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Altkleider

Handel mit Altkleidern: Nutzen überwiegt

Der Export von Secondhandkleidung aus westlichen Industrieländern nach Afrika steht in der Kritik. Er mache die dortige Wirtschaft kaputt, heißt es. Die Realität ist aber komplizierter.
Verkäufer von Secondhandkleidung in Nairobi, Kenia. picture alliance/dpa / Gioia Forster Verkäufer von Secondhandkleidung in Nairobi, Kenia.

Gebrauchte Textilien sind seit Langem ein weltweiter Handelsartikel. Die Menge ausrangierter Kleidung in den Industrieländern wächst, und auch die Nachfrage nach Secondhandtextilien steigt, insbesondere in Ländern des globalen Südens. Es sind in erster Linie Menschen mit geringen Einkommen, die Secondhandkleidung kaufen. Aber auch modebewusste Käuferinnen und Käufer schätzen die Auswahl und Qualität auf dem Secondhandmarkt.

Dass Benachteiligte von Secondhandkleidung profitieren, zeigte auch ein vor mehreren Jahren von FairWertung durchgeführtes Dialogprogramm in mehreren afrikanischen Ländern mit Schwerpunkten in Tansania und Kamerun. Der Dachverband FairWertung ist der bundesweite Zusammenschluss gemeinnütziger Organisationen, die gebrauchte Textilien sammeln. Bei Interviews im Rahmen des Programms kam auf die Frage nach der Beurteilung von Secondhandkleidung immer wieder die Antwort, diese sei „gut für die Armen  “.

Daneben gibt es insbesondere jüngere Käuferinnen und Käufer, die Abwechslung in ihre Garderobe bringen möchten, ohne Neues zu kaufen. Auch Modeaspekte und Marken spielen bei der Konsumentscheidung eine immer größere Rolle.

Einer der größten Kritikpunkte im Zusammenhang mit dem Export gebrauchter Kleidung aus Industrieländern in afrikanische Länder ist, dass dies der dortigen Textilwirtschaft schade. Allerdings ist die Annahme falsch, es habe vor der kommerziellen Einfuhr von Gebrauchtkleidung in den meis­ten afrikanischen Ländern eine einheimische Bekleidungsindustrie und ein preisgünstiges, flächendeckendes Angebot an Textilien existiert.

Historischer Umbruch

Zwar gab es bis Anfang der 1980er-Jahre dank staatlicher Subventionen zumindest in einigen Ländern Afrikas Bekleidung aus einheimischer Produktion. Manche Regierungen förderten die gesamte textile Produktionskette und schotteten zugleich die Binnenmärkte gegen alle Importe ab. Mitte der 1980er allerdings kam der Umbruch: Im Zuge von Umschuldungsprogrammen unter Federführung des Internationalen Währungsfonds mussten viele Staaten sämtliche Subventionen streichen und Importbeschränkungen aufgeben. Die einheimischen Betriebe waren damit der Konkurrenz des Weltmarktes ausgesetzt. Gleichzeitig erschwerten unsichere Rahmenbedingungen, zum Beispiel fehlende Ersatzteile und häufige Stromausfälle, eine funktionierende, regelmäßige Produktion.

In diesen Krisenjahren gab es vielerorts nur wenig Kleidung zu kaufen. Mitumba – so die in Ostafrika übliche Bezeichnung für Gebrauchtkleidung – schuf Abhilfe und sorgte außerdem dafür, dass sich die Textilversorgung in ländlichen Gebieten verbesserte. Die verbliebenen inländischen Textil- und Bekleidungsbetriebe spezialisierten sich in den Folgejahren weitgehend auf Nischenmärkte und haben damit zunehmend Erfolg.

Heutzutage findet man auf afrikanischen Märkten neben Secondhandtextilien auch wieder Neuware im Angebot. Diese stammt aber in der Regel aus asiatischer Produktion. Sie wird teils preisgünstiger angeboten als Secondhandkleidung. Trotzdem kaufen weiterhin viele Menschen Gebrauchtkleidung, weil sie oft eine bessere Qualität hat als die chinesischen Textilien. Diese verschleißen in der Handwäsche schnell und haben einen hohen Kunstfaseranteil. 

