Multilateralismus
Die Rolle der BRICS+ bei der Entwicklungs- und Klimafinanzierung

Die BRICS+ setzen sich zusammen aus Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika plus Ägypten, Äthiopien, Iran, Indonesien und die Vereinigten Arabischen Emirate. Die Gruppe spielt eine zentrale Rolle bei globaler Entwicklungs- und Klimafinanzierung. Mit etwa der Hälfte der Weltbevölkerung und etwa 40 Prozent des globalen BIP haben die BRICS+ das Potenzial, gemeinsam die globale Finanzarchitektur und Zielsetzungen zu gestalten. Darüber hinaus sind die BRICS+-Länder historisch gesehen für einen beträchtlichen Teil der globalen CO2-Emissionen in absoluten Zahlen verantwortlich.
Die Ursprünge der Gruppe standen im Zusammenhang mit Bemühungen um eine Reform der internationalen Finanzinstitutionen, insbesondere der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds (IWF). Die Gründungsmitglieder hielten die seit 2010 durchgeführten Reformen jedoch für unzureichend. Insbesondere gelang es nicht, die Entscheidungsbefugnisse in diesen Institutionen neu zwischen den Ländern zu verteilen. Sie sind nach wie vor stark auf OECD-Länder ausgerichtet – insbesondere auf die USA, das einzige Land mit Vetorecht sowohl in der Weltbank als auch im IWF.
Als Reaktion darauf beschlossen die BRICS, ihre eigenen Finanzinstitutionen zu gründen. Die New Development Bank (NDB) soll die Investitionslücke im Bereich Infrastruktur im globalen Süden schließen, und das Contingent Reserve Arrangement (CRA) soll die Mitglieder vor globalem Liquiditätsdruck schützen.
BRICS+ und Klimafinanzierung
Nach dem Climate Agenda in Modern Conditions Forum in Moskau im vergangenen Jahr verabschiedeten die BRICS ein Rahmendokument zu Klima und nachhaltiger Entwicklung. Es umfasst wichtige klimapolitische Aspekte, darunter einen gerechten Übergang („just transition“), eine Reduktion des CO2-Ausstoßes, Anpassung an Klimafolgen und Kohlenstoffmärkte. Der Block erkennt auch die Legitimität des Rahmenübereinkommens der UN über Klimaänderungen (UNFCCC) an, einschließlich der jährlichen Klimakonferenzen (COP – Conference of the Parties).
Während die Notwendigkeit, auf erneuerbare Energiequellen umzusteigen, bei Klimakonferenzen eine Schlüsselrolle spielt, ist der Anteil fossiler Brennstoffe am Energiemix in einigen BRICS-Ländern allerdings nach wie vor hoch. Unter den vier ursprünglichen BRIC-Staaten und Südafrika hat letzteres den höchsten Anteil (94 Prozent), gefolgt von Indien (89 Prozent), Russland (87 Prozent) und China (82 Prozent). Der Anteil Brasiliens liegt nur bei 49 Prozent, vor allem weil das Land in großem Umfang Wasserkraft nutzt.
Während die Klimafinanzierung in internationalen Verhandlungen zuletzt zunehmend von der Entwicklungsfinanzierung abgekoppelt wurde, sehen manche BRICS+-Staaten die beiden als untrennbar miteinander verbunden an. Ihrer Ansicht nach ist die Klimafinanzierung ein integraler Bestandteil der Entwicklungsfinanzierung. Der Block zeigt sich auch besorgt über Versuche, internationale Sicherheitsfragen mit der Klimafinanzierung und der Klimaagenda zu verknüpfen.
Die BRICS+ befürworten eine Aufstockung der Mittel, um den am stärksten gefährdeten Ländern zu helfen, ihre Klimaziele zu erreichen und sich an den Klimawandel anzupassen. Die Gruppe fordert außerdem einen besseren Zugang zu vergünstigten Darlehen von Entwicklungsbanken und eine Kreditvergabe, die nicht an zusätzliche Bedingungen geknüpft ist. Sie setzt sich mehr für Mittel zur Anpassung an den Klimawandel ein als für Dekarbonisierung.
