Entwicklung und
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Global Governance

Allmählicher Fortschritt

Der Grüne Klimafonds kann zu einer der wichtigsten Institutionen der Menschheit werden. Seine Aufgabe ist, Maßnahmen gegen den Treibhauseffekt und für die Anpassung der Entwicklungsländer an seine Folgen zu finanzieren. Nächstes Jahr muss sich sein Aufsichtsrat (Board) auf eine Vision und ein Geschäftsmodell einigen.

Von Liane Schalatek und Smita Nakhooda

Der Grüne Klimafonds (Green Climate Fund, GCF) kann frühestens 2014 Mittel an die Entwicklungsländer ausschütten. Vorher muss das Board noch eine vielschichtige Agenda mit über 50 Themen abarbeiten, um die neue Institution handlungsfähig zu machen. Zentrale Fragen sind,
– wie die transformative Wirkung des Fonds sichergestellt werden und
– wie das Geschäftsmodell aussehen wird.

Die größte Herausforderung steht aber noch gar nicht auf der Board-Agenda: Der GCF braucht ausreichende und nachhaltige Finanzierung durch reiche Nationen, um nicht zu einer schönen, aber leeren Hülse zu schrumpfen.

Für März ist in Berlin eine Sitzung der 24 Boardmitglieder, von denen je die Hälfte aus Industrie- und Entwicklungsländern stammt, angesetzt. Dann soll begonnen werden, die Vision für den Fonds zu diskutieren.

Es bleibt unklar, über wie viel Geld der Fonds verfügen wird. Er könnte potenziell jährlich mehrere zehn Milliarden Dollar verteilen – also deutlich mehr als die 6,8 Milliarden Dollar, die den Climate Investment Funds der Weltbank zugesichert sind, dem bisher größten Portfolio multilateraler Klimafinanzierungsinstrumente.

Die Grundlagen des GCF wurden im vergangenen Jahr auf der UN-Klimakonferenz (UNFCCC) in Durban (siehe Kasten S. 478) schriftlich im „Governing Instrument“ festgelegt. Die neue Institution wird eine Arbeitseinheit der UNFCCC sein und soll der Vertragsstaatenkonferenz (Conference of Parties, COP) Rechenschaft leisten. Den meisten im Board vertretenen Entwicklungsländern ist diese Bindung nicht eng genug, während sie vielen Industrieländern zu eng ist. 2012 konnte sich das GCF-Board in diesem Punkt nicht einigen, so dass es auch keine Empfehlung aussprach.

Bisher schreibt das Governing Instrument vor, dass das Board einen Jahresbericht vorlegt und der Fonds seine Programme, Politik und Prioritätensetzung nach COP-Vorgaben gestaltet. So funktioniert auch die Zusammenarbeit zwischen der Global Environmental Facility (GEF) und der COP.

Es wurde schnell deutlich, dass Indus­trie- und Entwicklungsländer sehr verschiedene Vorstellungen über Funktion, Mandat, Aufgabenbereich und die operativen Kapazitäten des künftigen GCF haben. Diese Diskrepanzen wurden bisher nicht überbrückt.

Viele Entwicklungsländer fordern, dass die Industrieländer den GCF verlässlich und ausreichend mit öffentlichen Mitteln, die über bereits zugesicherte Entwicklungshilfe hinausgehen, finanzieren. So sollen die privilegierten Länder ihre „gemeinsame, aber differenzierte Verantwortung“ im UNFCCC-Kontext erfüllen. Viele Industrieländer wollen dagegen mit staatlichen Beiträgen zum GCF primär private Investitionen anregen und fördern.

Das Board will 2013 daher eine Privatsektorfazilität einrichten, die ähnlich wie die Internationale Finanz-Corporation (IFC) der Weltbank arbeiten könnte. Die Regierungen der Industrieländer argumentieren, den Privatsektor zu involvieren sei „transformativ“. Sie stehen daheim, was ihre Haushaltsausgaben angeht, unter öffentlichem Rechtfertigungsdruck.

Viele Entwicklungsländer bestehen jedoch auf öffentlichen Mitteln als Hauptfinanzquelle des GCF, und meinen, der Privatsektor solle nur eine ergänzende Rolle spielen. Sie fürchten, dass private Investitionen nicht im Einklang mit ihren nationalen Prioritäten stehen würden. Nationale Eigenverantwortung („Country Ownership“) ist aber ein Leitprinzip des GCF, so dass die Regierungen das Recht haben werden, Vorschläge zu prüfen und auch abzulehnen, wenn sie aus ihrer Sicht mit ihrer nationalen Politik unvereinbar sind.

2013 wird das Board sich für eine von beiden Visionen entscheiden müssen. Ähnlich ist die Grundsatzfrage zu klären, ob der Fonds als Vermittler fungieren soll, der viel Geld durch bestehende Fonds und Institutionen leitet, oder ob er, als unmittelbarer Finanzierer, eigenes Personal und Finanzmittel bereitstellen lässt. Welches Modell gewählt wird, hat Folgen für die Größe des GCF-Sekretariats und sein administratives Budget.

Laut Governing Instrument soll der GCF „ökologische, soziale, ökonomische und entwicklungsfördernde Begleiterscheinungen und einen gender-sensiblen Ansatz“ fördern. Die Forderung nach Geschlechterausgewogenheit im GCF-Board und im Sekretariat machen den GCF zum ersten Klimafonds, der von Anfang an die Genderfrage berücksichtigt.

Allerdings sind nur sechs von 24 Boardmitgliedern Frauen. Das Board muss beweisen, dass es Geschlechtergerechtigkeit wirklich ernst nimmt. Es sollte Genderkompetenz zu einem Kriterium für die Auswahl der Sekretariatsmitarbeiter machen.

