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Gesunde Umwelt

Wenn sich kleinbäuerlicher Reisanbau nicht mehr lohnt

Die Grüne Revolution machte in Westbengalen den Reisanbau mit Hochertragssorten attraktiv. Vier Jahrzehnte später werden aber die ökologischen Nachteile immer klarer. Der Klimawandel verschärft sie.
Hühnerzucht kann wirtschaftlich attraktiv sein. Boro Baski Hühnerzucht kann wirtschaftlich attraktiv sein.

Ramranjan Ghosh ist ein westbengalischer Kleinbauer. Auf dem Land seiner Vorfahren baut er Reis und Gemüse an. Bis vor einiger Zeit hatte er zwei Reisernten im Jahr. 2022 hörte seine Familie aber auf, die „Boro“ genannte Sommersorte anzubauen. Nun lebt sie von dem Reis, der im Monsun wächst, sowie Getreiderationen, die ihnen staatlich zur Verfügung gestellt werden.

Ramranjan ist kein Einzelfall. Viele bäuerliche Familien im Bezirk Birbhum tun sich schwer. Er selbst klagt über die hohen Kosten von Strom, Kunstdünger und Pestiziden, andererseits aber auch über niedrige Marktpreise.

Die Probleme sind grundsätzlicher Natur. Wer sie verstehen will, muss die Geschichte der Agrarentwicklung der letzten 40 Jahre kennen.

Vor der Grünen Revolution, die in den späten 1960er-Jahren begann, stützte sich der Reisanbau in Ramranjans Dorf auf Wasser aus einer kleinen Schlucht und einigen Quellen. Später wurden vier große Teiche angelegt, um den Anbau von Gemüse und Winterpflanzen mit moderatem Wasserbedarf zu ermöglichen.

Hochertragssorte 

Die Grüne Revolution hatte durchschlagende Wirkung. Die hierzulande „Boro“ genannte Hochertragssorte wurde in den 1980ern eingeführt. Weil sie viel Wasser braucht, wurde das Bewässerungssystem ausgebaut. Die Reisproduktion nahm nicht nur in Westbengalen rasant zu.

Boro wird im Sommer angebaut. Die Landesregierung von Westbengalen erlaubte dafür die Nutzung von Grundwasser. Die Ernährungssicherheit wurde besser und es gab auch mehr Arbeit. Jahreszeitliche Migration aus ärmeren Gegenden setzte ein.

Je mehr Reis produziert wurde, umso mehr wurden traditionelle Nutzpflanzen wie Weizen, Hülsenfrüchte, Senf und Gemüse vernachlässigt. Privatfirmen vermarkteten Hochertragssaatgut, sodass traditionelle Pflanzen verdrängt wurden. Die landwirtschaftlichen Betriebe mussten das Saatgut jährlich neu kaufen, denn sie konnten dafür nicht mehr einen Teil der vorherigen Ernte nutzen. Dieselben Vermarkter verkauften auch die Pflanzenschutzmittel, ohne die Boro nicht gedeihen konnte.

Im Lauf der Jahre wuchs die Abhängigkeit der Landwirtschaft von den Input-Vermarktern. Die Arbeitsmigration nahm auch zu – mit Bussen und sogar Zügen. Reiche Bauern pflügten nicht mehr mit Ochsen, sondern nahmen Kredite auf, um sich Traktoren zu kaufen. Aus Brachflächen und tief liegenden Wiesen, auf denen Vieh früher weidete, wurden Felder.

Goldene Jahrzehnte 

Für bäuerliche Familien gab es zwei goldene Jahrzehnte. Dann wurde allmählich klar, dass das Grundwasser übernutzt wurde und der Einsatz von Agrarchemikalien ökologisch schädlich war. Mancherorts war das Trinkwasser aus Brunnenwasser mit Arsen belastet. Die Landesregierung begann ihre Unterstützung der Reismonokulturen zurückzufahren.

