Teenager
Große Nachfrage
Die Schule befand sich in dem Geschäftsviertel Akwa im Zentrum der Millionenstadt Douala. Bis zu 80 Schüler füllten recht enge Klassenräume. Es war sehr heiß und der Geräuschpegel enorm. In dieser Atmosphäre nahmen wir acht DUCA Kollegen unsere Arbeit auf.
Mit Schülern aller Stufen diskutierten wir über Pubertät, den männlichen und weiblichen Körper, Frühschwangerschaften, Abtreibungsrisiken, Geschlechtskrankheiten und Verhütungsmethoden. In „causeries éducatives“ (lehrsame Gesprächsrunden) setzten wir uns mit den Fragen der Jugendlichen auseinander. Es ging darum, dass Plastiktüten kein Ersatz für Kondome sind. Oder darum, dass manche Lehrer Schülerinnen zu sexuellen Gefälligkeiten drängen und andernfalls mit schlechten Noten drohen. Wir redeten über den Freund, der an HIV/AIDS erkrankt ist, und Schülerinnen, die in der Schule nicht mehr gesehen wurden, seit bekannt wurde, dass sie ein Kind erwarten.
Wer schwanger wird, kann die Schulausbildung meist nicht abschließen und tut sich schwer, jemals eine berufliche Perspektive zu finden. Dieses Schicksal ist typisch für die jungen Frauen, die bei DUCA Rat und Hilfe suchen. Viele haben in jungen Jahren schon mehrere Kinder – und tragen allein die Verantwortung. Wenn sie Glück haben, kümmert sich die Verwandtschaft zeitweise um die Kinder, damit die jungen Frauen doch noch eine Berufsausbildung machen können.
Junge Menschen in Kamerun wissen nicht viel über Verhütungs- und Gesundheitsfragen. Jugendliche werden in der Regel weder von ihren Eltern, in der Schule noch anderswo kompetent über Sexualität aufgeklärt. In der Familie ist das Thema tabu, und Lehrpläne sehen es nicht vor. Das hat mit der Haltung der Kirche zu tun, die sich resolut für Abstinenz ausspricht.
Also suchen sich die Jugendlichen Informationen anderswo – im Internet und im Freundeskreis. Frühschwangerschaften sind verbreitet. Viele betroffene Mädchen fürchten soziale Stigmatisierung und suchen die Lösung in illegalen Abtreibungen. Einige sterben daran oder erkranken ernsthaft. Auch die Ausbreitung von Geschlechtskrankheiten wie HIV ist eine Folge der mangelnden Aufklärung und der Tabuisierung sexueller Themen.
Im Unterricht luden wir dazu ein, schriftlich anonyme Fragen zu stellen – und diskutierten die Antworten in offenen Gesprächsrunden. Ein großes Thema war die Angst davor, sich auf HIV oder eine andere Geschlechtskrankheit testen zu lassen. Viele unserer jungen Gesprächspartner waren sich über ihren Gesundheitsstatus unsicher. Nur wenige hatten sich je auf eine Geschlechtskrankheit testen lassen und wussten, woran man sie erkennt oder was bei einer Erkrankung zu tun ist. Häufig gefragt wurde auch, inwiefern man seinem Partner treu sein sollte und welche Risiken die in Kamerun noch sehr verbreitete Polygamie birgt.
Einige Jugendliche diskutierten auch Tipps, wie man auf lange Sicht abstinent bleiben könne. An der Absicht ist nichts auszusetzen. Es ist aber problematisch, den Jugendlichen nur Abstinenz als Handlungsperspektive einzutrichtern. Das dies nicht funktioniert, ist allein schon an den zahlreichen Frühschwangerschaften zu erkennen.
Das Durchschnittsalter für erste sexuelle Erfahrungen ist in Kamerun offenbar vergleichsweise niedrig. Weil sie keine Ahnung davon haben, wie ihre Körper funktionieren und welche Konsequenzen möglich sind, gehen viele Jugendliche große Risiken ein. DUCA besteht deshalb darauf, dass Aufklärung trotz der kirchlichen Enthaltungsdoktrin nötig ist. Das Interesse der Schüler am Sexualkundeunterricht gibt DUCA recht.
Marie Pardey war von August 2011 bis August 2012 als weltwärts-Freiwillige Mitarbeiterin von DUCA in Douala, Kamerun. Marie.Pardey@gmx.de