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Männliche Verbündete

Warum Männer feministischen Aktivismus unterstützen müssen

Die aktive Beteiligung von Männern als Verbündete bei der Verwirklichung von Gendergerechtigkeit ist entscheidend für nachhaltige und dauerhafte Veränderungen. Männer haben geradezu die Verantwortung, zur Überwindung der tief verwurzelten Diskriminierung beizutragen, die einer echten Gleichstellung im Weg steht. Wir müssen jedoch genau verstehen, was es bedeutet, ein männlicher Verbündeter zu sein, warum Männer die feministische Sache unbedingt unterstützen sollten, und wie sie dies am besten tun können.
Aussagen wie „Der Vergewaltiger bist du“ erinnern Männer an ihre Verantwortung für das Unrecht, das Frauen weltweit widerfährt. picture-alliance/Sipa USA/SOPA Images Aussagen wie „Der Vergewaltiger bist du“ erinnern Männer an ihre Verantwortung für das Unrecht, das Frauen weltweit widerfährt.

Der Weg zur Geschlechtergleichheit ist in Kenia wie auch andernorts lang, mühsam und voller Rückschläge. Und hier wie auch andernorts kämpfen Frauen an vorderster Front gegen alle Arten von Ungerechtigkeit. Zugleich gibt es nicht nur in Kenia immer mehr Femizide und geschlechtsspezifische Gewalt.

Dass Männer die feministische Sache unterstützen, ist nicht nur wichtig, sondern ihre inhärente Verantwortung. Das Patriarchat wurde von Männern geschaffen und wird von ihnen aufrechterhalten. Durch die Überwindung dieses unterdrückenden Systems können sich nicht nur Frauen, sondern auch Männer von seinen Zwängen befreien. Daher ist es nicht nur ein moralisches Gebot, Geschlechtergleichheit zu fördern, sondern liegt auch in unserem eigenen Interesse als Menschen, die in einer fairen und gerechten Gesellschaft leben wollen.

Eines sollte klar sein: Frauen sind keine Damen in Not, die gerettet werden müssen. Deshalb ist ein männlicher Verbündeter auch nicht der lang ersehnte Ritter, der das Joch des Patriarchats bricht und die feministische Bewegung in Gang bringt.

Vielmehr ist ein männlicher Verbündeter ein Mann, dem klar ist, dass Frauen von Männern unterdrückt werden. Er hat die systemischen patriarchalischen Strukturen, die Frauen benachteiligen, verstanden und sich bewusst dafür entschieden, aktiv dagegen anzugehen. Ein männlicher Komplize zu sein bedeutet, sich männliche Privilegien bewusst zu machen und die systemischen Hindernisse zu verstehen, mit denen Frauen konfrontiert sind, und sich für den Abbau dieser Strukturen einzusetzen. Männliche Verbündete sind Unterstützer feministischer Anliegen und zugleich Akteure des Wandels. Sie nutzen ihre privilegierte Position, um die Stimmen der Frauen zu stärken.

Nicht mehr nur zuschauen 

Tief verwurzelte patriarchalische Traditionen mögen keine Veränderung – passives Zuschauen reicht also nicht mehr. Männer können toxische Stereotypen von Männlichkeit hinterfragen. Patriarchalische Gesellschaften schenken dem, was Männer sagen und tun, mehr Aufmerksamkeit. Diese Gesellschaften werten Frauen ab und Männer auf. Daher sollten männliche Verbündete bewusst eine Vorreiterrolle bei der Überwindung traditioneller Vorstellungen von Dominanz und Aggression, die Männern zugeschrieben werden, übernehmen. 

Patriarchale Strukturen verschaffen Männern Vorteile. Das können männliche Verbündete nutzen, um Frauen hörbar zu machen und ein inklusiveres und respektvolleres Umfeld für alle Geschlechter zu schaffen. Sie können ihre Plattformen und ihren Einfluss nutzen, um die Stimmen der Frauen zu verstärken, für die es besonders schwierig ist, gehört zu werden. Sie können bewusst und respektvoll Meinungen von Frauen in den sozialen Medien teilen, sich für die Rechte von Frauen am Arbeitsplatz einsetzen und aufmerksam zuhören, wenn Frauen ihre Erfahrungen schildern. Auf diese Weise können männliche Verbündete gleichzeitig dazu beitragen, dass weibliche Perspektiven geschätzt und bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden.

Männliche Verbündete sind auch zentral bei der Abschaffung sexistischer Sprache und sexistischen Verhaltens. Sie können abfällige Witze oder Kommentare abschmettern, falsche Vorstellungen von Geschlechterrollen korrigieren und sich für Gleichbehandlung im Berufs- und Privatleben einsetzen. Es ist wichtig, Sexismus entgegenzutreten, um eine Kultur der Verantwortung und des Respekts zu schaffen – offline ebenso wie online. Das Anzeigen übergriffiger Handlungen gehört ebenfalls dazu.

