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Internationale Zusammenarbeit

Was in Afghanistan schief lief

Afghanistan ist laut Entwicklungsökonom Stefan Dercon ein Beispiel dafür, wie Geberregierungen schwierige Situationen manchmal weiter verschärfen.
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Die von den USA angeführte Intervention dauerte zwei Jahrzehnte, aber aus Sicht von Dercon kam die afghanische Wirtschaft nie auf einen nachhaltigen Weg. Sie sei völlig von ausländischem Geld abhängig geblieben.

Im Jahr 2018 beispielsweise hätten allein die USA mindestens 45 Milliarden Dollar für Afghanistan ausgegeben – den Großteil davon für Militär und Sicherheitspolitik. Diese Summe habe die Kosten des US-Militäreinsatzes eingeschlossen und sei doppelt so hoch wie das Bruttosozialprodukt Afghanistans gewesen.

Dagegen habe sich die direkte US-Hilfe für Afghanistan 2011 nur auf 5,4 Milliarden Dollar belaufen, von denen wiederum zwei Drittel militärischen und sicherheitspolitischen Zwecken gedient hätten. Andere Geberländer, welche die USA in Afghanistan unterstützten, hätten ihrerseits viel Geld für eigene Truppen sowie für die afghanischen Sicherheitskräfte aufgewendet. Allerdings seien diese Zahlen nach 2011 rückläufig gewesen, als die Sicherheitslage schwieriger wurde.

Afghanistan habe nie einen voll funktionsfähigen Staat gehabt. Folglich hätten internationale Akteure Parallelstrukturen aufbauen müssen.

Das Ergebnis sei eine von ausländischen Finanzmitteln abhängige Wirtschaft gewesen. Neue afghanische Firmen hätten für internationale Truppen und Organisationen gearbeitet. So seien Sicherheitsdienstleistungen und Baumaßnahmen für ausländische Partner Wachstumsbranchen geworden. Als die US-Truppen und ihre Verbündeten im Sommer 2021 abzogen, sei das gesamte System zusammengebrochen.

Die einzige Exportbranche Afghanistans sei illegal gewesen. Die Bedeutung der Opiumeinnahmen sei aber im Vergleich zu dem Mittelfluss ausländischer Geber verblasst. Das größere Problem sei gewesen, dass die Entwicklung anderer, von internationalen Akteuren unabhängigen Sektoren fehlgeschlagen sei.

Der Oxford-Professor räumt ein, es habe zwischen 2001 und 2021 einigen Fortschritt gegeben – etwa bei Frauenrechten und Grundschulbildung. Dercon erkennt auch an, dass die militärische Intervention angesichts des islamistischen Terrorismus durchaus berechtigt war. Er beanstandet aber, dass es den Geberstaaten nicht gelungen sei, dort die Herzen und Köpfe der Menschen zu gewinnen, wo Gewaltkonflikte weiter tobten. Auf afghanische Eigenverantwortung („ownership“) sei zu wenig geachtet worden.

Dercon merkt zudem an, das Land sei ethnisch gespalten und habe nie eine nationale Identität entwickelt, die alle Volksgruppen gleichermaßen einschließe. Folglich könne es auch keinen nationalen Konsens der Eliten des Landes geben, der wirtschaftliche Entwicklung in den Mittelpunkt stelle. Ohne solch einen Kompromiss sei jedoch in keinem Land nachhaltiger Fortschritt zu erwarten. 

Hans Dembowski ist Chefredakteur von E+Z/D+C.
euz.editor@dandc.eu