Unsere Sicht
Globale Probleme erfordern globale Lösungen
Das macht es Präsident Joe Beiden nun noch schwerer, seine Klimapolitik, die im Senat fest steckt, umzusetzen (siehe Katie Cashman on www.dandc.eu). Der Supreme Court ließ sich weder auf die transformative Wirkung der Klimakrise ein noch darauf, dass der Kongress vor fünf Jahrzehnten die EPA schuf, weil Abgeordnete damals – anders als heute republikanische – akzeptierten, dass moderne Gesellschaften Umweltschutz existenziell brauchen. Die Glaubwürdigkeit einer Weltmacht leidet, wenn sie ihren Beitrag zur Lösung globaler Probleme nicht leistet.
Globale Lösung für globale Probleme
Die Menschheit steht vor Herausforderungen, denen Nationalstaaten allein nicht gewachsen sind. Drei Beispiele sind Klimakrise, Finanzstabilität und Migration. Die Idee, Souveränität erlaube Regierungen auf ihrem Territorium zu machen, was sie wollen, ist überholt. Es ist vier Jahrhunderte her, dass sie nach dem verheerenden Dreißigjährigen Krieg half, Frieden zu schaffen. Damals hatten Protestanten gegen Katholiken gekämpft. Souveränität erlaubte friedliche Koexistenz, wenn auch nicht im selben Land. Die Feudalherren entschieden, welcher Kirche Land und Leute angehörten.
Heute überschreiten Probleme Grenzen. Was an einem Ort geschieht, wirkt sich auf andere aus. Also ist Zusammenarbeit nötig. Nationalstaaten sind deshalb nicht obsolet, und sie brauchen ihrerseits funktionstüchtige Untergliederungen wie Kommunen, Kreise und vielleicht auch Bundesländer. Auf allen Ebenen ist gute Amtsführung nötig – supranational, national und subnational.
Sinnvolle Subsidiarität
Subsidiarität ist ein Prinzip der katholischen Soziallehre. Ihm zufolge sollen untere Einheiten all das, was sie können, eigenständig regeln und übergeordnete Ebenen nur eingreifen, wenn wichtige Aufgaben sonst unerfüllt bleiben. Entsprechend ist die EU für Dinge wie die Handelspolitik, die gemeinsame Währung und zunehmend auch die Klimapolitik zuständig.
Souveränität zu teilen, ist sinnvoll. Britannien ist aus der EU ausgestiegen, und seine Wirtschaftsdaten liegen nun unter dem europäischen Schnitt. Macht wird wieder in London zentralisiert und die Gesellschaft ist tief gespalten. Das beschädigte internationale Ansehen wird sich nicht schnell reparieren lassen, wer immer auch demnächst in die Downing Street einziehen mag.
Ohne Zusammenarbeit lassen sich globale Probleme nicht lösen. Jeder Staat muss mitmachen. Auf Länder mit hohen Einkommen kommt es besonders an, denn sie sind am reichsten, dominieren internationale Finanzinstitutionen und sind im UN Sicherheitsrat überrepräsentiert. Die USA haben obendrein das mit Abstand stärkste Militär. Diese Ländergruppe muss deutlich mehr tun, um der globalen Verantwortung gerecht zu werden. Große Schwellenländer sind auch einflussreich, aber nicht als Gruppe organisiert. Die Länder mit niedrigen Einkommen sprechen ebenfalls zu selten mit einer Stimme.
Lektion aus dem 17. Jahrhundert
Glasklar ist indessen, dass russische Vorstellungen von Weltordnung destruktiv sind. Nachbarn mit Waffengewalt den Willen aufzuzwingen, führt in die Katastrophe - weshalb im 17. Jahrhundert der Westfälische Frieden auf dem seinerzeit neuen Souveränitätsprinzip beruhte. Wie ich bereits früher ausgeführt habe, ist der Angriff auf die Ukraine tatsächlichen Angriff auf die ganze Menschheit, weil er das internationale System destabilisiert, Nahrung- und Energiepreise in die Höhe treibt und unverzichtbare internationale Kooperation noch schwerer macht, als sie ohnehin schon ist (siehe meinen Beitrag auf www.dandc.eu).
Hans Dembowski ist Chefredakteur von E+Z Entwicklung und Zusammenarbeit / D+C Development and Cooperation.
euz.editor@dandc.eu