Arzneimittel

Eine kurze Geschichte der ARV-Behandlung in Südafrika

In den 1990er-Jahren stand Südafrika im Zentrum der globalen HIV/Aids-Pandemie. HIV wird hauptsächlich durch Geschlechtsverkehr übertragen, aber gefährdet ist auch, wer Drogen intravenös konsumiert oder Bluttransfusionen benötigt. Zunächst breitete sich das Virus vor allem unter der schwarzen Bevölkerung aus; die wohlhabendere weiße blieb weitgehend verschont.
HIV-positive Menschen demonstrieren 2003 in Johannesburg für eine ARV-Behandlung. picture-alliance/dpa/Kim Ludbrook HIV-positive Menschen demonstrieren 2003 in Johannesburg für eine ARV-Behandlung.

Armut, mangelnde Bildung und traditionelle Einstellungen spielten eine große Rolle bei der Verbreitung des Virus. Lange Zeit blieb die Regierung – damals unter Präsident Thabo Mbeki – in einer Verweigerungshaltung. Es fehlte an den nötigen wissenschaftlich fundierten Aufklärungskampagnen für Safer Sex, insbesondere für Kondome. Als diese schließlich starteten, war schon mehr als ein Drittel der schwangeren Frauen bei Vorsorgeuntersuchungen HIV-positiv.

Eine tödliche Diagnose

Als HIV/Aids Anfang der 1980er-Jahre international Schlagzeilen machte, galt eine positive Diagnose als sicheres Todesurteil. Da es keine Therapie gab, verschlechterte sich der Gesundheitszustand der Betroffenen mit jeder weiteren herkömmlichen Infektion – bis eine tödlich endete.

Das änderte sich in den späten 1980er-Jahren mit der Entwicklung antiretroviraler Medikamente (ARV). Zwar heilen ARVs die HIV-Infektion nicht, sie unterdrücken aber die Folgen. Für diejenigen, die sich ARVs leisten konnten, wurde HIV damit zu einer kontrollierbaren chronischen Krankheit – und war nicht länger tödlich. Die neuen Medikamente waren aber teuer und durch Patente geschützt. In vielen Ländern mit hohen Einkommen übernahmen staatliche Krankenversicherungen die Kosten.

Nahezu nicht verfügbar blieben ARVs jedoch just in Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen, wo sie am dringendsten gebraucht wurden. Das betraf besonders Südafrika, aber auch andere afrikanische Länder.

Lockerung der Rechte an geistigem Eigentum

Mit dem Gipfeltreffen der WHO in Doha im Jahr 2001 begann sich die Lage zu verbessern. Auf Druck der internationalen Zivilgesellschaft und von Ländern wie Brasilien und Thailand, die die wissenschaftlichen Erkenntnisse akzeptierten und die Pandemie unbedingt eindämmen wollten, lockerte die WHO schließlich die Rechte an geistigem Eigentum. Regierungen dürfen seither Zwangslizenzen für die Herstellung von Medikamenten erteilen, wenn diese auf dem Markt zu teuer, aber für die öffentliche Gesundheit unerlässlich sind. Pharmaunternehmen weltweit begannen, ARVs in Länder mit niedrigen und mittleren Einkommen zu wesentlich niedrigeren Kosten zu liefern, was dort mehr Therapien ermöglichte.

Im Jahr 2004 wurde die ARV-Behandlung auch in Südafrika eingeführt. Rückblickend war es ein großer Erfolg. Es gibt dennoch weiterhin viel zu tun im Kampf gegen HIV/Aids

Hans Dembowski ist Chefredakteur von E+Z/D+C.
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