Geflüchtete
Ugandas Politik der offenen Tür
Das ostafrikanische Land mit einer Bevölkerung von knapp 50 Millionen Menschen beherbergt mehr als 1,5 Millionen Geflüchtete, die hauptsächlich aus dem Südsudan und der Demokratischen Republik Kongo stammen.
Anders als in anderen Aufnahmeländern leben die Geflüchteten in Uganda nicht in eingezäunten Lagern. Das Land verfügt über eine gut entwickelte und gut umgesetzte Flüchtlingshilfe, die Eigenständigkeit fördert. Der Außenminister Ugandas Jeje Odongo sagte: „Wir stellen den Geflüchteten Land zur Verfügung, auf dem sie leben und das sie bewirtschaften können; sie können sich frei bewegen, haben Zugang zu sozialen Dienstleistungen wie Bildung, können Unternehmen gründen und Arbeit finden.“ Er betonte, dass Geflüchtete mit Würde behandelt würden.
In der Tat wird den Geflüchteten in Uganda Land, auf dem sie wohnen und Feldfrüchte anbauen können, zugewiesen. In Norduganda haben die lokalen Gemeinschaften großzügig Land für die Ansiedlung von Geflüchteten zur Verfügung gestellt. Die Region ist eher arm und nicht sehr dicht besiedelt. In der wohlhabenderen östlichen Region hat die Regierung eigenes Land zur Verfügung gestellt. Die Geflüchteten bekommen aber nirgends genügend Land für eine kommerzielle Landwirtschaft.
Wirksame Umsetzung progressiver Politik
Mehrere Faktoren haben zu Ugandas progressiver Haltung beigetragen. Gesetze von 2006 und von 2010 haben den Geflüchteten das Recht auf Arbeit sowie Bewegungs- und Versammlungsfreiheit zuerkannt. Dies hat die Lage der Geflüchteten enorm gestärkt, im Sinne der 2016 verabschiedeten New Yorker UN-Erklärung über Flüchtlinge und Migranten, die den Ansatz des „niemanden zurücklassen“ betont. Das Hauptziel ist, die Verantwortung zwischen Aufnahme- und Herkunftsland zu teilen. Das soll den Druck auf Uganda verringern und sicherstellen, dass die Bedingungen im Herkunftsland verbessert werden, damit die Geflüchteten wieder zurückkehren und in Würde leben können.
Eine progressive Flüchtlingspolitik ist nur dann hilfreich, wenn sie wirksam umgesetzt wird. Die ugandische Regierung hat eine Abteilung für Geflüchtete eingerichtet. Sie ist unter anderem für das Comprehensive Refugee Response Framework (CRRF), das die Flüchtlingspolitik festlegt, mit einer 35-köpfigen Steuerungsgruppe zuständig. Die Abteilung plant und implementiert Maßnahmen und koordiniert die verschiedenen Ministerien. Auch der Privatsektor und zivilgesellschaftliche Organisationen werden einbezogen.
Ugandas Ansatz für Geflüchtete ist sowohl nuanciert als auch ganzheitlich. Die Koordinierung zwischen den verschiedenen Akteurinnen und Akteuren verhindert isolierte Maßnahmen. Der aktuelle Nationale Entwicklungsplan der Regierung befasst sich ebenfalls mit Flüchtlingsfragen.
Internationale Unterstützung
Uganda ist ein Land mit niedrigen Einkommen. Seine Aufnahmebereitschaft gegenüber Geflüchteten wird international unterstützt. Die Haltung der offenen Tür hat sich auch als vorteilhaft für Uganda erwiesen. Es erhält sowohl humanitäre Unterstützung als auch öffentliche Entwicklungshilfe (official development assistance – ODA).
In Anbetracht dessen, dass Uganda selbst damit kämpft, die Armut seiner Bürger zu verringern und grundlegende Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen, sind die Mittel der Geber sehr wichtig. Sie kommen häufig sowohl den Geflüchteten als auch den lokalen Gemeinschaften zugute. So führt das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) ein Projekt durch, das den Aufbau einer lokalen Infrastruktur fördert, die allen Bewohnern einer Region zugutekommt. Auch die Weltbank bemüht sich um die Verbesserung der Entwicklungsmöglichkeiten auf lokaler Ebene. Und die EU hat Uganda über einen Zeitraum von vier Jahren 200 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.
Die Aufnahme von Geflüchteten hat aber auch Schattenseiten. Die Umweltschäden haben zugenommen. So ist beispielsweise die Nachfrage nach Brennholz gestiegen und trägt zur Abholzung der Wälder bei.
Die Auswirkungen des Klimawandels beeinträchtigen zudem die Landwirtschaft, und die Lebensmittelpreise steigen weltweit. Regelmäßig kommt es zu Konflikten um Ressourcen. Die Hilfsströme halten nicht mit dem Bedarf Schritt, und die flüchtlingsfreundlichen Programme Ugandas sind tendenziell unterfinanziert. Außerdem wurde das Land in letzter Zeit von Überschwemmungen schwer getroffen.
Nichtsdestotrotz setzt Uganda seine Politik der offenen Tür fort. Damit erweist es der internationalen Gemeinschaft einen Dienst. Menschen, die aus Krisengebieten ins Ausland fliehen, brauchen einen Ort, an dem sie in Würde leben können. Finden sie diesen nicht, verschärft das die globalen Probleme. Deshalb ist eine integrative Politik notwendig, die die besonderen Bedürfnisse von traumatisierten Menschen, die brutale Gewalt erlebt haben, berücksichtigt.
Roselyn Davina Vusia arbeitet für die GIZ in Uganda. Sie ist stellvertretende Leiterin von RISE, einem Projekt, das darauf abzielt, integrative sozioökonomische Chancen für Flüchtlinge und die Gastkommunen zu schaffen.
roselyn.vusia@giz.de