Entwicklung und
Zusammenarbeit

Westafrika

Trump ermutigt afrikanische Despoten

Die neue Regierung in Washington streicht die Entwicklungshilfe (ODA – Official Development Assistance) und agiert autoritär. Der ghanaische Politikwissenschaftler Vladimir Antwi-Danso beurteilt im Gespräch mit Hans Dembowski die Folgen für sein Land und seine Weltregion.
Trauer um USAID in Washington. picture alliance/Sipa USA/Aaron Schwartz Trauer um USAID in Washington.

US-Präsident Donald Trump will die bilaterale Geberinstitution USAID abschaffen. Ihre Geldmittel wurden eingefroren. Was bedeutet das für Ghana?

Es ist schlimm. Unsere Regierung hat nach einer schweren Finanzkrise kaum Geld. Viele öffentliche Dienstleistungen hängen von Entwicklungshilfe (ODA – Official Development Assistance) ab. Da USAID bislang vermutlich die wichtigste bilaterale Geberagentur ist, werden sehr viele Menschen die Einschnitte spüren.

Samantha Power, die unter Präsident Joe Biden USAID leitete, sagt, dass etwa 50 Prozent des USAID-Budgets von rund 40 Milliarden Dollar für das Gesundheitswesen auf internationaler Ebene und in vielen verschiedenen Ländern aufgewendet wurden.

Ich kenne die genaue Quote für Ghana nicht, aber viele Aktivitäten im Gesundheitswesen hängen tatsächlich von USAID ab. Diese Behörde hat zum Beispiel Aufklärungsarbeit zu Covid-19, Ebola und HIV/Aids finanziert. Sie hat Krankenhauspersonal fortgebildet und auch den Bau von Kliniken unterstützt. Sie hat noch viel mehr getan. Wichtig ist auch die medizinische Forschung, die mit ihrem Geld gemacht wurde. Das Ziel war, unsere Gesundheitsprobleme besser zu verstehen und Lösungen zu finden. Wenn diese Arbeit aufhört, können unsere Ärzte uns weniger gut helfen. Künftige Gesundheitskrisen werden in Ghana also schlimmer, weil sie uns unvorbereitet treffen.

Der Stopp der ODA-Mittel ist illegal. US-Präsidenten haben weder die Vollmacht, Haushaltsentscheidungen des Kongresses zu ändern noch Institutionen abzuschaffen, die der Kongress geschaffen hat. Ursprünglich wurde USAID per Erlass gegründet, aber der Kongress hat das später gesetzlich festgeschrieben. Vielleicht fließt das Geld bald wieder. Teilweise hat ein Gericht Trumps Einschnitte bereits gestoppt.

Ja, aber niemand weiß, für wie lang und wie viel danach noch fließt, und ob USAID überhaut weiterbesteht. Trump tut so, als stehe er über dem Gesetz und testet, was er so erreichen kann. Er handelt erratisch und ist stolz auf seine Unberechenbarkeit. Er weiß vermutlich nicht, was er hier auslöst, und es ist ihm offensichtlich egal. Schäden gibt es nicht nur im Gesundheitswesen. ODA-Geld ist auch in unserem Bildungswesen wichtig. In Ghanas Norden, der ärmsten Gegend, brauchen viele Menschen Lebensmittelhilfe. All das ist jetzt blockiert oder in der Schwebe. Voraussichtlich werden Menschen sterben. Trumps ODA-Politik destabilisiert unseren Staat, und das ist in vielen anderen Ländern mit niedrigen und niedrigen mittleren Einkommen genauso, wenn sie bisher von USAID unterstützt wurden.

Früh in Trumps erster Amtszeit verglich Trevor Noah, der südafrikanische TV-Kabarettist, der in den USA weltberühmt wurde, in einem sehr witzigen Filmchen Trump mit autoritären und korrupten afrikanischen Spitzenpolitikern. Erkennen Sie Ähnlichkeiten? 

Ja, manche Parallelen fallen wirklich auf. Dazu gehört das absurde Gebaren als starker Herrscher, der alles und jedes im Griff hat, oder auch die Neigung, sich mit Günstlingen zu umgeben, die nur sagen, was der Chef hören will. Der Personenkult um Trump erinnert jedenfalls an afrikanische Despoten. Dazu passt auch, dass Trumps Äußerungen oft inkohärent und sogar unplausibel sind. So etwas untergräbt den Anspruch auf Rechenschaftspflicht. 

Es gibt aber auch Unterschiede. Trump ist transaktional in dem Sinne, dass er gerne irgendwelche Deals abschließt, die er dann als Riesenerfolge feiert. Außerdem will er Institutionen abreißen, während afrikanische Autokraten Institutionen benutzen wollen. Sie wissen, dass sie ohne sie nicht viel erreichen können. Also versuchen sie, sie zu manipulieren, aber nicht zu zerstören.

Ermutigt Trump afrikanische Autokraten?

