Unsere Sicht

Rechtzeitig handeln

Voraussichtlich wird die Weltbevölkerung um 2100 herum mit knapp 11 Milliarden Menschen den Scheitelpunkt erreichen. Selbst kaum kalkulierbare Großkatastrophen wie Kriege und Seuchen dürften daran nicht viel ändern.
Kenianische Großmutter mit Enkel. Schytte/Lineair Kenianische Großmutter mit Enkel.

Covid-19 ist bedrohlich, aber selbst 60 bis 80 Millionen Tote – wie im 2. Weltkrieg – wären gemessen an der Gesamtzahl noch relativ wenig. In dieser Größenordung wuchs die Weltbevölkerung zuletzt jedes Jahr.  

Gesellschaften und ihre Normen verändern sich. Was Familiengrößen angeht, geht der Trend weltweit stabil in dieselbe Richtung. Nationen altern, weil die Lebenserwartung steigt und Frauen weniger Kinder bekommen. Relativ zuverlässige Prognosen aufstellen kann, wer weiß,

  • wie viele Frauen es gibt,
  • welchen Alterskohorten sie angehören,
  • wie viele Kinder sie im Schnitt haben, und
  • in welchem Alter sie gewöhnlich ihre Babys bekommen.

Es ist gut, dass die Weltbevölkerung langsamer wächst als früher. Andernfalls bliebe ökologische Nachhaltigkeit sicherlich unerreichbar. Niedrige Geburtenraten sind zudem eine positive Folge davon, dass Mädchen bessere Bildung bekommen und Frauen mehr Wahlmöglichkeiten haben.

In vielen Ländern nimmt inzwischen der Anteil der Alten rasch zu. Traditionelle Großfamilien, die sich um sie kümmern, gibt es aber kaum noch. Soziale Sicherungssysteme sind deshalb nötig – und zwar auch in Schwellenländern und besonders in China. Es geht nicht nur um Geld, denn Alten- und Pflegeheime, Krankenhäuser und sonstige soziale Dienste brauchen Personal.

Im Gesundheitswesen wohlhabender, aber rasch alternder Gesellschaften arbeiten heute viele qualifizierte Migranten aus ärmeren und demografisch jüngeren Ländern. Irgendwann werden auch dort die negativen Seiten des demografischen Wandels zu spüren sein. Was dann? Moderne Technik und Roboter mögen helfen, aber Menschen brauchen auch den Austausch mit Menschen. Ein großer – und vermutlich wachsender – Teil der arbeitsfähigen Bevölkerung wird in sozialen Berufen tätig sein müssen.

Wird das alles dem Marktwettbewerb überlassen, kann nur eine wohlhabende Minderheit ein würdiges Alter erleben. Damit niemand durchs Netz fällt, muss staatliche Politik Mindestrenten für alle und eine solide soziale Infrastruktur sicherstellen. Nötig sind politischer Wille, kluge Konzepte und kompetente Umsetzung.

Es hilft dabei, wenn es einem Land gelingt, das Zeitfenster besonderer Chancen in frühen Phasen des demografischen Wandels zu nutzen. Asiatische Schwellenländer haben von der „demografischen Dividende“ profitiert. Ihre Industrialisierung setzte ein, als große Kohorten junger Menschen, die weder kleine Kinder noch gebrechliche Großeltern betreuen mussten, auf den Arbeitsmarkt drängten. Größere Prosperität ist die Basis für eine bessere so­ziale Sicherung, die noch geschaffen werden muss. Wichtig ist jedenfalls, dass auch Länder mit niedrigem und niedrigem mittleren Einkommen auf ähnliche Weise von einer demografischen Dividende profitieren.

Internationale Zusammenarbeit kann dazu beitragen. Sie wird natürlich auch gebraucht, um Covid-19 einzudämmen und den Treibhauseffekt zu begrenzen. Globale Entwicklung kann und muss so gestaltet werden, dass 11 Milliarden Menschen gut auf dieser Erde leben können.

 

Hans Dembowski ist Chefredakteur von E+Z Entwicklung und Zusammenarbeit / D+C Development and Cooperation.
euz.editor@dandc.eu

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Um die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen, ist gute Regierungsführung nötig – von der lokalen bis zur globalen Ebene.