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Internationale Beziehungen

Afrika lässt sich von Trump nicht beirren

Als die von den USA verhängten disruptiven Zölle im August 2025 weltweit in Kraft traten, gingen viele afrikanische Länder keinesfalls vor Präsident Trump in die Knie. Manche kalibrierten ihre Handelsbeziehungen neu und suchen nun alternative Partner, um ihre Volkswirtschaften am Laufen zu halten. Andere versuchen, die Deal-Mentalität der US-Regierung auszunutzen und verhandeln staatliche Anerkennung, Frieden oder die Garantie für die Fortsetzung von Visa.
Lesotho hat einen beispiellosen zweijährigen „nationalen Katastrophenzustand“ ausgerufen, um seine Wirtschaft neu zu ordnen. picture alliance / Xinhua News Agency / Wang Guansen
Lesotho hat einen beispiellosen zweijährigen „nationalen Katastrophenzustand“ ausgerufen, um seine Wirtschaft neu zu ordnen.

Südafrika, Afrikas größte Volkswirtschaft, wurde mit Zöllen in Höhe von 30 % auf seine Exporte in die USA – seinem drittgrößten Handelspartner nach China und der EU – belegt und restrukturiert derzeit seine Wirtschaft, um die Auswirkungen abzufedern. Der afrikanische Wirtschaftsriese versucht, ein besseres Abkommen mit reduzierten Zöllen auszuhandeln, hat aber auch seine Suche nach alternativen Märkten in Japan, Vietnam, Indien, Thailand, dem übrigen Asien und dem Nahen Osten intensiviert. „Dies ist kein Plan B, sondern Plan A für langfristige Widerstandsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit“, heißt es in einer Regierungserklärung vom 12. August 2025. Man setze auf diese Märkte wegen wachsender Nachfrage, bestehenden Verhandlungen und einer positiven Resonanz auf südafrikanische Produkte.

Den Zollverhandlungen gingen monatelange diplomatische Auseinandersetzungen voraus. Einer der brisantesten Streitpunkte ist ein US-Programm zur Asylvergabe an weiße Südafrikaner*innen, das mit Bedenken hinsichtlich eines neuen Landreformgesetzes in Südafrika begründet wurde. Trumps Anordnung stellt das Gesetz als Menschenrechtsproblem für Afrikaaner*innen dar – während das Programm in Südafrika als rassistisch motivierte Einmischung von außen angesehen wird. Denkwürdig war in diesem Zusammenhang das Treffen zwischen dem südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa und Trump im Weißen Haus im Mai, bei dem Trump Ramaphosa mit unbegründeten Vorwürfen eines Völkermords an weißen Südafrikaner*innen konfrontierte. Einige der Bilder, die Trump Ramaphosa dabei unter die Nase hielt, stammten in Wahrheit von Beerdigungen in der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo).

„Nationaler Katastrophenzustand“

Lesotho, eines der Länder, für das im April der höchste Zollsatz für afrikanische Länder von 50 % angekündigt war, bevor dieser am 31. Juli auf 15 % gesenkt wurde, musste einen beispiellosen zweijährigen „nationalen Katastrophenzustand“ ausrufen, um seine Wirtschaft neu zu ordnen. Die Textilindustrie, in der fast 90 % der Beschäftigten in industriellen Berufen tätig sind, wurde stark beeinträchtigt, da die meisten US-Aufträge aufgrund der zu erwartenden hohen Preise eingefroren wurden.

Handelsminister Mokhethi Shelile sagte, dass 12.000 Arbeitsplätze auf dem Spiel stünden. Schätzungsweise 33.000 Menschen sind im Textilsektor beschäftigt, laut manchen Daten sogar 40.000. Unabhängig davon, welche Zahl zutrifft, ist der Verlust von 30 bis 36 % der Arbeitnehmer*innen im größten Beschäftigungssektor katastrophal für das arme Land. Die Hälfte der rund 2,3 Millionen Einwohner*innen lebt unterhalb der Armutsgrenze, und fast 30 % der Menschen sind bereits arbeitslos.

Anstatt jedoch die Mitleidskarte zu spielen, hat die Regierung den ausgerufenen Notstand genutzt, um Maßnahmen zur Stabilisierung der Wirtschaft und zur Eindämmung von Arbeitsplatzverlusten ergreifen zu können. Sie schafft damit sogar möglicherweise neue Arbeitsplätze im Bauwesen und in der Landwirtschaft. Lesotho ist laut Shelile auch entschlossen, die afrikanische kontinentale Freihandelszone (African Continental Free Trade Area, AfCFTA) zu nutzen, um Exporte in andere Länder Afrikas zu steigern, aber auch nach Asien und Europa. 

