Globale Umweltkrise

Europäische Regierungen haben globale ökologische Pflicht anerkannt

Im Europaparlament haben Mitte-rechts-Parteien zusammen mit Rechtspopulisten im Juli versucht, eine wichtige ökologische Gesetzesinitiative zu stoppen, die zum European Green Deal der Europäischen Kommission gehört. Am Schluss fehlten ihnen zwölf Stimmen, aber es gelang ihnen, den Entwurf des Gesetzes zur Wiederherstellung der Natur (Nature Restauration Law) zu verwässern.
Kranichrast im Nationalpark Vorpommersches Haff. picture-alliance/imageBROKER/alimdi/Arterra Kranichrast im Nationalpark Vorpommersches Haff.

Spitzenleute der Europäischen Volkspartei, zu denen unter anderen die deutschen Christdemokraten gehören, gaben sich „pragmatisch“, weil sie Lasten für Landwirtschaft und Verbraucher*innen vermeiden wollten. Das ist gefährlicher Unsinn. Der Schutz der biologischen Vielfalt ist weltweit dringend nötig, und er erfordert die Restaurierung von Ökosystemen. „Weiter so“ kommt nicht infrage, denn eben diese Haltung hat uns die globale Umweltkrise beschert – mit ihren verschiedenen, sich wechselseitig verschärfenden Trends der Erderhitzung, des Artenschwunds und der Wüstenbildung. Der European Green Deal ist ein stimmiges Gegenrezept.

Um die Klimakrise zu bremsen, müssen wir die Naturzerstörung stoppen

Intakte Ökosysteme speichern CO2. Sie sind auch für den Wasserkreislauf wichtig und widerstehen Dürren ebenso wie Fluten. Sie sind in dem Wortsinne „gesund“, weil sie die Wahrscheinlichkeit klein halten, dass Krankheiten von einer Art auf die nächste überspringen. Sie helfen also, Pandemien zu vermeiden.

Was heute als „konventionelle“ Landwirtschaft gilt, ist dagegen nicht nachhaltig. Der hohe Einsatz von Pestiziden und Kunstdünger reduziert die Biodiversität. Großbetriebe sind zudem energieintensiv. Insbesondere die industriell betriebene Fleisch- und Milchproduktion treibt die globale Erwärmung an. Sie führt auch zu antibiotika-resistenten Krankheitserregern und belastet das Grundwasser mit Nitrat. Europas Landwirtschaft ist – anders als ihre Lobbyorganisationen beteuern – nicht auf Naturschutz ausgerichtet.

Dieser muss aber zum European Green Deal gehören. Ohnehin sind die Ökosysteme von Ländern mit hohen Einkommen oft in besonders schlechtem Zustand. Dieselben Länder haben historisch die meisten Treibhausgasemissionen verursacht. Der ökologische Fußabdruck europäischer Nationen bleibt weiterhin pro Kopf recht groß. Die EU hat deshalb eine globale Pflicht, zu handeln. Ihre Mitgliedsländer haben das mit ihrer Zustimmung zu den Biodiversitätszielen des UN-Gipfels von Kunming/Montreal im Dezember auch bestätigt.

Die biologische Vielfalt der Erde schwindet deprimierend schnell

Laut WWF sind die Populationen von Wildtieren in den vergangenen fünf Jahrzehnten im Schnitt um 69 Prozent zurückgegangen. Laut IUCN sind 42 000 Arten vom Aussterben bedroht.

Es kommt aber nicht nur auf die Zahl der Arten an, sondern auch auf die Bandbreite der verschiedenen Ökosysteme sowie die genetische Vielfalt innerhalb einzelner Arten. Von all diesen Dingen hängt die Widerstandskraft der Natur ab. Sie zu schützen, bedeutet künftigen Generationen einen lebenswerten Planeten zu hinterlassen. Versagen führt dagegen in die Katastrophe.

Das steht wissenschaftlich fest, ist also keine Frage von Ideologie oder Romantik. Handeln ist nötig und kostet auf nationaler und internationaler Ebene Geld. Wenn die europäische Politik Wälder und Feuchtgebiete nicht schützt, kann europäische Diplomatie Partner auf anderen Kontinenten nicht glaubwürdig dazu auffordern, Ökosysteme dort zu schützen. Das Nature Restauration Law muss wie von der Kommission vorgesehen in Kraft gesetzt werden. Der gesamte European Green Deal mag teuer erscheinen – im Vergleich dazu, was Nichthandeln langfristig bedeuten wird, ist er trotzdem preisgünstig. Und lebensbejahend. 

Hans Dembowski ist Chefredakteur von E+Z/D+C.
euz.editor@dandc.eu

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