Malawi
Demokratischer, aber noch kein wirtschaftlicher Fortschritt
Bei den Präsidentschaftswahlen im Mai 2019 war der Amtsinhaber Arthur Peter Mutharika im Amt bestätigt worden (siehe meinen Beitrag in der Tribüne im E+Z/D+C e-Paper 2019/4), was zu landesweiten massiven Protesten führte. Ein durch die beiden großen Oppositionsparteien Malawi Congress Party (MCP) und United Transformation Movement (UTM) angestrebtes Gerichtsverfahren endete Anfang 2020 mit der Annullierung des Ergebnisses der Präsidentschaftswahlen aufgrund systematischer Wahlfälschungen. Das Verfassungsgericht ordnete Neuwahlen an, die am 23. Juni 2020 stattfanden.
Die MCP und UTM gingen, zusammen mit kleineren Parteien, ein Wahlbündnis ein und unterstützten als „Tonse Alliance“ (all of us) den MCP-Kandidaten Lazerus McCarthy Chakwera. Chakwera gewann die Wiederholungswahl mit 59 Prozent. Mit seinem Amtsantritt am 28. Juni 2020 wurden die Weichen für einen politischen und wirtschaftlichen Reformprozess gestellt. Die neue Langfriststrategie „Malawi 2063“ gibt das Ziel vor: bis 2063 soll der Status eines gehobenen Mitteleinkommenslands erreicht werden.
Doch die Ausgangslage ist schwierig. 70 Prozent der Bevölkerung leben in Armut. Der Human Development Index des United Nations Development Programme (UNDP) hat sich in den vergangenen zehn Jahren kaum verbessert. Die Voraussetzungen für ein nachhaltiges, armutsminderndes Wirtschaftswachstum sind nicht gegeben. Die Lebensader des Landes ist die regenabhängige Subsistenzlandwirtschaft. Die Covid-19-Pandemie setzt der Wirtschaft zusätzlich zu und verstärkt den Trend wachsender Ungleichheit.
Im Wahlkampf hat die Tonse Alliance mit den Themen Korruptionsbekämpfung, Schaffung von Arbeitsplätzen, subventioniertem Saatgut und Verbesserung der sozialen Dienstleistungen gepunktet. Einen fiskalischen Spielraum für kostspielige Reformen zur Umsetzung der Wahlversprechen hat die Regierung nicht.
Einer verbesserten Regierungsführung und speziell einer durchgreifenden Reform des öffentlichen Finanzmanagements kommt mit Blick auf das wachsende Haushaltsdefizit und die Verschuldung eine herausragende Bedeutung zu. Vier zentrale strukturelle Haushaltsprobleme müssen dringend angegangen werden:
- die Einnahmen decken nicht die laufenden Staatsausgaben und müssen teilweise kreditär finanziert werden;
- die gesetzlich gebundenen Ausgaben (einschließlich des Schuldendiensts) lassen der Regierung keinen fiskalischen Spielraum für die Finanzierung prioritärer Projekte oder von Notfallmaßnahmen;
- für eine strukturelle Transformation der Wirtschaft müssen die staatlichen Ausgaben und kommerzielle in- und ausländische Investitionen substanziell erhöht werden;
- die Ausgabeneffizienz muss gesteigert werden, was teilweise eine größere Wirkung hat als mehr Einnahmen.
Die Regierung hat die Herausforderungen erkannt. Sie sieht die Schaffung effektiver Institutionen und eine verbesserte Leistungsfähigkeit des öffentlichen Sektors einschließlich eines modernisierten, effizienten Finanzmanagements als strategischen Hebel an. Für Präsident Chakwera hat die Bekämpfung der systemischen Korruption in allen öffentlichen Institutionen höchste Priorität.
Nach knapp einem Jahr im Amt bemängeln Kritiker eine kraftvolle Rhetorik der Regierung, der aber keine Taten folgen. Die Analyse der ersten Schritte stimmt aber optimistisch. Es ist zu hoffen, dass der Wählerauftrag eines politischen Wandels, durchgreifender Reformen und einer kompromisslosen Korruptionsbekämpfung Leitlinie des Regierungshandelns bleibt. Dies sollte die Staatsführung mit einer Politik koppeln, die die hohen Erwartungen der Bevölkerung erfüllt und dennoch mit den fiskalischen und wirtschaftlichen Realitäten in Einklang zu bringen ist. Nur so kann sie einem schnellen Vertrauensverlust vorbeugen.
Rolf Drescher ist Mitarbeiter der GIZ. Er leitet in Lilongwe das Vorhaben „Stärkung des öffentlichen Finanzmanagements in Malawi“. Der Beitrag gibt ausschließlich seine persönliche Meinung wieder.
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