Überblick Extremwetter

Klimakrise erfordert entschlossenes Handeln

Zum Jahresende blicken wir auf wichtige Themen der letzten 12 Monate. Besondere Aufmerksamkeit verdient die Klimakrise, denn extreme Wetterereignisse richten weltweit immer mehr Schaden an. Hier ist ein Überblick über unsere Beiträge zum Thema aus den vergangenen Monaten.
Zweitweilig stand rund ein Drittel Pakistans unter Wasser. Zweitweilig stand rund ein Drittel Pakistans unter Wasser.

Pakistan erlebte im Sommer eine der schlimmsten wetterbedingten Katastrophen. Ungewöhnlich starke Monsunregenfälle überfluteten zeitweilig rund ein Drittel des Landes. Obwohl Pakistan kaum zur Klimakrise beiträgt, wie unser Korrespondent Imran Mukhtar in Islamabad betonte, litt es unter deren Folgen. Seit mindestens zehn Jahren hatte die pakistanische Politik es sträflich versäumt, das Land auf die Folgen vorzubereiten, schrieb er.

Afrikanisches Leid

Medien berichten über plötzliche Ereignisse, aber nur selten über langsame Entwicklungen. Daher wissen viele Menschen nicht, dass das Horn von Afrika im dritten Jahr in Folge unter einer verheerenden Dürre leidet. Humanitäre Hilfe ist dringend nötig. Es wäre sinnvoll, sie mit entwicklungspolitischen Projekten und friedensstiftenden Maßnahmen zu verknüpfen. Unser Autor Christoph Schneider-Yattara von Brot für die Welt nannte das einen „Nexus nachhaltiger Entwicklung“.

Burundi gehört zu den 20 Ländern, die am stärksten von der globalen Erhitzung betroffen sind. Zehntausende Menschen mussten in den letzten zwei Jahren innerhalb des Landes fliehen, vor allem wegen Überschwemmungen. Staatliche Stellen und internationale Organisationen sind bemüht, humanitäre Hilfe zu leisten und weitere Schäden zu verhindern. Die Journalistin Mireille Kanyange hat uns ihre Einsichten geschildert.

Über kleine, lokale Desaster wird international kaum berichtet. Extreme Wetterlagen verursachen aber weiterhin vielerorts Verwüstungen. Meist leidet darunter auch die Landwirtschaft. Unser Korrespondent Ronald Ssegujja Ssekandi berichtete aus Uganda.

Multilaterale Politik bleibt mangelhaft

Seit Jahrzehnten weiß die Menschheit, dass sich das Klima verändert. Bereits vor 30 Jahren wurde das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UN Framework Convention on Climate Change – UNFCCC) auf dem Erdgipfel in Rio de Janeiro beschlossen. Trotzdem haben wir die Probleme längst nicht im Griff. Mein Kollege Jörg Döbereiner hat die Ergebnisse des diesjährigen Klimagipfels in Scharm el-Scheich, Ägypten, eingeschätzt.

In Rio waren die Delegationen sich 1992 einig, sich auf die Eindämmung des Klimawandels zu konzentrieren. Anpassung galt als zu teuer. Alle verfügbaren Mittel sollten lieber in den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen investiert werden. Weil die Maßnahmen aber nicht ausreichten, musste die internationale Gemeinschaft Klimaanpassung anderthalb Jahrzehnte später doch auf die globale Agenda setzen. Weil auch die Anpassungsbemühungen nicht reichen, wie wir heute wissen, ist nun auch ein Fonds für Verluste und Schäden notwendig geworden. Bislang ist zu wenig geschehen – dabei kann kompetentes Handeln wirklich etwas bewirken.

Wie Versicherungssysteme und staatlicher Sozialschutz helfen können

Weltweit gibt es gute Beispiele dafür, was getan werden muss. Versicherungen können helfen. Vielversprechende Fortschritte haben karibische Länder gemacht, die von Hurrikanen besonders bedroht sind. Marjorie Pons Piñeyro aus der Dominikanischen Republik hat die Lage für uns bewertet.

Generell sind zu viele Menschen nicht gegen Klimarisiken versichert – und zwar vor allem in Ländern mit niedrigem Einkommen. Damit sich das ändert, müssen sich die Rahmenbedingungen für Unternehmen verbessern. Ein Team von Co-Autoren der Münchener Rück Stiftung – Renate Bleich, Dirk Reinhard und Christian Barthelt – hat das Thema auf unserer Plattform behandelt.

Soziale Sicherungssysteme helfen, bedrohte Menschen vor Klimarisiken zu schützen und soziale Ungleichheiten abzubauen. Dort, wo solche System am meisten gebraucht werden, bestehen sie aber oft gar nicht. Stefan Beierl von der GIZ diskutierte die Folgen in E+Z/D+C.

