Weibliche Comedians
Warum es weiblichen Comedians in Indien nicht nur um Lacher geht

Anrufer: Hallo. Ist das Mr. Bhattis Haus?
Mr. Bhattis Frau: Hallo, ja, das Haus ist seins. Aber hey, das Land hat mein Vater als Aussteuer für mich gegeben!
Diese Szene stammt aus einer indischen Fernseh-Comedy-Show aus den 1980er-Jahren. Schon damals spielten Frauen kleine, aber wichtige Rollen, die auf subtile Weise tiefgründige soziale Botschaften vermittelten. Heute sind diese Rollen deutlich größer. Besonders Stand-up-Comedy hat zugenommen und es gibt wesentlich mehr Performerinnen – meist junge, englischsprechende Städterinnen.
Feministische Stand-up-Comedy ist mehr als Unterhaltung. Sie funktioniert wie Satire und nimmt gesellschaftliche Werte und Machtstrukturen unter die Lupe. Somit ist sie eine Chronik unserer Zeit, ein sozialer Kommentar der Politik. In einer Welt geprägt von Überwachung und Zensur bietet sie einen Raum, schwierige Themen auf nicht bedrohliche, aber zum Nachdenken anregende Weise anzusprechen.
Comedy neu definieren
Stand-up-Comedy war lange ein männlich dominiertes Genre. Wenn man den Ticketpreisen Glauben schenken darf, haben Namen wie Vir Das mit höheren Gagen, internationalen Auftritten und Firmenkunden offenbar eine viel größere Anziehungskraft. Wie Aditi Mittal, eine der erfolgreicheren Komikerinnen, sarkastisch beobachtet: „Weibliche Stand-up-Comedians sind Diversity-Kandidatinnen. Hallo Vagina, bitte sag etwas, irgendetwas!”
Dennoch hinterfragen weibliche Stand-up-Comedians soziale Normen, entlarven Stereotypen und definieren Humor neu. Ihre Comedy wirft ein Schlaglicht auf Frauenfeindlichkeit im Alltag, die untergeordnete Position von Frauen zu Hause und im Job, unrealistische Schönheitsideale und aktuelle Themen, über die die Gesellschaft oft schweigt.
Stand-up-Comedy für Frauen behandelt zusammenhängende Themen wie das Patriarchat, Gendernormen, Sexualität, Dynamiken am Arbeitsplatz, Körper- und Schönheitsnormen, intergenerationale Konflikte und neuerdings auch Behinderung, Kastendiskriminierung und LGBTQI+-Identitäten.
Das Patriarchat entlarven
„Meine Schwiegereltern lieben mich so sehr, dass sie mich kaum rauslassen. Das zeigt, wie unersetzlich ich für sie bin, und wie traurig sie wären, wenn ich nur für ein paar Stunden ausginge“, sagt Adya Srivastava. Weibliche Comedy legt schwierige Wahrheiten über den Einfluss patriarchaler Normen im Alltag offen. Sie schafft einen Raum, um das sich als Familienwert ausgebende Patriarchat zu entlarven.
Selbstironie hilft auch, soziale Urteile über weibliche Entscheidungen anzusprechen. Shreya Priyam Roy witzelt: „Ich bin eine ethische Goldgräberin. Es gibt einige Dating-Apps, aber LinkedIn ist bei weitem die beste”. Zugleich benennen solche Witze Klischees und erkennen gleichzeitig an, wie tief das Patriarchat verwurzelt ist – auch bei Frauen.
Das gilt auch für Fragen der Sexualität – in Indien ein Tabuthema. Frauen, die offen darüber sprechen, gelten als skandalös. Mit Comedy können sie diese Grenzen durchbrechen. „Dildo ist Vergnügen ohne Patriarchat“, sagt Devanshi Shah. Dieser offene Umgang mit weiblicher Lust hat sowohl Anerkennung als auch Kontroversen hervorgerufen.
