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Textilindustrie

Nachhaltigkeit in weiter Ferne

Der ökologische Fußabdruck der globalen Textilindustrie ist riesig, und die Branche verzeichnet enorme Wachstumszahlen. Experten halten eine grundlegende Transformation der gesamten Wertschöpfungskette hin zu Nachhaltigkeit für geboten. Bisher gehen aber nur wenige Modefirmen diesen Weg.
Filippa-K-Modenschau in Berlin. Das schwedische Label setzt auf Nachhaltigkeit. Schlesinger/picture-alliance/dpa Filippa-K-Modenschau in Berlin. Das schwedische Label setzt auf Nachhaltigkeit.

Laut dem Bericht Pulse of the fashion industry von The Boston Consulting Group (BCG) und Global Fashion Agenda ist die Branche für einen Kohlendioxidausstoß von 1,7 Milliarden Tonnen pro Jahr verantwortlich. Hinzu kommen ein immenser Wasserverbrauch, unter anderem für den Anbau von Baumwolle, und starke Verschmutzung durch den Einsatz schädlicher Chemikalien. Dem Bericht zufolge produziert die Bekleidungsindustrie jährlich 2,1 Milliarden Tonnen Abfall.

Nachhaltigkeit liegt in weiter Ferne (siehe unser Dossier zur Textilindustrie). Und das Problem wird sich noch verschärfen, da die Branche stark wächst. Nicht nur die Weltbevölkerung nimmt zu, sondern auch die Mittelschichten und damit die Kunden der Modehersteller. Dem im September erschienenen WWF-Bericht Changing Fashion zufolge hat sich der weltweite Konsum von Kleidung zwischen 2000 und 2014 verdoppelt. Im Durchschnitt kaufe jeder Mensch fünf Kilogramm Kleidung pro Jahr, in Europa und den USA sogar 16. Experten prognostizieren einen Anstieg von 62 Millionen Tonnen im Jahr 2015 auf 102 Millionen Tonnen im Jahr 2030. Gleichzeitig werden die Ressourcen knapper, und die BDG geht von sinkenden Profiten wegen steigender Material-, Arbeits- und Energiekosten für die Branche aus.

Die Autoren beider Studien sind sich einig, dass eine radikale Transformation nötig ist, wenn die Branche ökologische, soziale und wirtschaftliche Nachhaltigkeit erreichen will. Die WWF-Autoren halten Innovationen auf drei Ebenen für geboten:

  • die Geschäftsmodelle der Modefirmen müssten sich in Richtung der Grundsätze Reduzieren, Reparieren, Teilen, Wieder­nutzen und Recyceln entwickeln,
  • neue Produkte müssten entwickelt werden, etwa mit recycelten und nachhaltigen Materialien, und
  • Prozesse müssten innovativer und erneuerbare Energien genutzt werden.

Die Studie enthält auch ein Nachhaltigkeitsranking von 12 großen Modefirmen. Am besten schneidet darin H&M ab, das sich selbst eine weltweite Führungsrolle in Sachen Energieeffizienz zum Ziel gesetzt hat. Vanessa Rothschild, die bei dem schwedischen Konzern für globale Nachhaltigkeit zuständig ist, sagte auf der Weltklima­konferenz im November in Bonn, H&M wolle bis 2030 über seine gesamte Wertschöpfungskette hinweg klimaneutral und bis 2040 klimapositiv sein. Bis 2025 soll jedes Produkt mit 30 Prozent weniger Treibhausgasen hergestellt werden und 2030 nur noch recycelte oder andere nachhaltige Materialien zum Einsatz kommen. Zu den Innovationen, an denen das Unternehmen arbeite, gehörten Materialen, die CO2 absorbieren, und das Recycling von Mischgeweben. „Da gab es kürzlich einen Durchbruch“, sagte Rothschild.

Elin Larsson, Nachhaltigkeitsmanagerin der schwedischen Modefirma Filippa K, hat sich einen geschlossenen Kreislauf zum Ziel gesetzt. Erreicht werden soll er durch die Grundsätze Reduzieren, Reparieren, Wiederverwerten und Recyceln. Da nicht nur die Produktion, sondern auch die Verbraucher für große Ressourcenverschwendung verantwortlich seien, unterstütze Filippa K seine Kunden in dieser Richtung. Die Kette biete beispielsweise einen Leih- und Reparaturservice an und betreibe einen Second-Hand-Laden in Stockholm, in den gebrauchte Filippa-K-Kleidungsstücke zurückgebracht werden könnten. Hundertprozentiges Recycling könne bisher nur für manche Produkte garantiert werden, so Larsson. Um generell zu weniger Kleidungskonsum anzuregen, gebe es die Kampagne „7 Pieces Is All You Need“ („Man braucht nur 7 Teile“).

Die beiden schwedischen Unternehmen sind Vorzeigebeispiele. Die Autoren des BDG-Berichts weisen jedoch darauf hin, dass sich bisher nur wenige Modefirmen Nachhaltigkeit zum Ziel gesetzt hätten. Mehr als die Hälfte des Marktes bestehe aus Unternehmen, die gar keine Anstrengungen unternähmen. Das seien vor allem kleine und mittlere Betriebe. Und selbst wenn die gesamte Branche den Vorreitern nacheifere, würde das den Autoren zufolge nicht reichen. Nötig seien Ansätze, die über die heute bereits praktizierten hinausgehen.


Links

WWF Schweiz, 2017: Changing fashion. The clothing and textile industry at the brink of radical transformation.
https://www.wwf.ch/sites/default/files/doc-2017-09/2017-09-WWF-Report-Changing_fashion_2017_EN.pdf

The Boston Consulting Group und Global Fashion Agenda, 2017: Pulse of the fashion industry.
https://www.copenhagenfashionsummit.com/wp-content/uploads/2017/05/Pulse-of-the-Fashion-Industry_2017.pdf

Governance

Um die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen, ist gute Regierungsführung nötig – von der lokalen bis zur globalen Ebene.