Friedensförderung

Frauen in Kamerun kämpfen um Beteiligung am Friedensprozess

Kamerun wurde in den vergangenen Jahren von gewaltsamen Konflikten erschüttert. Besonders Frauen waren betroffen. Eine Plattform von Frauenorganisationen setzt sich für einen Friedensprozess ein, der die Bedürfnisse von Frauen besonders berücksichtigt.
Verleihung des Deutschen Afrika-Preises an die „National Women‘s Convention for Peace“  in Cameroon. Deutsche Afrika Stiftung Verleihung des Deutschen Afrika-Preises an die „National Women‘s Convention for Peace“ in Cameroon.

Seit 2014 ist die politische Lage in Kamerun instabil. Im Norden werden die Menschen von der islamistischen Terrorgruppe Boko Haram bedroht. In den englischsprachigen Regionen im Nordwesten und Südwesten Kameruns begannen bewaffnete Separatist*innengruppen 2016 einen Unabhängigkeitskrieg. Und der Osten des Landes beherbergt Tausende von Geflüchteten aus der Zentralafrikanischen Republik, was eine Herausforderung für die Sicherheit Kame­runs darstellt. Außerdem gibt es Konflikte zwischen indigenen Gruppen um den Zugang zu Land.

Die Zivilbevölkerung hat unsägliche Gewalt erlebt. Zu den Gräueln gehören außergerichtliche Tötungen, Enthauptungen und Vergewaltigungen. Sie unterscheiden sich in Umfang, Intensität und Vorgehen, haben aber eines gemeinsam: Frauen leiden am meisten. Sie werden häufig sexuell und als Kriegswaffe missbraucht.

Die Folgen dieser Schikanen: Viele Frauen leiden unter emotionalen Traumata, isolieren sich oder werden ausgegrenzt. Viele mussten geliebte Menschen begraben. „Bei unseren Söhnen haben wir die Wunden versorgt. Unsere vergewaltigten und misshandelten Töchter haben wir beweint, getröstet und davor bewahrt, als menschliche Bomben benutzt zu werden“, schrieben die Opfer in einem „Friedensappell“ und fügten hinzu: „Wir haben uns in Büschen versteckt, unter Kälte gelitten und tagelang gehungert, um vor den Waffen und Tötungen zu fliehen. Uns wurde alles genommen – selbst unsere Würde.

“Obwohl Frauen unverhältnismäßig stark unter Konflikten leiden, sind sie noch immer weitgehend von offiziellen Friedensbemühungen ausgeschlossen. Im Januar 2021 wurde deshalb kurz nach der Veröffentlichung des Friedensappells die „Na­tional Women’s Convention for Peace in Cameroon“ gegründet. Die Plattform vereinigt rund 80 Frauenorganisationen aus allen zehn Regionen Kameruns. Sie arbeitet mit Binnenflüchtlingen, fördert die Bildung von Kindern in Konfliktgebieten und engagiert sich für die Prävention geschlechtsspezifischer Gewalt. Sie hilft auch traumatisierten Opfern und Angehörigen, nimmt Geflüchtete auf und vermittelt zwischen bewaffneten Gruppen und dem Militär.

Die Aktivistinnen sind überzeugt: Dauerhafter Frieden ist nur möglich, wenn alle Geschlechterperspektiven einbezogen werden. Sie repräsentieren alle Frauen Kameruns, darunter Friedensaktivistinnen, Vertriebene, Gewaltopfer und -überlebende, Akademikerinnen und Frauen unterschiedlicher sozialer Herkunft. Ihr Slogan: „Wir bilden eine Allianz des guten Willens, die stärker, lauter und zahlreicher ist als diejenigen, die von Krieg und Konflikten profitieren.“

Seit drei Jahren setzt die Vereinigung sich für friedliche Konfliktlösungen und dauerhaften Frieden ein und hat drei noch nie da gewesene Veranstaltungen organisiert:

  • Im Jahr 2021 trafen sich 1800 Frauen aus allen 58 Divisionen Kameruns in Yaoundé, um einen gemeinsamen Friedensappell zu starten;
  • Die parlamentarische Begegnung des Konvents 2021 im Plenarsaal der Nationalversammlung;
  • Aufnahme der Friedensverhandlungen 2022, an denen alle offiziellen Akteure teilnahmen.