Daneben gibt es in einigen afrikanischen Ländern durchaus Bekleidungsfabriken, von denen die überwiegende Mehrheit aber nicht für die einheimische Bevölkerung produziert, sondern für Märkte in den USA und Europa. Oftmals kleiden sich auch die Näherinnen und Näher dieser Fabriken auf den Secondhandmärkten ein.

Die Annahme, ohne den Import von Secondhandklei­dung gäbe es vielerorts eine wettbewerbsfähige einheimische Bekleidungsindustrie und zeitgleich ein für alle erschwingliches Angebot an Kleidung, ist unter den derzeitigen Umständen wenig realistisch. Vielmehr bestimmt die geringe Kaufkraft das Angebot und asiatische Produzenten den Markt für Neuware. Der Secondhandhandel bedient diese Nachfrage und schafft dabei Einkommen für viele tausende Menschen.

Ökologische Auswirkungen

In den vergangenen Monaten haben Bilder von Textilmüll auf Mülldeponien in Afrika die ökologische Dimension des Altkleiderhandels in den Fokus gerückt. Aus Umweltsicht ist Secondhandkleidung grundsätzlich vorteilhaft: Durch die längere Nutzung werden Rohstoffe und Chemikalien in der Produktion von Neuware eingespart. Richtig ist aber auch, dass die meisten afrikanischen Länder nicht über ein funktionierendes Abfallwirtschaftssystem verfügen, sodass Textilien am Ende ihrer Nutzung in der Regel auf offenen oder wilden Deponien landen (zur weltweiten Müllproblematik siehe Aviva Freudmann auf www.dandc.eu).

Bei der Textilsammlung in westlichen Industrieländern fallen neben gut erhaltener Kleidung auch erhebliche Recycling- und Müllanteile an (siehe Kasten). Um die Auswirkungen auf die Umwelt zu minimieren, sollten aus der EU nur solche Textilien exportiert werden, die tragfähig sind und für die eine Nachfrage besteht. Die Recycling- und Müllanteile hingegen gilt es möglichst dort zu verwerten, wo sie anfallen. Werden solche Anteile doch in Staaten außerhalb der EU exportiert, sollten die Unternehmen lückenlos nachweisen, dass sie dort gleich- oder höherwertig behandelt und verwertet werden.

In diesem Zusammenhang ist die korrekte Deklaration der Waren beim Export entscheidend. FairWertung arbeitet daher mit ausgewählten Partnern zusammen, die sich freiwillig einem Auditverfahren unterziehen. Auch die korrekte Deklaration wird in regelmäßigen Audits geprüft. Auf diese Weise stellen die gemeinnützigen Sammler bei FairWertung einen verantwortungsvollen Umgang mit den Kleiderspenden auf dem weiteren Verwertungsweg sicher. Verbraucherinnen und Verbraucher, die gezielt gemeinnützige Sammlungen unterstützen möchte, können bei der Altkleiderentsorgung auf das Zeichen achten.

Mittel- und langfristig muss das Ziel sein, eine echte Kreislaufwirtschaft umzusetzen. Das bedeutet zunächst: Unternehmen müssen Textilien so produzieren, dass sie am Ende ihrer Nutzung als Ausgangsmaterial für neue Produkte dienen können. Wir in Europa verfügen bereits heute über das Knowhow und das nötige Kapital, um eine nachhaltigere Textilwirtschaft aufzubauen; vor allem aber haben wir die Hauptverantwortung.


Link
Abgabestellen der von FairWertung zertifizierten Organisationen:
www.altkleiderspenden.de


Thomas Ahlmann ist Geschäftsführer des Dachverbands FairWertung, einem bundesweiten Netzwerk von gemeinnützigen Organisationen, die Altkleider sammeln.
info@fairwertung.de

 

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Um die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen, ist gute Regierungsführung nötig – von der lokalen bis zur globalen Ebene.