Militär

Männliche Gewaltkultur unterminiert Gesellschaften

Die Gewaltbereitschaft von Männern nach Kriegen bereitet bei Friedensmissionen und im Wiederaufbau oft große Probleme. Umso wichtiger sind innovative Ansätze, die gewaltgeprägte Männlichkeitsvorstellungen ändern.

Nach einem offiziellen Friedensschluss nutzen zahlreiche demobilisierte Soldaten und Milizionäre in der ­Regel weiterhin Gewalt. Opfer sind keineswegs nur Frauen und Mädchen. Mit Übergriffen auf andere Männer und mit Raubüberfällen destabilisieren Täter die Sicherheit der ganzen Gesellschaft. Nicht selten geraten sogar Blauhelmsoldaten oder Mitarbeiter internationaler Organisationen ins Visier.

Zwar haben die UN-Resolutionen 1325 und 1820 zu Frauen, Frieden und Sicherheit in den vergangenen Jahren dazu beigetragen, sexualisierte Gewalt als Kriegsverbrechen und als Bedrohung für die internationale Sicherheit geltend zu machen. Allerdings sind die meisten Projekte noch reaktiv und konzentrieren sich auf weibliche Opfer.

Umso wichtiger ist es, Männer zu einer grundlegend anderen Einstellung und zu einem anderem Verhalten zu bewegen. Dies wurde in einem Fachgespräch deutlich, zu dem das Gunda-Werner-Institut der Heinrich-Böll-Stiftung Mitte Mai in Berlin eingeladen hatte.

Welche Hypothek auf Nachkriegs­gesellschaften lastet, zeigte Monika Hauser, Gründerin von medica mondiale, am Beispiel Ex-Jugoslawien. Obwohl Vergewaltigungen als Kriegsstrategie eingesetzt worden waren, blieben strafrechtliche Maßnahmen gegen die Täter nach dem Krieg schwierig. Zwangsprostitution sowie ein florierender Frauen- und Mädchenhandel erschwerten den Aufbau ­gewaltfreier Nachkriegsgesellschaften.

Monika Hauser prangerte an, dass im ehemaligen Jugoslawien sich damals sowohl Soldaten wie zivile Fachkräfte als als Freier betätigten. Deren Vorgesetzte wollten damals nicht wahrhaben, in welche kriminellen Strukturen sich ihre Unter­gebenen verstrickt hatten, schilderte die Gründerin von medica mondiale.

Für lokale demobilisierte Soldaten und Männer, die ihre Waffen abgeben müssen, ist das sexuelle Machtgebaren internationaler Streitkräfte oder ziviler Helfer oft unerträglich. Wie dringlich das Problem trotz „Nulltoleranz“ der UN ist, belegen etliche Fälle, bei denen Blauhelmsoldaten Frauen und Mädchen missbrauchen. Bei nationalen Sicherheits­sektorreformen müssen die Vertreter staatlicher Institutionen militarisierte Männlichkeit vor Ort aufarbeiten. Dabei können auch Nichtregierungsorganisa­tionen helfen.

Fortbildung für Polizeibeamte

Chris Dolan vom Refugee Law Project in Kampala schilderte, wie Fortbildungen von Polizisten dazu beitragen können, deren Umgang mit Hilfesuchenden zu verbessern. Die Programme versuchen, an das Berufsethos der Beamten anzuknüpfen, und nehmen deren Sorgen im Alltag ernst. Mitarbeiter in Flüchtlingslagern sind eine weitere Zielgruppe. Gezielte Beratung lässt sie erkennen, wie das Lagerleben viele Männer demütigt, die zuvor Kämpfer waren und selbst Gewalt erlitten. Patrick Godana, Mitarbeiter des Sonke Gender Justice Network in Kapstadt, veranschaulicht, wie gewaltbereite Männer sich ändern können: Etliche Sonke-Mitarbeiter nahmen aktiv am Kampf gegen die Apartheid teil und wollen die extrem häufigen Morde, Vergewaltigungen und HIV/AIDS-Fälle im heutigen Südafrika nicht einfach hinnehmen. Sie richten sich deshalb an Schüler, Lehrer und Politiker.

Jeder Mann könne lernen, Verantwortung für sich und sein soziales Umfeld zu übernehmen, so Godana. Eigene Erfahrungen mit Gewalt und Diskriminierung schaffen eine Basis für Gespräche. In Peer-­Gruppen werden junge Männer zum couragierten Eintreten gegen Gewalt motiviert. Damit der Umgang zwischen den Geschlechtern in Südafrika anders wird, müssen Nichtregierungsorganisationen aber immer wieder politisch einfordern, dass an sich vorbildliche Rechtsreformen auch umgesetzt werden.

Rita Schäfer

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