Gesundheitsversorgung

Ärzte gehen ins Ausland

Braindrain, die Abwanderung hochqualifizierter Arbeitskräfte, ist eine große Herausforderung für Afrika. Viele Fachkräfte mit guter Ausbildung ziehen den höheren Lebensstandard und bessere Arbeitsbedingungen in den entwickelten Ländern den Hungerlöhnen in ihren Heimatländern vor. Der Braindrain macht sich am deutlichsten im Gesundheitssektor bemerkbar.
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Im Durchschnitt gibt es nur einen Arzt für 5 000 Menschen in Subsahara-Afrika. Es ist laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in diesem Bereich die unterprivilegierteste Region der Welt. Ein globaler Vergleich zeigt, dass es in Subsahara-Afrika 40 Mal weniger Ärzte pro Kopf gibt als in Katar, 35 Mal weniger als in Kuba und 26 Mal weniger als in Spanien. Die Dichte der Ärzte in Afrika variiert von Land zu Land.

Ein Grund für dieses medizinische Vakuum ist das Bildungssystem. Laut dem Institute for the Study of Medical Schools in Sub-Saharan Africa gibt es nur 170 medizinische Fakultäten auf dem gesamten Kontinent; 20 Länder haben nur eine medizinische Hochschule und sechs haben gar keine. Hinzu kommt, dass ein beachtlicher Teil des Gesundheitspersonals, das in Afrika ausgebildet wurde, wegen besserer Jobs und höherer Bezahlung nach Europa und Nordamerika auswandert.

Osahon Enabulele, der frühere Vorsitzende der Nigerian Medical Association, schätzt, dass rund 8 000 nigerianische Ärzte in den USA arbeiten. In Nigeria hingegen müssen 35 000 Mediziner eine Bevölkerung von 190 Millionen Menschen versorgen. In Frankreich arbeiten mehr togolesische Ärzte als in Togo, wie Kokou Adambounou vom CHU Campus-Lomé-Krankenhaus berichtet. „60 Prozent der togolesischen Ärzte praktizieren in Frankreich“, sagt er und fügt hinzu, dass diese emigrierten Ärzte ihren Kollegen in Togo via Telemedizin helfen könnten. „Das Können und die Infrastruktur existieren. Es fehlt der politische Wille. Gesundheitsbehörden müssen in Telemedizin investieren“, fordert er.

Es gibt ein Missverhältnis zwischen Ausbildung und Arbeitsmöglichkeiten in Afrika. Laut dem Statistischen Jahrbuch der Gesundheit von Togo 2016 gab es 347 Ärzte, inklusive 251 Spezialisten und 91 Allgemeinärzten, 31 Psychologen und 13 Ausbildungsstätten für Gesundheitspersonal – für eine Bevölkerung von mehr als 7 Millionen.

„Leider bilden wir zu viele Soziologen und Philosophen aus, die dann nach ihrem Examen Taxi fahren müssen, um zu überleben“, sagt der Togolese Didier Acouetey von der Beratungsfirma AfricSearch.

Laut dem Internationalen Währungsfond gibt Afrika pro Jahr rund 4 Milliarden Dollar aus, um ausländische Experten zu bezahlen, die den Braindrain des Kontinents abfedern.


Ibrahim Oredola Falola ist Journalist und lebt in Lomé, Togo.
ibfall2007@yahoo.co.uk