Männliche Verbündete sollten auch aktiv feministische oder weiblich geführte Initiativen unterstützen, an Kundgebungen teilnehmen und an Frauenorganisationen spenden, und so die Wirkung feministischer Bemühungen mit Zeit, Geld und Ressourcen verstärken.

Auch Frauen in Führungspositionen brauchen Unterstützung. Männer sollten sich in allen Lebensbereichen, vom Arbeitsplatz bis in die Politik, für integrative Führung einsetzen. Das bedeutet, einen gleichberechtigten Raum zu schaffen, in dem sich alle Geschlechter ihren Fähigkeiten gemäß entwickeln können.

Verbünden sollten sich Männer auch im familiären Bereich. Dabei geht es um die Aufteilung der Aufgaben im Haushalt und bei der Kinderbetreuung, eine weitere wichtige Möglichkeit für Männer, sich aktiv für die Gleichstellung einzusetzen. So entlasten sie die Frauen und zeigen ihr Engagement für ein ausgewogeneres und gerechteres Familienleben.

Die männliche Sozialisation verlernen 

Um all dies bewusst, verständnisvoll und effektiv zu tun und nicht nur symbolisch zu handeln, müssen wir als Männer allerdings Vorarbeit leisten. 

  • Zuallererst müssen wir unsere Sozialisierung als Männer hinterfragen. In patriarchalischen Gesellschaften werden Männer nämlich kollektiv so sozialisiert, dass sie Frauen weniger Wertschätzung entgegenbringen. Frauen gelten manchen als Menschen zweiter Klasse und den Männern untergeordnet. Folglich werden sie erniedrigt und zu Objekten gemacht. Für einen männlichen Verbündeten ist es zentral, dieses verdrehte Frauenbild bewusst zu verlernen und zu verstehen, wie das Patriarchat funktioniert, was es aufrechterhält, und wie es am besten bekämpft werden kann. 
  • Zweitens sollten männliche Verbündete sich damit befassen, mit welchen vielfältigen Problemen Frauen seit Langem kämpfen. Das schließt das Konzept der „Intersektionalität“ mit ein, das sich auf die Verflechtung sozialer Kategorisierungen bezieht, wie etwa ethnische Zugehörigkeit, Klasse und Geschlecht. Dadurch entstehen sich überlappende und voneinander abhängige Systeme der Diskriminierung und Benachteiligung. Ich empfehle hier Bell Hooks bahnbrechendes Werk „Feminist Theory: From Margin To Center“. Es zeichnet eine überzeugende Vision für einen Vorstoß hin zu Gendergleichheit und betont, dass Männer unbedingt in die feministische Bewegung einzubeziehen sind. Hooks argumentiert, dass der Feminismus nur dann eine mächtige, massenwirksame politische Kraft werden und echten sozialen Wandel herbeiführen kann, wenn er Vielfalt nutzt.
  • Drittens: Männer sollten in feministischen Umgebungen aktiv und aufmerksam zuhören, ohne die Frauen zu unterbrechen oder ihre Ansichten abzutun. Sie sollten auch der Versuchung widerstehen, zu glauben, dass sie das Problem lösen könnten. 
  • Das bedeutet viertens, dass Männer Frauen ernst nehmen müssen. Wenn Frauen von Belästigung, Diskriminierung oder Gewalt berichten, sollten männliche Verbündete entsprechend ernsthaft damit umgehen. Das braucht es, um die Kultur der Ungläubigkeit zu überwinden, die Frauen oft zum Schweigen bringt.

Schließlich ist es wichtig, festzuhalten, dass der Feminismus männliche Verbündete nicht für irgendwelche vermeintlich spezifisch männlichen Eigenschaften braucht. Vielmehr darf er sich der Realität nicht verschließen: In vielen Gesellschaften ist das Patriarchat ungebrochen stark und dominant, und immer noch hören viele Männer ausschließlich auf andere Männer. Das muss der Feminismus nutzen, und strategisch – über männliche Verbündete – an diejenigen appellieren, die Veränderung ablehnen. Daher ist es unglaublich wichtig, was genau diese Männer sagen, und dass sie sich gemeinsam mit den Frauen Gehör verschaffen, um die schädlichen patriarchalischen Strukturen für immer aufzubrechen.

Stephen Mutie arbeitet als Forscher für Cultural and Gender Studies an der Fakultät für Literatur, Linguistik und Fremdsprachen der Kenyatta Universität in Nairobi.
mutie.stephen@ku.ac.ke