Inzwischen verschärft die Klimakrise die Probleme. Die Sommer werden länger und der Regen unregelmäßiger. Beides wirkt sich auf das Wasser in den Teichen, Quellen und der Schlucht aus. Ramranjans Dorf geht manchmal das Bewässerungswasser aus. Die schweren Traktoren haben Böden verhärtet, die vom Kunstdünger ohnehin ausgelaugt sind.

Derweil haben Pestizide Nützlinge getötet, zu deren Ökodienstleistungen die Stabilisierung der Bodenqualität und die Lieferung von Nährstoffen gehörten.

Ökonomisch benachteiligte und marginalisierte Gemeinschaften, zu denen beispielsweise Adivasidörfer gehören, sind noch auf andere Weise betroffen. Sie essen traditionell kleine Fische und Schnecken aus örtlichen Gewässern sowie wild wachsendes Gemüse. All das ist knapp geworden.

Höhere Kosten, geringere Einnahmen

Für die Landwirtschaft steigen die Kosten für Betriebsmittel, Bewässerung und Erntehelfer*innen. Die Einnahmen durch die Reisernten halten nicht im selben Tempo mit. Folglich wird der Anbau wirtschaftlich immer weniger attraktiv.

Besonders schwierig ist die Lage für Pächter*innen. Ein Landesgesetz regelt, was den Grundbesitzenden zusteht. Die Regeln beruhen noch auf der Annahme, dass kaum Geld für Input gebraucht wird – weil etwa mit Mist gedüngt wird. Das geschieht aber kaum noch. Pachtbetriebe haben nun höhere Kosten, bekommen aber keinen höheren Anteil der Ernte.

Die Landesregierung unterstützt bäuerliche Familien auf verschiedene Weise. Wenn Extremwetter Ernten vernichtet, gibt es Kompensationszahlungen. Um die Bodengesundheit wiederherzustellen, wird die Nutzung von kompostiertem Dünger ermutigt. 

Empfohlen werden auch Obst- und Linsenanbau, weil so mit geringerem Wassereinsatz Einnahmen erzielt werden können. In Ramranjans Dorf war wegen geringer Bodenqualität die Erfahrung mit Linsen jedoch enttäuschend.

Es werden nun diverse Alternativen zum Hochertragsanbau auf kleinen Äckern getestet. Nichtstaatliche Organisationen sind daran auch beteiligt. Ein zentrales Thema ist natürliche Düngung. Soziale Unternehmen wie etwa Dularia klären über umweltfreundlichen Landbau auf.

Diese Aktivitäten sind nützlich. Tatsächlich gibt es Optionen für kleinbäuerliche Familien. Vielen fällt es aber schwer, den Reisanbau aufzugeben oder auch nur zu reduzieren. Allerdings lehrt die Erfahrung, dass Monokulturen verwundbar machen. Gute und stabile Preise erzielen Weizen, Hirse, Mais, Sesam und Senf, die mit vergleichsweise wenig Wasser auskommen.

Obstgärten können auch profitabel sein. Um die Erosion zu stoppen, ist es ohnehin sinnvoll, Mango-, Papaya- oder Bananenbäume auf den Hängen der Schlucht und den Teichufern zu pflanzen. Auch die Zucht von Hühnern, Enten, Ziegen und Schweinen kann wirtschaftlich attraktiv sein. Solche Vorhaben lassen sich mit geringem Finanzeinsatz starten und betreiben.

Der Staat kann aber noch mehr tun. Hilfreich wäre mehr Information darüber, was die globale Erwärmung bewirken wird, – und was die besten Anpassungsmöglichkeiten sind.

Boro Baski arbeitet für die Graswurzelorganisation Ghosaldanga Adibasi Seva Sangha in Westbengalen. Sie wird unterstützt vom deutschen Verein Freundeskreis Ghosaldanga und Bishnubati.
borobaski@gmail.com
http://www.dorfentwicklung-indien.de

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