Zu den Dokumenten, die aus diesen Veranstaltungen hervorgegangen sind, gehören:

  • der ethische Friedenspakt,
  • die Grundsätze für Friedensverhandlungen,
  • der Friedensvertrag von Kamerun.

Sie alle sind auf der Website der Frauenfriedensplattform abrufbar. Die Forderungen an die politischen Entscheidungsträger lauten:

  • Feindseligkeiten sofort und dauerhaft beenden und damit der Kampagne der Afrikanischen Union „Silence the Guns“ für ein konfliktfreies Afrika folgen, Völkermord verhindern, Frieden für alle verwirklichen und Afrika von Kriegen, gewaltsamen Konflikten, Menschenrechtsverletzungen und humanitären Katastrophen befreien;
  • einen kontinuierlichen und inklusiven Dialog führen, der Frieden, Solidarität und Menschlichkeit in Kamerun fördert;
  • Frauen dauerhaft und gleichberechtigt an Friedensverhandlungen auf allen Ebenen beteiligen und gleichzeitig ihren Schutz jederzeit durchsetzen;
  • zusätzliche Zentren für psychosoziale Unterstützung und Traumabehandlung bauen sowie bestehende Zentren ausbauen.

Die Frauenfriedensplattform ist die größte und einflussreichste Initiative aktiver Friedensstifterinnen auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene in Kamerun und wird national und international beachtet. UN-Generalsekretär António Guterres sprach in seinem Bericht an den Sicherheitsrat am 21. November 2021 über die Plattform. Sie ist außerdem Trägerin des Deutschen Afrika-Preises 2023, der im November 2023 in Berlin verliehen wurde. Der Preis wird an herausragende Persönlichkeiten und Organisationen des afrikanischen Kontinents verliehen, die sich in besonderem Maße für Demokratie, Frieden und Menschenrechte einsetzen.

Darüber hinaus wurde die Publikation „Piece by Piece – Building Peace in Cameroon through Women’s Action“ am 15. Februar 2023 in einer Zeremonie unter dem Vorsitz der Ministerin für Frauen- und Familienförderung in Kamerun vorgestellt. Zahlreiche Vertreter*innen nationaler Institutionen, des diplomatischen Korps, politischer Parteien und der Zivilgesellschaft nahmen teil.

Die Frauenfriedensplattform wird von der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) unterstützt. Das Kamerun-Büro der Stiftung dient als Sekretariat der Vereinigung. Dies wird von verschiedenen deutschen Institutionen wie dem Auswärtigen Amt und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gefördert.

Gleichzeitig bleibt die Plattform eine Initiative von Frauen aus der kamerunischen Zivilgesellschaft. Daher wird sie auch von Mitgliedern unterstützt, die ehrenamtliche Dienste und Fachwissen in verschiedenen Bereichen anbieten.

Die Vereinigung will kamerunischen Frauen bei Friedensprozessen eine führende Rolle zukommen lassen. Sie unterstützt alle Friedensbemühungen, die von der Regierung und ihren Partnern in Kamerun und im Ausland unternommen werden, einschließlich der Zivilgesellschaft. Sie ruft alle Parteien der Konflikte auf, die Gewalt umgehend zu beenden.

Links

National Women’s Convention for Peace:
https://camerounpeaceconvention.org/

Appell der Frauen für den Frieden in Kamerun:
https://icanpeacework.org/wp-content/uploads/2021/08/Womens-Call-for-Peace-English.pdf

Epah Mfortaw Nyukechen ist Programmassistent bei der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES). Er schrieb den Artikel im Namen der National Women‘s Convention for Peace in Cameroon mit Unterstützung von Mitgliedern der Vereinigung und der FES.
epah.nyukechen@fes-kamerun.org