Selbstverständlich. Sie mögen sein „America first“. Das macht es ihnen leicht, Nationalismus im Sinne von „Simbabwe zuerst“ oder „Burkina Faso zuerst“ zu propagieren. Ihnen gefällt auch, dass die internationale Aufmerksamkeit für ihre Länder in der neuen Trump-Ära abnimmt. Globale Standards, multilaterale Abkommen und supranationale Allianzen werden weniger wichtig. Trump greift sogar den Internationalen Strafgerichtshof an, den sie fürchten und entsprechend hassen. 

Sie nannten eben Burkina Faso. In einem früheren Interview sagten Sie mir 2023, die Militärputsche dort sowie in Mali und Niger seien keine gewöhnlichen afrikanischen Staatsstreiche. Sie betonten, die Juntas hätten nicht die Macht ergriffen, um sich zu bereichern, sondern um zerfallende Staaten zu stabilisieren. Sehen Sie das jetzt anders?

Nein, das stimmt im Großen und Ganzen. In den Augen ihrer Bürger und Bürgerinnen haben diese Militärregime hohe Legitimität. In vielerlei Hinsichten hatten gewählte Regierungen versagt. Die Leute hatten keine Perspektiven. Sie sahen nicht, dass ihre Länder sich auf eine Weise entwickelt hätten, die ihnen neue Entfaltungsmöglichkeiten gebracht hätte. Das hatte die Politik aber versprochen. Zugleich nahm die dschihadistische Gewalt zu. Dass Entscheidungstragende sich offensichtlich an Frankreich orientierten, während französische Truppen, die bei der Aufstandsbekämpfung helfen sollten, mit ebenso arroganter wie ignoranter Brutalität agierten, näherte die Wut weiter. Die drei Länder sind heute wieder stabiler, obwohl der islamistische Terror gefährlich bleibt. 

Dennoch sind Sie nicht für diese Militärregime, oder?

Regierungen müssen eine Rechenschaftspflicht gegenüber dem Volk haben, und für Militärregime gilt das per Definition nicht. Selbst wenn sie mit guten Absichten starten, kann sich ihre Haltung schnell ändern. Außerdem können Spannungen innerhalb der Truppen leicht zum nächsten Coup führen. Dieses Risiko halte ich zum Beispiel in Mali für relativ groß, weil es im Militär ethnische Spannungen gibt. 

Trotz alldem hat die regionale Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS (Economic Community of West African States) nicht klug auf die Coups reagiert. Sie hat die neuen Regime sogar gestärkt, weil der Eindruck entstand, die ECOWAS agiere im Sinne Frankreichs und anderer westlicher Länder. Es war auch von Anfang an klar, dass die Militärintervention, die manche ECOWAS-Spitzenleute vorschlugen, gar nicht möglich war. Diese drei Länder brauchten keine Sanktionen, sondern Hilfe im Kampf gegen den Terrorismus. Meine klare Einschätzung ist, dass die ECOWAS militärische Unterstützung hätte leisten sollen – und dass solch eine Politik vermutlich immer noch klug wäre, um die Beziehungen wieder zu reparieren.

Aber Mali, Burkina Faso und Niger sind doch inzwischen aus der ECOWAS ausgetreten. 

Offiziell ja, aber die Debatte ist nicht zu Ende, und für die kommenden drei Monate ist sogar eine Option des Umdenkens vereinbart. Wir brauchen dringend westafrikanische Kooperation und Solidarität. Vielen westlichen Beobachtern ist gar nicht klar, dass regionale Integration hier wichtiger ist als in der Europäischen Union. Unsere ethnischen Gemeinschaften leben typischerweise in Gebieten, die zu mehr als einem Staat gehören. Das gilt zum Beispiel für die Hausa-Fulani, die mit ihren Herden seit Jahrhunderten in der gesamten Sahelzone von Mali im Westen bis Niger und Nigeria im Osten umherziehen. Sie fühlen sich ihrer Volksgruppe mehr verbunden als irgendeinem Staat. Manche von ihnen haben keine Papiere, sie gehören formal also zu gar keinem Staat.

Im abgelegenen ländlichen Raum spielen Behörden ohnehin keine Rolle, sodass gemeinhin von unregierten Gegenden die Rede ist. Der Zusammenhalt der jeweiligen Gemeinschaften ist dort aber über Staatsgrenzen hinweg stark. Die Menschen spüren im Alltag den Austritt aus der ECOWAS gar nicht. Ich finde, die ECOWAS sollte sich darum bemühen, die Beziehungen zu den drei Militärregimen wieder herzustellen. Sie wurden zwar nicht gewählt, sie genießen aber das Vertrauen der Menschen und sie versuchen Schäden zu reparieren, für die gewählte Regierungen verantwortlich waren. Je besser die Zusammenarbeit läuft, desto kleiner wird die Wahrscheinlichkeit, dass diese drei neuen Militärregime zu den Verhaltensmustern zurückkehren, an die mich Donald Trump erinnert. 

Vladimir Antwi-Danso ist seit kurzem im Ruhestand und war zuvor der Dekan der ghanaischen Streitkräfte-Hochschule (GAFCSC). 
vladanso@yahoo.com