Unsere Sicht
Nachhaltige Entwicklung ist grundsätzlich feministisch
Globale Entwicklung ist ein komplexes, vielschichtiges Phänomen. Im Wesentlichen geht es dabei um das Wohlergehen aller Menschen. Mehr als die Hälfte dieser Menschen sind Frauen. Im Vergleich zu Männern sind Frauen jedoch vielerorts noch immer strukturell benachteiligt.
Freiheit ist entscheidend – und sie hängt von Befähigung ab. Jedes kleine Mädchen auf der ganzen Welt sollte eine Vielzahl an Vorbildern haben, die es ihm ermöglichen, von seiner Zukunft zu träumen. Jedes Mädchen im Teenageralter muss seinen Körper verstehen, seine reproduktiven Rechte kennen und vor Missbrauch geschützt sein. Jede junge Frau muss Karrierechancen haben. Sie muss auch das Recht haben, zu entscheiden, ob sie heiraten will, mit wem sie zusammen sein und ob sie diese Beziehung im Zweifelsfall beenden will.
Gleichzeitig brauchen Frauen gleichberechtigtes Mitspracherecht in öffentlichen Angelegenheiten. Sie müssen sowohl in Regierungen als auch in allen relevanten Behörden und Gerichten vertreten sein. Viel zu oft werden sie bei Friedensgesprächen übergangen, und ein Scheitern ist wahrscheinlicher, wenn dies geschieht. Sie sind zwar nur sehr selten Täter, werden aber allzu oft zu Opfern – und das nicht nur im Krieg, sondern auch in ihrem privaten Umfeld. Wie wir in einem früheren Schwerpunktthema ausgeführt haben, sind weibliche Personen in allen Bildungssystemen noch immer häufig benachteiligt.
Familienplanung ist Empowerment
Die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau kann viel über den Status der Frauen – und ihrer Familien – in Bezug auf Einkommen, Gesundheit und Bildung aussagen. Alle drei Aspekte sind entscheidende Indikatoren für den Entwicklungsstand eines Landes. Wenn Eltern befürchten, dass ihre Kinder aufgrund von Armut und Gesundheitsrisiken nicht überleben werden, werden sie mehr Kinder bekommen. Denn wo der Staat nicht für soziale Sicherheit sorgt, werden sie es sein, die im Alter für die Eltern sorgen müssen. Die Verwendung von Verhütungsmitteln setzt außerdem sowohl Wissen als auch Verfügbarkeit voraus, wobei Letztere wiederum die Qualität der Gesundheitsinfrastruktur widerspiegelt.
Darüber hinaus benötigen Frauen ein Mindestmaß an formaler Bildung, um zu verstehen, wie Familienplanung funktioniert, und um das Selbstvertrauen zu erlangen, ihre Zukunft frei zu gestalten. Das ist offensichtlich schwieriger, wenn sie keine Beschäftigungsmöglichkeiten haben. Wenn Frauen in der Lage sind, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen, bekommen sie tendenziell weniger Kinder. Dies ist eher in Ländern mit hohen Einkommen der Fall, wo Frauen bessere Möglichkeiten haben, ihr Leben zu planen.
Aus den oben genannten Gründen muss jede vernünftige Entwicklungsstrategie die Rechte der Frauen fördern. Entwicklungspolitisches Handeln ist grundsätzlich feministisch. Darüber hinaus muss klar sein, dass die Umsetzung einer feministischen Entwicklungspolitik eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Männer sind besonders gefordert. Die gesellschaftlichen Strukturen und Institutionen haben sie immer begünstigt. Männer sind für die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern verantwortlich und haben deshalb auch eine besondere Verantwortung, sie abzubauen.
Nicht umsonst ist die Gleichstellung der Geschlechter Teil der nachhaltigen Entwicklungsziele der UN (Sustainable Development Goals: SDG5). Die Verwirklichung aller anderen SDGs hängt von ihr ab.
Katharina Wilhelm Otieno ist Redakteurin von E+Z/D+C.
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