Shraddha Jain behandelt Probleme am Arbeitsplatz. „Ich bin ein Firmen-Aschenputtel. Für ein einziges Jahresevent kaufe ich mir von der Gehaltserhöhung, die ich nicht bekomme, ein teures Kleid.“ Das kommt bei Frauen gut an, da es ihren Erfahrungen von Enttäuschungen und Ablehnung entspricht. „Ich bekomme keine Auszeichnungen. Ich bekomme Widmungen. Meine Vorgesetzten widmen ihre Auszeichnungen Nachwuchskräften wie mir und nehmen sie dann mit nach Hause.“ Dieser Humor betont die rein symbolische Wertschätzung, die Frauen in Jobs ohne echte Aufstiegschancen oft erleben.
Stimmen vom Rande der Gesellschaft
Ein positiver Trend ist, dass es inzwischen auch einige wenige weibliche Comedians mit marginalisierten Identitäten gibt, inklusive solcher mit Behinderungen und aus der LGBTQI+-Community.
Die Pointen der sehbehinderten Komikerin und Aktivistin Nidhi Goyal zielen auf Behindertenfeindlichkeit: „Ich bin blind. Aber das ist Liebe auch. Kommt drüber hinweg, Jungs.” Indem sie ihre eigenen Erfahrungen für ihre Comedy nutzt, setzt sie sich für Inklusion in der Unterhaltungsindustrie ein.
Gurleen Kaur erklärte vor Publikum: „Ich bin bisexuell“. In die darauffolgende Stille fragte sie: „Wenn jeder so ruhig auf mein Coming Out reagieren würde, hätte ich es auch meiner Familie sagen können, oder?“ Das Gelächter daraufhin wirkte zumindest wie Akzeptanz.
Auch Diskriminierung von Kasten wird thematisiert. Obwohl nur wenige Frauen oder queere Menschen darüber sprechen, öffnet sich dieser Raum dank neuer Akteur*innen wie der queeren Dalit-Komikerin Ankur Tangade. Trotz ihrer sozialen Relevanz lehnen Veranstalter solche Comedy oft ab, aus Angst, das Publikum zu verprellen.
Hürden jenseits der Bühne
Der Einfluss feministischer Stand-up-Comedians wächst, und doch werden sie oft angefeindet, schlechter bezahlt, und bekommen kaum Chancen in der Mainstream-Branche. So berichten Komikerinnen etwa, dass sie zu von Unternehmen organisierten „Frauenförderungsveranstaltungen“ eingeladen werden, dort aber kostenlos auftreten sollen.
Es gibt auch Spannungen zwischen der Infragestellung von Hierarchien und dem Versuch, „dazuzugehören“ und von einem breiteren Publikum akzeptiert zu werden. Die Ungleichheit in der Branche geht weit über die Bühne hinaus – weniger Auftritte und weniger Mentoring-Chancen führen dazu, dass manche Komikerin sich dem männlichen Humorstil anpasst.
Dank Social Media können weibliche Comedians ihre Meinung aber dennoch über Instagram-Reels, Netflix-Events oder YouTube-Clips kundtun – Plattformen, die besonders für jene zugänglich sind, die mit wirtschaftlichen, kulturellen und logistischen Hürden für Live-Auftritte zu kämpfen haben.
In einer Zeit, in der Indien zu mehr Geschlechter-Repräsentanz drängt, haben sich weibliche Stand-up-Comedians einen Platz als kulturelle Störenfriede geschaffen. Sie zeigen, dass die Erfahrungen von Frauen entscheidend sind, wenn es darum geht, unbequeme Wahrheiten zu benennen und auszuweiten, was als lustig gilt. Bei ihrer Comedy geht es jedoch bei Weitem nicht nur darum, Lacher zu ernten, sondern auch darum, Bewusstsein zu schaffen und zum Nachdenken anzuregen.
Ipsita Sapra ist Associate Professor an der School of Public Policy and Governance am Tata Institute of Social Sciences, Hyderabad.
ipsita.sapra@tiss.edu