Mit Ausnahme von Russland sind die BRICS+-Länder Teil der G77, des Zusammenschlusses der Entwicklungsländer innerhalb der UN. Als Teil dieser Gruppe unterstützten sie die Forderung nach 1,3 Billionen Dollar Klimafinanzierung pro Jahr bis 2035, die auf der COP29 in Baku im vergangenen Jahr gestellt wurde. Ebenso betonten sie die Notwendigkeit, diese Mittel durch öffentliche Zuschüsse bereitzustellen, nicht durch Darlehen oder private Finanzierung. Die COP29 verfehlte jedoch das Ziel von 1,3 Billionen Dollar und landete stattdessen bei 300 Milliarden Dollar.
BRICS+ könnten politische Lücke füllen
Der Rückzug der USA aus dem Pariser Abkommen nach Donald Trumps Wahlsieg eröffnet den BRICS+ – insbesondere China – die Möglichkeit, die politische Lücke zu füllen. China wehrt sich weiterhin vehement dagegen, mit den USA und anderen Ländern mit hohen Einkommen in einen Topf geworfen zu werden, die im Rahmen des Pariser Abkommens zu Klimafinanzierung verpflichtet sind. Allerdings ist China bereits einer der weltweit größten Investoren im Hinblick auf Klimaschutzmaßnahmen im globalen Süden – auch wenn es fast ausschließlich solche Finanzierungsmodelle bevorzugt, die letztlich seiner eigenen Wirtschaft zugutekommen.
Brasilien wird im November dieses Jahres die COP30 in Belém ausrichten und deshalb eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung der Mechanismen zur Klimafinanzierung spielen. Brasilianische Vertreter haben sich für Mechanismen ausgesprochen, die auf die spezifischen Bedürfnisse der Entwicklungsländer eingehen. Es ist daher zu erwarten, dass sie sich auf der COP30 für soziale und ökologische Gerechtigkeit einsetzen werden. Ob sie damit Erfolg haben werden, ist jedoch zweifelhaft. Tatsächlich gibt es viel Kritik an den unzureichenden Ergebnissen früherer COPs und der Struktur der COP als solcher.
BRICS+ und Entwicklungsfinanzierung
Die Vierte Internationale Konferenz über Entwicklungsfinanzierung (FfD4), die vom 30. Juni bis 3. Juli in Sevilla stattfindet, ist vor allem den Bemühungen der G77 zu verdanken. Die Reform der multilateralen Finanzinstitutionen war das ursprüngliche und wichtigste Ziel der BRIC und wird auch auf der FfD4 eine der Prioritäten des Blocks sein. Zugleich steht Multilateralismus eindeutig nicht mehr ganz oben auf der internationalen politischen Agenda.
Die BRICS+ und Entwicklungsländer außerhalb des Blocks drängen die UN seit Langem, Verhandlungen über internationale Steuerregelungen zu leiten, um mehr finanzielle Mittel für Entwicklung bereitzustellen. Während seiner G20-Präsidentschaft im Jahr 2024 schlug Brasilien vor, einen globalen Steuersatz von zwei Prozent für Milliardäre einzuführen. Donald Trump wird sich einer solchen Maßnahme jedoch zweifellos widersetzen.
Ein weiteres Kernproblem der Entwicklungsfinanzierung ist übermäßige Staatsverschuldung. Laut OECD stieg die Zahl der Länder in Schuldennot von drei im Jahr 2015 auf elf im Jahr 2024, während die Zahl der Länder mit hohem Verschuldungsrisiko von 16 auf 24 stieg (OECD 2025). Die UN weist darauf hin, dass etwa 40 Prozent der Weltbevölkerung in Ländern leben, in denen die Regierungen mehr für Zinszahlungen ausgeben als für Bildung oder Gesundheit. In ihrer Erklärung von Kasan aus dem Jahr 2024 erkannten die BRICS+ die Notwendigkeit eines erheblichen Schuldenerlasses an und forderten die Umsetzung des Gemeinsamen Rahmens der G20 für die Schuldenbehandlung (G20 Common Framework for Debt Treatment) „unter Beteiligung offizieller bilateraler Gläubiger, privater Gläubiger und multilateraler Entwicklungsbanken (MDBs) im Einklang mit dem Grundsatz des gemeinsamen Handelns und der gerechten Lastenverteilung“.
