikator für den Rest der Welt. Das Ergebnis: „Die Daten zeigen eine starke Korrelation von Korruption und sozialer Ausgrenzung.“
Mexiko beispielsweise rangiert sowohl im CPI als auch im Social Inclusion Index weit unten, was auf weit verbreitete Korruption einerseits und viele ausgeschlossene Menschen andererseits schließen lässt. Dänemark dagegen führt den CPI an und schneidet auch im Social Inclusion Index gut ab. Natürlich bedeutet Korrelation nicht automatisch, dass ein kausaler Zusammenhang besteht. So könnte etwa der Entwicklungsstand eines Landes für beide Phänomene ausschlaggebend sein. Doch Heinrichs Forschungsergebnisse zeigen, dass soziale Ungleichheit Korruption weitaus stärker beeinflusst als das Pro-Kopf-BIP.
Die Erkenntnis ist nicht neu. Heinrich weist aber darauf hin, dass zwei sehr unterschiedliche politische Strömungen sie derzeit für ihre Kampagnen nutzen: Eine ist die globale Bewegung gegen Ungleichheit, die von NGOs wie Oxfam angeführt wird, die andere wird von populistischen Politikern wie US-Präsident Donald Trump, dem ehemaligen polnischen Ministerpräsidenten Jaroslaw Kaczynski und der französischen Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen repräsentiert. Laut Heinrich wettern Populisten häufig gegen „korrupte Eliten“ und gerieren sich als Vorkämpfer für die Abgehängten.
Die Populisten wollen das Problem jedoch nicht wirklich bekämpfen. Im Gegenteil: Unter populistischen Regierungen steigt die Korruption oft an. Der Autor nennt Indien, Italien, die Slowakei und Ungarn als Beispiele. Im Falle Trumps sieht er erste Anzeichen für einen „Verrat seiner Versprechen“. Die Türkei und Ungarn sind im CPI gesunken, seit populistische Machthaber das Sagen haben; Argentinien, wo eine populistische Regierung abgewählt wurde, kletterte hingegen nach oben.
Um den Teufelskreis von Populismus und Ungleichheit zu durchbrechen, fordert TI Regierungen auf:
- die Drehtür zwischen Führungspositionen in der Wirtschaft und in der Politik anzuhalten,
- korrupte Amtsträger nicht durch politische Immunität davonkommen zu lassen,
- Banken, Verkäufer von Luxusgütern, Rechtsanwälte und Makler, die an Geldwäsche beteiligt sind, stärker zu kontrollieren und
- geheime Unternehmen, deren wahre Besitzer nicht transparent sind, zu verbieten.
Insgesamt ist der diesjährige CPI besorgniserregend. Es sind mehr Länder im Ranking gesunken als aufgestiegen. „Nicht ein einziges Land kommt einer Topbewertung nahe, wohingegen mehr als 120 Länder auf der Skala von 0 (extrem korrupt) bis 100 (sehr sauber) bei unter 50 gelandet sind“, stellt TI fest. Am meisten rutschte Katar ab. Afghanistan, das jahrelang weit unten rangierte, wies die größte Verbesserung auf.