Operative Fragen

Zudem sind die Geschäftsverfahren festzulegen. Der GCF wird zunächst mit zwei Vertriebswegen (Windows) – für Eindämmung des Klimawandels und für die Anpassung an seine Folgen – den Betrieb aufnehmen. Das Board kann aber weitere Windows einrichten. Zur Debatte stehen beispielsweise Waldschutz und Technologietransfer.

Der GCF wird Zuschüsse gewähren, subventionierte Kredite vergeben und sonstige Finanzinstrumente nutzen. Finanzierungsentscheidungen brauchen die Zustimmung des Boards. Wie der in Bonn ansässige Adaptation Fonds des Kyoto-Protokolls wird der GCF Empfängerländern direkten Zugang gewähren (siehe E+Z/D+C 2012/7–8, S. 287 ff.). Akkredi­tierte nationale Implementierungsstellen (National Implementing Entities, NIEs) und sogar subnationale Institutionen werden Anträge stellen dürfen. Selbstverständlich müssen sie alle hohen Treuhänderstandards entsprechen.

Aber welche Art von Capacity Building benötigen die Entwicklungsländer, um den Fonds voll nutzen zu können? Und wie soll die entsprechende Weiterbildung finanziert werden? Einige Länder wollen, dass das GCF-Board Capacity Building fördert und Vorbereitungsmaßnahmen unterstützt. Sie hoffen, dass für solche Zwecke bald Geld fließt.

Auch anerkannte multilaterale Institutionen, wie die internationalen Entwicklungsbanken oder UN-Unterglie­derungen, werden Geld vom Fonds bekommen. Das entspricht der Praxis bestehender multilateraler Klimafinanzierungsinstrumente. Entscheidet sich das Board nicht für das Modell der unmittelbaren Finanzierung, wird das auch der vorherrschende Ansatz des GCF sein. Einige Entwicklungsländer ziehen aber unmittelbare Finanzierung vor, weil sie ihnen mehr Raum für unabhängiges Handeln lässt.

Rechenschaft und Transparenz sind zwei zentrale Themen, bei denen der GCF neue Standards setzen sollte. Es besteht jedoch die Gefahr, dass er nur der bestehenden Praxis folgt oder sogar hinter diese Standards zurückfällt. Zur Sicherung von Effektivität und Effizienz schreibt das Governing Instrument die Einrichtung einer unabhängigen Evaluierungsstelle vor. Sie soll unmittelbar dem Board Rechenschaft schuldig sein und ihre Einsichten der COP mitteilen.

Regeln über Veröffentlichungspflichten für bestimmte Dokumente gibt es bislang auch noch nicht. Der GCF sollte der bewährten Praxis folgen, nach der alle wichtigen Papiere in allen relevanten UN-Sprachen auf einer Webseite veröffentlicht werden und Boardsitzungen im Internet live übertragen werden. Bisher hält der GCF sich allerdings nicht an diese Standards.

Verschiedene andere Rechenschaftsmechanismen sind geplant – etwa eine unabhängige Stelle für Betrugsfälle und ein unabhängiger Schadenersatzmechanismus –, damit von Maßnahmen betroffene Menschen aus Entwicklungsländern Beschwerden einreichen können. Um Fehlentscheidungen vorzubeugen, muss das Board zudem stringente Umwelt- und Sozialstandards definieren und einhalten.

Interessensvertreter beteiligen

Im Interesse der Legitimität und des langfristigen Erfolgs des neuen Fonds müssen relevante Interessenvertreter involviert werden. Laut Governing Instrument gehören dazu „Akteure des Privatsektors, zivilgesellschaftliche Organisationen, gefährdete Gruppen, Frauen und indigene Völker“. Sie müssen an Planung und Umsetzung der GCF-Aktivitäten und Finanzierung beteiligt sein. Die Art und Weise ist noch zu definieren.

Die Zivilgesellschaft und der Privatsektor sollen sogar mit je zwei „aktiven Beobachtern“ im GCF-Board vertreten sein. In anderen multilateralen Fonds intervenieren solche aktiven Beobachter, indem sie Anliegen vortragen, Tagesordnungspunkte vorschlagen oder die Anhörung von Experten beantragen. Stimmrecht haben sie nicht. Das Board sollte sicherstellen, dass seine aktiven Beobachter ihrerseits wirkungsvoll agieren können.

Die Entschlossenheit des GCF-Boards, effektiv und effizient zu handeln, wird rasch geprüft werden. Für 2013 sind nur neun Tage für Board-Sitzungen anberaumt. Also braucht das Board innovative Mittel für effiziente Entscheidungsfähigkeit – etwa moderne Informations- und Kommunikationstechnologien inklusive Vi­deo-Konferenzen. Eine dringende He­rausforderung ist zudem, die nötigen finanziellen Ressourcen für den Fonds zu mobilisieren. Es gibt keine Deadline für Beiträge an den GCF. Einige Indus­trieländer wollen bis Ende 2013 Geld zusagen, wenn ihnen die bis dahin getroffenen Entscheidungen über Vi­sion und Geschäftsmodell behagen. Bisher wurden dem GCF erst 6 Millionen Dollar für administrative Zwecke zugesagt – von Ländern wie Süd­korea, Dänemark, Norwegen, Australien, Finnland, den Niederlanden und Deutschland.

Offensichtlich benötigt der Fonds viel größere Beiträge von den Industrieländern für Dinge, die über Verwaltung hinausgehen. Das wird der wahre Test sein, ob die reiche Welt den Grünen Klimafonds ernsthaft zum zentralen multilateralen Instrument dafür machen will, das Klima­finanzierungsversprechen von 100 Milliarden Dollar pro Jahr von 2020 an zu erfüllen.

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