Homophobie
„Ich habe keinen Platz in der Gesellschaft“
Schätzungsweise zehn Prozent von Simbabwes Bevölkerung sind schwul oder lesbisch. Allerdings wagen es nur wenige, ihre sexuelle Orientierung preiszugeben. Homosexualität wird von der Gesellschaft verachtet; sie ist ein Tabu und wird als psychische Krankheit fehlinterpretiert (siehe Kasten). Generell herrscht eine negative Haltung gegenüber LGBTI-Menschen (lesbisch, schwul, bisexuell, transsexuell, intersexuell).
„Sie sagen, ich sei der Grund, warum die biblischen Städte Sodom und Gomorra zerstört wurden“, erzählt ein älterer homosexueller Mann. „Sie nennen mich eine Abscheulichkeit, die von der christlichen Religion nicht akzeptiert wird.“ Ein anderer Mann berichtet, dass er auf der Arbeit gemobbt wurde. „Sie haben mich gefeuert. Ich habe kein Einkommen mehr.“ Viele LGBTI-Menschen in Simbabwe leiden unter niedrigem Selbstwertgefühl; sie sind isoliert und oft deprimiert. „Ich habe keinen Platz in der Gesellschaft“, sagt eine junge Lesbe aus Harare. „Wo soll ich nur hin?“
Die meisten LGBTI-Personen geben dem Druck der Eltern und Familie nach und gehen heterosexuelle Ehen ein. Sie sind gezwungen, ein Leben in Täuschung und Lüge zu führen, was emotional erschöpft und zu extremer psychischer Qual führt.
Simbabwe ist weltweit eines der Länder, das schwule, lesbische und transgender Menschen am wenigsten akzeptiert. 2006 wurde das Strafgesetzbuch des Landes um eine Strafe für Sodomie erweitert, so dass nun Handlungen inbegriffen sind, die „von einer normalen Person als unanständig betrachtet werden“. Dazu kann beispielsweise gehören, dass zwei Männer Hände halten oder sich umarmen, und dies kann zu einer langen Haftstrafe führen.
Das geltende Strafrecht von Simbabwe erklärt bestimmte sexuelle Handlungen als illegal, bezeichnet aber den LGBTI-Status nicht per se als kriminell. Die meisten Menschen glauben jedoch, Homosexualität sei ein Verbrechen. Medien verstärken diese Haltung. Homophobe Äußerungen von Regierungsmitgliedern tragen zu einem äußerst diskriminierenden sozio-politischen Umfeld bei.
Simbabwe ist keine Ausnahme. Homosexualität ist in 35 afrikanischen Ländern illegal und wird laut Amnesty International in zwei Ländern mit der Todesstrafe geahndet, in Mauretanien und dem Sudan, ebenso wie in einigen Regionen von Somalia und Nigeria.
Stigma und Tabu
Homosexuelle Personen sind Gewalt und Marginalisierung ausgesetzt. Aggressionen ihnen gegenüber reichen von Beschimpfungen und Mobbing bis zu sozialer Diskriminierung, physischer Gewalt und psychischer Folter.
Laut einer Umfrage der Nichtregierungsorganisation GALZ („Gays and Lesbians of Zimbabwe“) von 2018 sind 50 Prozent der schwulen Männer in Simbabwe physisch angegriffen worden. 64 Prozent wurden von ihren Familien verstoßen, ebenso wie 27 Prozent aller Lesben. Sie werden oft beschuldigt, „Scham und Schande“ über ihre Familien zu bringen.
Manche Familien in ländlichen Gebieten nehmen an, dass ihr schwuler Sohn oder lesbische Tochter vom Teufel oder Dämonen besessen sei. Traditionelle Führer werfen sie aus dem Dorf. Ein junger Mann aus dem westlichen Simbabwe, der lieber anonym bleiben will, erzählt, dass die Menschen in seinem Dorf glauben, dass „Homosexualität schon vom bloßen Händeschütteln übertragen“ würde. Der Ältestenrat entschied, dass er nicht mehr in der Gemeinde bleiben dürfe.
Aber selbst wenn sie in Städte ziehen, sind LGBTI-Menschen nicht vor Diskriminierung sicher. So verlieren sie oft ihre Arbeit, wenn ihre sexuelle Orientierung entdeckt wird.
