ZFD

Hilfe in Krisenzeiten

Zivile Konfliktbearbeitung kann dabei helfen, Menschen in Krisengebieten, auf der Flucht und nach ihrer Rückkehr in die Heimat ein friedvolles Miteinander zu ermöglichen. Sie wirkt vor allem an der Basis der Gesellschaft: Hier analysieren Menschen Konflikte, bringen die Beteiligten an den Verhandlungstisch, entwickeln gewaltfreie Lösungen und verhindern so Gewaltausbrüche bereits im Vorfeld.
Nach erfolgreicher Mediation feiern die Konfliktparteien in Burundi  die Einigung mit einer Zeremonie. WFD Nach erfolgreicher Mediation feiern die Konfliktparteien in Burundi die Einigung mit einer Zeremonie.

„Unsere Erfahrungen zeigen, dass zivile Konfliktbearbeitung Menschen vom Weg der Gewalt abbringt. Daher fördern wir mit unseren einheimischen Partnern den Frieden vor Ort“, sagt Martin Vehrenberg, Sprecher des Konsortiums Ziviler Friedensdienst (ZFD). „Wir tragen so dazu bei, dass Menschen ihre Heimat nicht unfreiwillig verlassen müssen. Wenn sie dennoch vor Gewalt fliehen, helfen wir, die Folgen für alle Beteiligten zu mildern und weitere Gewalt zu verhindern.“ Die folgenden Beispiele aus der Arbeit des ZFD (siehe Kasten) zeigen, wie das gelingen kann.


Afghanistan: Perspektiven schaffen

Afghanistan ist auch nach vielen Jahren internationaler Militärpräsenz von Gewaltkonflikten und schweren Menschenrechtsverletzungen geprägt. Etwa 64 Prozent der Afghanen sind unter 25 Jahre alt. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, und viele Jugendliche sehen in eine ungewisse Zukunft. Lokale zivilgesellschaftliche Organisationen unterstützen sie dabei, ihre Situation und ihr Umfeld positiv zu verändern. Das Ziel: Verantwortung für sich, die Gesellschaft und das Land zu übernehmen und die Zukunft aktiv mitzugestalten.

Die New Leaders Platform in Mazar-e-Sharif beispielsweise trainiert Jugendliche ein halbes Jahr lang in staatsbürgerlichem Bewusstsein, Führungskompetenz und gewaltfreier Konfliktbearbeitung. „Die Jugendlichen werden in die Lage versetzt, eigene Probleme und die von Menschen in ihrem Umfeld zu lösen“, sagt Andreas Selmeci, Programmkoordinator des ZFD in Afghanistan. „Wir stärken die Jugendlichen, sich zu vernetzen und für ihre eigenen Interessen und die Rechte anderer einzutreten.“

Die Initiative hat Erfolg: Die rund 100 Jugendlichen der Plattform haben bereits zahlreiche gemeinnützige Initiativen gestartet. So organisierten sie Veranstaltungen zum Internationalen Frauentag, kümmerten sich um Geflüchtete in Mazar-e-Sharif und besuchten Opfer von Anschlägen im Krankenhaus. Einige Jugendliche haben mittlerweile eine Anstellung in Nichtregierungsorganisationen oder in staatlichen Einrichtungen gefunden. Ihre Ausbildung und ihr Engagement zeichneten sie aus.


Mexiko: Menschenrechte wahren

Auf der Flucht sind Menschen schutzlos und auf die Hilfe anderer angewiesen. Häufig werden sie Opfer von Gewalt. Seitdem in Mexiko der ehemalige Präsident Felipe Calderón den Drogenkartellen den Krieg erklärte, versinkt das Land in Gewalt.

Menschenrechtsverletzungen sind an der Tagesordnung, auch in der Strafjustiz. Besonders schutzlos sind Migranten, die Mexiko durchqueren, um in die USA zu gelangen. Schätzungsweise 400 000 Menschen wagen diese Route jährlich.

Unterstützung erfahren sie in den wenigen Migrantenherbergen entlang der Route. Dort erhalten sie humanitäre Hilfe sowie psychologischen und juristischen Beistand – auch das ist eine Form ziviler Konfliktbearbeitung.