Den Einfluss des Dollars schwächen
Die BRICS+ versuchen auch, ihre Abhängigkeit vom Dollar zu verringern. Ihr unmittelbares Ziel ist es, die Währung in ihren bilateralen Transaktionen nicht mehr zu nutzen und ein stärker diversifiziertes Währungssystem anzustreben. Ein Grund dafür ist, dass die USA Finanzsanktionen gegen Russland verhängt haben. Dies sehen viele als Beispiel dafür, wie die USA den Dollar als „Waffe“ einsetzen, um ihre geopolitische und geoökonomische Dominanz zu festigen. Insbesondere China und Russland haben diese Dominanz in Frage gestellt. Die neuen BRICS+-Mitglieder verstärken die antiamerikanischen Tendenzen der Organisation noch.
Im Februar gaben Indien und Russland jedoch bekannt, dass die BRICS derzeit nicht an der Entwicklung einer gemeinsamen Währung arbeiteten. Ihre Erklärungen folgten auf eine Drohung Donald Trumps, Zölle von 100 Prozent auf die BRICS-Mitgliedsländer zu erheben, falls diese versuchen sollten, den Dollar zu verdrängen.
Herausforderungen für die BRICS+
Die globale Finanzwirtschaft war schon immer der Bereich, in dem die Interessen der BRICS am stärksten übereinstimmten und in dem sie ihre größten Erfolge erzielten. Die Mitgliedsländer sind sich jedoch nicht in allen Fragen der Entwicklungs- und Klimafinanzierung einig. So schlug Brasilien beispielsweise 2023 vor, eine gemeinsame Handels- und Investitionswährung innerhalb der BRICS zu schaffen, doch andere Mitgliedsländer, insbesondere Indien, lehnten diesen Vorschlag ab. Tatsächlich hatten die BRICS schon immer Probleme damit, kollektiv zu agieren – und die Erweiterung des Blocks hat diese Probleme erheblich verschärft.
Es gibt auch erhebliche Asymmetrien hinsichtlich der wirtschaftlichen und politischen Macht innerhalb der BRICS+. Bei den meisten Entscheidungen setzt sich China durch, auch wenn es um die Erweiterung des Blocks geht. Mit Unterstützung Russlands ist es China daher gelungen, BRICS+ zunehmend zu einer politischen Kraft zu machen, die sich der US-Hegemonie widersetzt. Dies ist unangenehm für jene Mitglieder, die stärker von den USA abhängig sind, und es errichtet neue Hürden für gemeinsames Handeln. Da die Geopolitik alle anderen Themen auf der internationalen Agenda, einschließlich der globalen Finanzen, durchdringt (und dominiert), verschärfen sich diese Spannungen.
Nicht zuletzt stellen Trumps aggressive nationalistische Drohungen und Maßnahmen die BRICS+ zwar einzeln und als Block vor Herausforderungen, eröffnen aber auch Chancen. Die Entscheidung der USA, vermeintliche nationale Interessen zunehmend über multilaterale Zusammenarbeit zu stellen, könnte einen Spielraum schaffen, den die BRICS+ nutzen könnten. Der Block könnte so neue Wege finden, um Einfluss zu nehmen und zukünftige Agenden und Institutionen zu gestalten.
Links
XVI BRICS Summit Kazan Declaration, 2024:
dirco.gov.za/xvi-brics-summit-kazan-declaration-strengthening-multilateralism-for-just-global-development-and-security-kazan-russian-federation-23-october-2024/
OECD, 2025: Global Outlook on Financing for Sustainable Development 2025.
oecd.org/en/publications/global-outlook-on-financing-for-sustainable-development-2025_753d5368-en/full-report.html
André de Mello e Souza ist Wirtschaftswissenschaftler bei Ipea (Instituto de Pesquisa Econômica Aplicada),
einer staatlichen Denkfabrik in Brasilien.
X: @A_MelloeSouza