Ein anderes häufiges Problem ist die schlechte Behandlung durch Gesundheitspersonal. „Im Krankenhaus haben sie Angst, mich zu berühren“, berichtet ein homosexueller Mann. „Manche predigen mir sogar aus der Bibel.“ Infolgedessen vermeiden LGBTI-Menschen sogar bei grundlegenden physischen Problemen, zum Arzt zu gehen.
In Simbabwe und anderen afrikanischen Ländern wird oft behauptet, dass Homosexualität „un-afrikanisch“ und eine abseitige westliche Ideologie sei. Der frühere Präsident Robert Mugabe nannte Schwule 2013 öffentlich „schlimmer als Hunde und Schweine“ und drohte ihnen, „den Kopf abzuschneiden“. In diesem Kontext reagieren viele Gesetzeshüter nicht adäquat, wenn die Menschenrechte von sexuellen Minderheiten verletzt werden. Sie konzentrieren sich eher auf die sexuelle Orientierung des Opfers als auf das Verbrechen.
Weil sie mit einem Stigma leben müssen, haben Menschen der LGBTI-Community ein höheres Risiko für psychische Leiden. Die Probleme reichen von Angststörungen und Depression zu Suchtverhalten und riskantem Sexualverhalten. Infolgedessen gibt es erhöhte Raten von Selbstmordversuchen und Selbstmorden unter homosexuellen Männern. Zivilgesellschaftlicher Aktivismus kann die Lage jedoch verbessern.
Beratung zu Schwulenrechten
„Gays and Lesbians of Zimbabwe“ (GALZ) ist ein Verband, der 1990 für LGBTI-Menschen in Simbabwe gegründet wurde. GALZ bietet Beratung an und setzt sich für Menschenrechte ein. 32 Mitarbeiter kämpfen für Toleranz für sexuelle Minderheiten und die Aufhebung homophober Gesetze. Ihr Ziel ist es, sozioökonomisch, rechtlich und auch psychisch Gerechtigkeit für LGBTI-Menschen in Simbabwe zu schaffen.
Im September 2018 wurden drei GALZ-Beratungszentren in den Städten Harare, Mutare und Masvingo eröffnet, die vom Global Fund finanziert werden. Viele Betroffene kommen mit Symptomen von Depression, suizidalen Tendenzen, Paranoia, Angststörungen und ähnlichen Problemen. Es findet eine psychiatrische Begutachtung statt. Soweit möglich, werden die Leute im Zentrum beraten. Therapiestunden sind einzeln, in Paaren oder für Familien möglich. In schweren Fällen werden die Patienten an Spezialisten überwiesen. Es werden Workshops über psychische Gesundheit von sexuellen Minderheiten angeboten. GALZ-Personal macht auch Hausbesuche, um die Entwicklung der LGBTI-Klienten zu verfolgen.
Viele Menschen wandern auch in benachbarte Länder aus, die offener und toleranter sind, wie etwa Südafrika, Botswana oder Namibia. Aber viele müssen sich dort mit Sexarbeit über Wasser halten.
Neue Strategien für den Gesundheitssektor sind notwendig, um das Stigma zu reduzieren und diesen Gruppen verbesserten Zugang zur Gesundheitsversorgung zu garantieren, mit Fokus auf ihre psychische Gesundheit. Simbabwe muss LGBTI-Personen vor Diskriminierung schützen, entsprechend den Yogyakarta-Prinzipien. Das ist ein Regelwerk zu internationalen Menschenrechtsnormen bezüglich sexueller Orientierung und Genderidentität.
Links
Gays and Lesbians of Zimbabwe (GALZ):
https://galz.org/
Yogyakarta-Prinzipien:
http://www.hirschfeld-eddy-stiftung.de/fileadmin/images/schriftenreihe/yogyakarta-principles_de.pdf
http://yogyakartaprinciples.org/principles-en/about-the-yogyakarta-principles/
Grace Badza ist Psychologin und Therapeutin bei „Gays and Lesbians of Zimbabwe“ (GALZ). Sie lebt in Harare, Simbabwe.
grace.badza@galz.co