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Migration von Frauen

Bessere Jobs für Migrantinnen

Migration kann für Frauen eine emanzipierende Erfahrung sein, ist aber auch mit enormen Härten verbunden. Migrantinnen sind seltener erwerbstätig als Migranten oder einheimische Frauen, sie verdienen weniger und sind oft überqualifiziert. Politische Maßnahmen sind nötig, um ihre Chancen zu verbessern.
Aus dem Kongo geflohene Frau in Pretoria, Südafrika. picture-alliance/Caro/Trappe Aus dem Kongo geflohene Frau in Pretoria, Südafrika.

Die Kluft zwischen erwerbstätigen Männern und Frauen ist weltweit groß. Blickt man auf die Erwerbsbeteiligung von Frauen – den Anteil von Frauen ab 15 Jahren, die wirtschaftlich aktiv sind – so zeigt sich: Selbst in Ländern, in denen dieser Wert hoch ist, finden sich meist mehr Männer auf dem Arbeitsmarkt als Frauen. In Deutschland etwa lag die Rate 2022 laut Gender Data Portal der Weltbank bei 56,4 Prozent für Frauen und bei 66,9 Prozent für Männer. Außerdem existieren weiterhin deutliche geschlechtsspezifische Lohngefälle: Frauen verdienen auf der ganzen Welt bei gleicher Qualifikation und Erfahrung weniger als Männer.

Die Forschung zeigt: Nicht nur das Geschlecht entscheidet über Jobs und damit verbundene Vorteile, sondern beispielsweise auch Rasse, Religion, ethnische Zugehörigkeit und sexuelle Orientierung. Solche Faktoren stehen in komplexer Wechselwirkung mit dem Geschlecht und wirken sich auf die Position auf dem Arbeitsmarkt aus. Für Frauen weltweit beeinflusst die Tatsache, migriert zu sein, erheblich ihr Standing auf den Arbeitsmärkten der Aufnahmestaaten.

Die UN definieren Migrant*innen als Menschen, die seit mehr als drei Monaten in einem fremden Land leben. Im Jahr 2020 waren das zu 48 Prozent Frauen, und sie migrieren seit einigen Jahrzehnten zunehmend nicht mehr zur Familienzusammenführung, sondern aus beruflichen Gründen.

Wenn Frauen aus Ländern mit konservativen Geschlechternormen, begrenzten Jobmöglichkeiten und niedrigen Löhnen auswandern, kann ihnen das Zugang zu Beschäftigung bieten und sie unabhängiger machen. Daten zu Jobs und Löhnen von Migrantinnen deuten aber darauf hin, dass sie in den Aufnahmeländern vor großen Herausforderungen stehen und gegenüber zugewanderten Männern und einheimischen Frauen benachteiligt sind.

Gewaltige Hürden

Generell haben Frauen im Vergleich zu Männern eine geringere Wahrscheinlichkeit, beschäftigt zu sein. Aber zwischen Frauen und Männern, die migriert sind, ist diese Kluft besonders groß, berichtet der 6. Migration Observatory Report „Immigrant Integration in Europe“, finanziert von der Fondazione Compagnia di San Paolo. In Europa ist das Geschlechtergefälle bei der Beschäftigung der einheimischen Bevölkerung zwischen 2005 und 2020 von 16 auf 11 Prozentpunkte gesunken. Dagegen liegt es bei Zuwanderern seit einem Jahrzehnt konstant bei etwa 18 Prozentpunkten. Für Frauen mit Migrationsgeschichte gilt, dass sie zu 19 Prozent weniger wahrscheinlich erwerbstätig sind als einheimische Frauen. Bei Männern sind es sieben Prozent.

Migrantinnen verdienen außerdem deutlich weniger als Migranten und einheimische Frauen. In Europa liegen 49 Prozent der Migrantinnen in den drei untersten Einkommensdezilen. Die meisten haben eher einfache Berufe, etwa in der Reinigungsbranche (siehe Kasten).

Einkommensscheren zwischen Männern und Frauen mit Migrationshintergrund existieren auch innerhalb derselben Berufe. Mit individuellen Merkmalen wie Bildung, Fähigkeiten und Erfahrung lässt sich dies nur teilweise erklären. Laut dem Migration Observatory Report gibt es für ein Drittel dieser Differenzen noch keine Erklärung – ein Anzeichen für eine spezifische Benachteiligung von Migrantinnen auf dem Arbeitsmarkt.

Im Ausland geborene Frauen sind zudem häufiger überqualifiziert als Männer, wobei hochqualifizierte Jobs meist Männern vorbehalten sind. Studien der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO – International Labour Organization) legen nahe, dass Männer in Branchen wie dem Ingenieurwesen oder Informations- und Kommunikationstechnologien überrepräsentiert sind.

Es ist nachgewiesen, dass Migration den Karrieren qualifizierter Migrantinnen auch schaden kann – etwa, wenn sie nur in fachfremden Branchen Jobs finden. Zu den Gründen für beruflichen Abstieg zählen:

  • fehlende Anerkennung ausländischer Zeugnisse,
  • fehlende Berufserfahrung im Aufnahmeland,
  • geschlechtsspezifische soziale Verpflichtungen,
  • fehlende soziale Unterstützung und
  • zeitaufwendige Wiedereingliederungsmaßnahmen.


Es werden mehr Daten benötigt

Migration birgt für Frauen Chancen und Gefahren. Durch mehr Verständnis für das Zusammenspiel von Geschlecht und Migration könnten Programme und Maßnahmen ausgearbeitet werden, die Migrantinnen nutzen und ihre Kosten senken. Die Regierungen der Aufnahmeländer könnten einiges dafür tun, dass sich die Arbeitsbedingungen für Migrantinnen verbessern.

Insbesondere gilt es, regelmäßig Daten zu weniger sichtbaren Branchen wie Pflege, Landwirtschaft, Sexarbeit und Unterhaltungsindustrie zu erheben und zu veröffentlichen. Regierungen können auch Berichte über den Status von Migrantinnen in diesen Bereichen in Auftrag geben, um die Relevanz politischer Maßnahmen sicherzustellen. Nicht zuletzt müssen alle Migrant*innen – besonders Frauen – Zugang zu Arbeitsvermittlung und staatlichen Programmen zur Unterstützung erhalten. Es braucht dringend mehr Transparenz und weniger Bürokratie, um optimale Ergebnisse zu erzielen – sowohl für die Migrant*innen wie auch für die Aufnahmeländer, die oft zusätzliche Arbeitskräfte benötigen.

Link
World Bank Gender Data Portal:
https://genderdata.worldbank.org/indicators/sl-tlf-acti-zs/?gender=gender-gap

Purti Sadhwani studiert Wirtschaft an der Universität Bonn und ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften und am Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF) der Universität Bonn.
purtisadhwani92@gmail.com

Sundus Saleemi ist Senior Researcher am Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF) der Universität Bonn.
sundus.saleemi@gmail.com

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