Auch physische Infrastruktur spielt eine Rolle

Zur Begrenzung der Klimafolgen ist vielerorts eine bessere Infrastruktur nötig. Das Ganges-Delta war schon immer extremen Wetterereignissen ausgesetzt und Bangladesch hat enorme Fortschritte in Richtung Klimaresistenz gemacht. Wegen Wirbelstürmen sterben heute weit weniger Menschen als früher – obwohl die Bevölkerungszahl gestiegen ist. Md Bodrud-Doza vom International Centre for Climate Change and Development (ICCCD) in Dhaka erläuterte, was sich geändert hat.

Klimaanpassung darf andere Umweltprobleme nicht verschärfen. Insbesondere dürfen Ökosysteme nicht geschädigt werden. Deshalb sind naturnahe Lösungen am besten. David Mfitumukiza von der Makerere-Universität in Uganda berichtete meinem Kollegen Jörg Döbereiner und mir in einem Interview von afrikanischen Erfahrungen.

Deutsche Entwicklungsorganisationen wie die KfW Entwicklungsbank sind sich bewusst, dass Erderwärmung und Erosion der Biodiversität sich gegenseitig verstärken. Dieser Teufelskreis muss durchbrochen werden. Das sagt Svenja Schulze, die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.

In ihrem Auftrag beschäftigen sich diese Entwicklungsorganisationen zunehmend mit ökologischen Themen. Auch hierzulande besteht aber großer Handlungsbedarf. Die Flutkatastrophe im Ahrtal im Sommer 2021 wäre weniger verheerend ausgefallen, hätten die Behörden aus früheren Ereignissen in Deutschland und anderswo gelernt. In Sachen Katastrophenschutz kann sich Deutschland ein Beispiel an anderen Ländern nehmen, wie Wolf R. Dombrowsky von der Steinbeis-Hochschule Berlin in D+C/E+Z schrieb.

Das Leugnen überwinden

Auch die USA leiden zunehmend unter Wetterkatastrophen. Waldbrände, Hitzewellen, Wirbelstürme und Überschwemmungen werden immer häufiger, gefährlicher und kostspieliger. Trotzdem leugnen konservative Kräfte die Klimakrise weiterhin. Katie Cashman, eine Umweltaktivistin aus Minnesota, meint, wir sollten nicht von „Naturkatastrophen“ sprechen, wenn die Schäden vom menschengemachten Klimawandel verursacht sind.

Als Katie Cashman ihren Kommentar schrieb, hing das Klimaprogramm von US-Präsident Joe Biden noch im Senat fest. Zum Glück hat der Kongress später ein ehrgeiziges Klimaprogramm verabschiedet, mit dem mindestens 80 Prozent der von Biden angestrebten Ziele erreicht werden dürften. Das reicht, um die Hoffnung nicht sterben zu lassen. Es muss aber noch mehr passieren.

IPCC, UNEP und andere multilaterale Gremien schlagen Alarm

Wer nicht tut, was nötig ist, muss später teuer bezahlen. Die große Frage ist, ob die politischen Entscheidungsträger die vielen dringenden Warnungen hören und beherzigen. An Wissenschaftlern, die Alarm schlagen, fehlt es nicht.

Laut dem Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) wird die 1,5-Grad-Celsius-Grenze der globalen Erwärmung mit hoher Wahrscheinlichkeit zumindest vorübergehend überschritten. Unsere indische Kollegin Roli Mahajan hat den jüngsten IPCC-Bericht zur Anpassung an den Klimawandel zusammengefasst.

Andere multilaterale Dokumente weisen in dieselbe Richtung. Extremes Wetter verursacht Katastrophen. Mahwish Gul, die in Nairobi lebt, hat mehrere Publikationen des UN-Umweltprogramms zum Thema gelesen.

Die Klimakrise verschärft derweil andere Umweltprobleme. Wüstenbildung und Erderwärmung beschleunigen sich zum Beispiel wechselseitig. Der zweite Global Land Outlook warnt, dass die Menschheit dringend handeln muss, um fruchtbare Böden zu restaurieren und zu schützen. Das Sekretariat der UN-Konvention zur Bekämpfung von Wüstenbildung (UN Convention to Combat Desertification – UNCCD) hat ihn veröffentlicht, und unsere nigerianische Autorin Chimezie Anajama hat darüber berichtet.

Im Mai hatten wir in der Digitalen Monatsausgabe einen Schwerpunkt über „Extreme Wetterereignisse“. Der Leitartikel, den ich dafür schrieb, hat sich gut gehalten. Es gibt in der Tat keine Ausreden mehr, klimapolitisch nicht schnell zu handeln.


Hans Dembowski ist Chefredakteur von E+Z/D+C.
euz.editor@dandc.eu