Öffentliche Angelegenheiten
Entwicklung wird gebremst, wo Korruption das Gemeinwohl untergräbt
Bestechung ist immer unfair. Sie verschafft manchen Vorteile, die anderen verwehrt bleiben – sei es durch Schmiergeld für offizielle Dokumente oder die Genehmigung einer sonst illegalen Baumaßnahme. Im schlimmsten Fall beendet Korruption das Vertrauen in den Staat. So werden öffentliche Strukturen immer instabiler und ineffektiver – und autoritäre Führung erscheint zunehmend attraktiv. Korruption auf hoher Ebene befördert dabei auch die Korruption im Kleinen.
Zu leiden haben dann immer lokale Gemeinschaften. Wer nicht zahlen kann oder will, bleibt von öffentlichen Dienstleistungen ausgeschlossen. Korrupte Staatsbedienstete entscheiden, wer Gesundheitsversorgung, Bildung, Arbeitsmöglichkeiten, sauberes Wasser oder Strom bekommt. Und weil viele, statt sich für guten Service für alle, lieber um neue Schmiergeldmöglichkeiten kümmern, leidet die Politik insgesamt.
Diese Zusammenhänge sind bekannt. Transparency International beobachtet und bekämpft Korruption seit der Gründung 1993. Begriffe wie „Rechenschaftspflicht“ und „gute Regierungsführung“ wurden zu wichtigen Themen. Um die Jahrtausendwende stand der Kampf gegen Korruption hoch auf der internationalen Agenda.
Mut und Zusammenhalt
Menschen wehren sich so gut sie können gegen Korruption. In einer afrikanischen Großstadt nutzte ein Mitarbeiter eines Stromversorgungsunternehmens seine Position aus, indem er Strom abklemmte und betroffenen Haushalten gegen eine Extragebühr den Wiederanschluss anbot. Als eine Gruppe von Frauen seinen Trick durchschaute, versammelten sie sich unter dem Strommast, den er hochgeklettert war, und ließen ihn erst wieder herunter, nachdem er versprach, das nie wieder zu tun.
So zu handeln, erfordert Mut und Zusammenhalt. Gegen korruptes Beamtentum vorzugehen, ist nicht leicht. Nur wo Rechtssicherheit besteht, trauen sich Menschen, gemeinsam gegen Unrecht vorzugehen und überhaupt ihre Meinung zu äußern. Gerade in Ländern mit korrupten öffentlichen Strukturen inklusive Justiz werden Menschenrechte oft missachtet – selbst wenn die Verfassung formell Meinungs- und Versammlungsfreiheit garantiert.
Schöne Worte reichen nicht aus
Geberregierungen betonen seit rund 30 Jahren den Kampf gegen Korruption. Allzu oft entpuppt sich das als hohl. In Afghanistan verschwanden Milliarden von Dollar wegen Korruption, was jede westliche Regierung wusste. Oft akzeptieren Geberinstitutionen weit verbreitete Korruption oder schauen weg, besonders in ressourcenreichen afrikanischen Konfliktländern. Unter dem Deckmantel des „politischen Dialogs“ fließt dann Geld für Entwicklungsprojekte, nicht selten auch an das Militär. Derweil leiden in denselben Ländern Massen unter tief verwurzelter Ungleichheit und schlechten öffentlichen Diensten. Ob auf niedriger oder hoher Ebene – Korruption verhindert Fortschritt.
Geberinstitutionen sollten im Sinne einer öffentlichen Rechenschaftspflicht zivilgesellschaftliche Gruppen statt korruptionsanfällige Regierungen unterstützen. Leider erleben wir aber selbst in vermeintlich fortgeschrittenen Ländern oft Rückschritte.
In den USA hat der Oberste Gerichtshof kürzlich entschieden: Um Bestechung handelt sich es sich nur, wenn Amtstragende vor einer Entscheidung Geld erhalten. Spätere Zahlungen seien dagegen Dankesgesten. Es ist sicherlich kein Zufall, dass zwei der Richter teure Urlaube und andere Gefälligkeiten von superreichen Personen angenommen haben, die von ihren Entscheidungen profitierten.
So etwas sendet ein fatales Zeichen im Kampf gegen Korruption. Es zerstört den sozialen Zusammenhalt – und zwar nicht nur in Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen. Wenn Staatsbedienstete anfangen, auf nachträgliche Dankesgesten zu schielen, wachsen die Probleme.
Glenn Brigaldino ist Sozialwissenschaftler und hat für verschiedene Entwicklungsorganisationen gearbeitet. Er lebt in Ottawa.
brigaldino.5542@rogers.com