Entwicklung und
Zusammenarbeit

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Unsere Sicht

Wie sich Hunger beenden lässt

Die Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs – Sustainable Development Goals) sind kein zur Not verzichtbares Hilfsprogramm zugunsten ein paar armer Länder. Sie sind der Schlüssel zu einer lebenswerten Zukunft für ein Menschheit von 10 Milliarden in einigen Jahrzehnten. Wenn diese Agenda scheitert, verdüstern sich auch die Perspektiven der bislang privilegierten Länder stark.
Bauer im indischen Bundesstaat Assam. picture-alliance/NurPhoto/Anuwar Hazarika Bauer im indischen Bundesstaat Assam.

Bei der Beendigung von Hunger (SDG2) geht es zu langsam voran, obwohl es schon seit Jahrzehnten genug Nahrung für alle Menschen gibt. 800 Millionen sind dennoch wegen Krieg von der Versorgung abgeschnitten oder können sich wegen Armut nicht leisten, was sie brauchen. Ein Zehntel der Menschheit leidet elementare Not. Diese Quote ist viel zu groß, auch wenn sie um die Millenniumswende mit rund einem Sechstel noch größer war.

Bedrohlicherweise durchkreuzt zudem die Klimakrise gewohnte Agrarpraktiken. Wenn es schlimm kommt, werden weltweite Ernten nicht einmal mehr theoretisch für alle reichen. Die große Frage ist also, wie die Landwirtschaft im Klimawandel resilient bleiben kann.

Erforderlich sind ortsspezifische Lösungen, für die es auf lokale Gemeinschaften ankommt. Wesentlich ist, die Bodenqualität zu sichern und möglichst zu verbessern. Das dient der Produktivität und stärkt die Widerstandskraft bei Flut oder Dürre. Wenn Äcker zudem CO2 speichern, ergeben sich Win-win-Situationen. Weil tropische und subtropische Agrarökosysteme hochempfindlich sind, muss dort behutsam modernisiert werden.

Dafür wiederum kommt es auf gute ländliche Infrastruktur an. Ohne sie sind agrarische Gemeinschaften zu traditionellen Praktiken verdammt, die arm halten und verwundbar machen. Ohne Anbindung an Märkte, ohne Lagerungs-, Verarbeitungs- und Vertriebsmöglichkeiten und ohne Bildungs- und Gesundheitswesen ist Ernährungssicherheit in den abgelegenen Regionen von Schwellen- und Entwicklungsländern nicht dauerhaft zu gewährleisten. Das gilt in Zeiten der Erderhitzung noch mehr als früher.

Entscheidungstragende in von Hunger betroffenen Ländern tragen die Hauptverantwortung. Wenn sie nicht den Frieden sichern und die nötige Infrastruktur schaffen, drohen Not und Gewalt. Wachsende Perspektiv- und Hoffnungslosigkeit ist politisch explosiv. Klar ist aber auch, dass viele Staaten finanziell überfordert sind, zumal wenn deren Regierungen hohe Schuldenberge aufgetürmt haben.

Die internationale Gebergemeinschaft darf diese Länder nicht im Stich lassen. Die Not leidende Bevölkerung hat weder zum Klimawandel noch zur Staatsverschuldung viel beigetragen, spürt aber die Folgen. Andererseits muss jedoch auch der immense Fleischverbrauch, der mit Wohlstand einhergeht, zurückgehen. Mit der Massentierhaltung gehen gewaltige CO2-Emissionen und heftiger Pestizideinsatz einher. Das ist ein wesentlicher Grund, weshalb die konventionelle Landwirtschaft der reicheren Weltregionen die globale Umweltkrise verschärft.

Leider geht die Bereitschaft, die Entwicklung ferner Länder zu unterstützen, derzeit zurück. Die Regierungen (und Bürger*innen) von Nationen mit hohen Einkommen irren jedoch, wenn sie glauben, es sei möglich, sich nur um eigene Probleme zu kümmern. In unserer vernetzten Welt mit ihren komplexen Lieferketten sind die wichtigsten Herausforderungen global. Die EU und andere wohlhabende Weltregionen können sich nicht selbst retten, indem sie den Rest der Menschheit im Stich lassen. Nötig sind globale Lösungen. Konkret heißt das SDG-Erfolg.

Hans Dembowski ist Chefredakteur von E+Z/D+C.
euz.editor@dandc.eu