Die Herbergen werden von lokalen Gruppen getragen. Sie machen sich auch öffentlich für die Rechte der Geflüchteten stark und dokumentieren Menschenrechtsverletzungen. Dieses Engagement ist lebensgefährlich. „Wenn man in diesem Land mit Migrantinnen und Migranten arbeitet, trägt man nahezu das gleiche Risiko wie sie selbst“, sagt Alberto Xicotencátl, Leiter der Migrantenherberge in Saltillo im nordöstlichen Bundesstaat Coahuila. „Wir erhalten Morddrohungen, wir werden angegriffen und mit Waffen bedroht.“

Es ist schwer, trotz der Bedrohungen den Mut zu bewahren und weiterzumachen. Durch internationale Begleitung, Lobbyarbeit und Trainings zum Umgang mit der Bedrohung können die Menschenrechtsverteidiger jedoch in relativer Sicherheit arbeiten. Allein die Präsenz internationaler Fachkräfte wie die des ZFD schützt sie.


Libanon: Zuflucht ermöglichen

Bar Elias ist eine libanesische Kleinstadt an der Grenze zu Syrien. Die Menschen hier haben zahlreiche Geflüchtete aufgenommen, doch die Stadt ist auf diesen Zuwachs nicht vorbereitet: Es gibt zu wenig Wohnraum, Arbeitsplätze, Kitas und Schulen. Hinzu kommen Energie-, Wasser- und Abfallprobleme. Das Klima ist angespannt.

Durch Maßnahmen ziviler Konfliktbearbeitung sollen die Spannungen zwischen Einheimischen und Geflüchteten abgebaut werden. Dazu werden gezielt Personen aus allen Gruppen für die Gemeindearbeit ausgebildet und dabei unter anderem in gewaltfreier Konfliktbearbeitung geschult. Sie sind in ständigem Dialog mit allen Beteiligten. Sie schaffen Räume, in denen Einheimische und Geflüchtete ihre Ängste und Nöte ansprechen können. Sie finden gemeinsam konkrete Ansatzpunkte, wie das Zusammenleben verbessert werden kann, und packen bei der Umsetzung mit an.

Auf diese Weise wurde beispielsweise ein Recyclingprojekt aus der Taufe gehoben, in dem Syrer und Libanesen zusammenarbeiten. Hier kommen sie miteinander in Kontakt und lernen die Perspektive der anderen Seite kennen. Das erleichtert nicht nur das Zusammenleben, sondern schafft auch die Voraussetzungen dafür, dass Konflikte angesprochen und gelöst werden können. Der wirtschaftliche Gewinn des Projekts kommt der Gemeinde zugute.


Burundi: Rückkehr erleichtern

Wer nach der Flucht in die Heimat zurückkehrt, wird mit ehemaligen Tätern konfrontiert, mit zerstörten Häusern und unsicheren Perspektiven – und oft auch mit Ressentiments der Daheimgebliebenen. Burundi ist seit seiner Unabhängigkeit von gewaltsamen Konflikten geprägt, die immer wieder Flucht, Vertreibung und auch Rückkehr zur Folge haben. Dies führt vielfach zu Landkonflikten, wie Emmanuel Niba­yubahe, Geschäftsführer des ZFD-Partners MI-PAREC, berichtet: „Die Rückkehrer – oftmals handelt es sich um die zweite Generation – fordern die zurückgelassenen Grundstücke zurück, die in der Regel inzwischen von der daheimgebliebenen Bevölkerung übernommen und bewirtschaftet wurden. Das führt zu zahlreichen und oft schweren Konflikten.“

Lokale Friedenskomitees, die von Fachkräften des ZFD unterstützt werden, bringen verfeindete Menschen an einen Verhandlungstisch, um einen friedlichen Interessenausgleich zu erreichen. Mit Erfolg – wie ein Beispiel aus der Provinz Nyanza Lac im Süden Burundis zeigt: Familie Mpigiyeko hatte das Grundstück von Familie Nyabenda übernommen, als diese nach Tansania geflüchtet war. Als die Nyabendas 2015 zurückkehrten, forderten sie ihr Land zurück, die Mpigiyekos verweigerten jedoch die Rückgabe. Auch die staatliche Landrechtskommission konnte den Streit nicht schlichten. Daraufhin wurde das Friedenskomitee von Nyanza Lac aktiv. Es gab neue Verhandlungen und schließlich eine Lösung, mit der beide Familien leben können: Das Grundstück wurde zwischen ihnen aufgeteilt und damit der Grundstein für eine friedliche Nachbarschaft gelegt.


Martina Rieken koordiniert die Öffentlichkeitsarbeit des Konsortiums Ziviler Friedensdienst.
kontakt@ziviler-friedensdienst.org


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Broschüre zum Thema ZFD und Flucht:
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