„Die Welt ist groß“

Nigeria ist Afrikas zweitgrößte Volkswirtschaft gemessen an der Kaufkraftquote und verkauft hauptsächlich Öl, Düngemittel und Kakao in die USA. Das Land hat auf den Zollsatz von 15 % noch nicht reagiert, beobachtet aber aufmerksam die Schritte der USA hinsichtlich der bevorstehenden, aber unwahrscheinlichen Verlängerung des Africa Growth and Opportunity Act (AGOA), dem Zollbefreiungsprogramm, das den Handel zwischen den USA und Afrika in den vergangenen 25 Jahren gefördert hat. AGOA läuft am 30. September 2025 aus, sofern es nicht zuvor vom Kongress verlängert wird.

Jumoke Oduwole, Ministerin für Industrie, Handel und Investitionen, erklärte, dass Nigeria seinen Exportmarkt diversifiziere, insbesondere im Hinblick auf Brasilien, Japan, China und die Vereinigten Arabischen Emirate, die alle bereits Handelspartnerschaften mit dem westafrikanischen Land unterhalten. „Die Welt ist groß“, sagte sie Anfang August gegenüber CNN, als die Zölle in Kraft traten, und warb für mehr innerafrikanischen Handel durch die AfCFTA, die darauf abzielt, den Kontinent zu einem Binnenmarkt mit mehr als 1,4 Milliarden Menschen in 54 Ländern zu machen.

Es gab bislang noch keine gesamtafrikanische Reaktion, aber Wamkele Mene, Generalsekretär der AfCFTA, betonte gegenüber dem Wirtschaftsnachrichtensender CNBC, dass die afrikanischen Staaten ihre kombinierte Marktgröße nutzen sollten, um bessere Bedingungen mit den USA auszuhandeln. Andere Fachleute erklärten jedoch gegenüber dem Institute of Security Studies in Südafrika, der Versuch, eine gemeinsame Vereinbarung mit 54 Ländern zu erzielen, die jeweils ihre eigenen Interessen und lokalen politischen Realitäten haben, sei „idealistisch” – und die Fortentwicklung der AfCFTA die produktivere Option.

Rohstoffe gegen Frieden

Sie haben durchaus Recht. So hat beispielsweise die DR Kongo, zweitgrößtes Land Afrikas und  belegt mit einem Zollsatz von 15 %, sich nicht öffentlich gegen die Zölle ausgesprochen. Allerdings hat das Land öffentlich um eine Intervention der USA gebeten, um den jahrzehntelangen Konflikt im Land zu beenden, und im Gegenzug lukrative Rohstoffgeschäfte angeboten. Für die DR Kongo, die bereits Milliardeninvestitionen aus China erhalten hat, sind der von den USA unterstützte Friedensprozess und die damit verbundene Stärkung des Regimes von Präsident Félix Tshisekedi sowie weitere Milliardeninvestitionen in den Bergbau wichtiger als ein Aufbegehren gegen die US-Zölle.

Somaliland, die halbautonome Region in Somalia, agiert auf ähnliche, auf Deals ausgerichtete Weise. Somaliland hat den USA im Gegenzug für eine offizielle Anerkennung als Staat Zusammenarbeit in den Bereichen Handel, Militär und Diplomatie angeboten. Somalia ist über diese Annäherungsversuche verärgert, hat aber letztlich dringlichere Probleme zu bewältigen – wie beispielsweise den Mangel an Sicherheit, wirtschaftlicher Stabilität und Entwicklung.

Ruanda scheint den Grundzollsatz von zehn Prozent akzeptiert zu haben und hat sich nicht öffentlich dagegen ausgesprochen. Stattdessen hat es, wie Eswatini, Südsudan und Uganda, angeboten, bei der Aufnahme von Menschen zu helfen, die aus den USA abgeschoben werden. Die BBC berichtete, dass diese nach Ruanda kommenden Abgeschobenen von einer nicht näher spezifizierten finanziellen Unterstützung begleitet werden, aber die Details sind unklar. Es ist unwahrscheinlich, dass Länder, die Abgeschobene aus den USA aufnehmen, beispielsweise um die weitere Verfügbarkeit von US-Visa sicherzustellen, sich an einem afrikaweiten Widerstand gegen die Zölle beteiligen würden.

Letztendlich ist das aber nicht wirklich wichtig, denn Afrika verfügt über ein enormes Potenzial, seine Exportmärkte zu diversifizieren, bessere Konditionen zu erzielen und sich auf den Ausbau des innerafrikanischen Handels durch die AfCFTA zu konzentrieren, um Entwicklung voranzutreiben, Arbeitsplätze zu schaffen und seine Volkswirtschaften anzukurbeln. Jetzt könnte der beste Zeitpunkt sein, um die Dinge in Gang zu bringen.

Alphonce Shiundu ist ein kenianischer Journalist, Redakteur und Faktenchecker.
shiunduonline@gmail.com
X: @Shiundu

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