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EU

Migrationsverhinderungspolitik

Die europäischen Staaten versuchen, die Migration aus Afrika mit vielen Maßnahmen zu begrenzen. Dies kritisieren afrikanische Länder wie Uganda, das selbst einen großen Teil der weltweiten Flüchtlinge aufnimmt, wie Simone Schlindwein und Christian Jakob in einem gerade erschienenen Buch beschreiben.
Erute-Flüchtlingscamp in Lira, Uganda. Die Zelte wurden vom Roten Kreuz Uganda gespendet. Ton Koene/Lineair Erute-Flüchtlingscamp in Lira, Uganda. Die Zelte wurden vom Roten Kreuz Uganda gespendet.

Anders als Medienberichte vermuten lassen, spiele die Migration von Afrika nach Europa zahlenmäßig eine nur untergeordnete Rolle, betonen die Autoren. 2016 waren es gerade einmal 181 000 Afrikaner, die den gefährlichen Weg über das Mittelmeer nach Europa wagten. Doch seit der sogenannten europäischen Flüchtlingskrise 2015 schürten europäische Politiker die Angst, dass diese Zahl in den nächsten Jahren und Jahrzehnten rasant steigen könnte. Die Journalisten Schlindwein und Jakob kritisieren die derzeitige Afrikapolitik der europäischen Länder scharf.

Laut den Autoren versuchen die Europäer und vor allem auch Deutschland fast 50 Jahre nach Aufgabe der letzten afrikanischen Kolonien, den Kontinent immer noch nach eigenen Interessen zu gestalten. Ziel sei eine sogenannte „Migrationsverhinderungspolitik“, die die EU mit fragwürdigen Mitteln und oft unter dem Deckmantel der Entwicklungszusammenarbeit umzusetzen versuche. Hierfür würde die EU sowohl mit autoritären Regimen wie in Eritrea oder im Sudan zusammenarbeiten als auch auf immer mehr Grenzsicherungen zwischen den einzelnen afrikanischen Staaten drängen, um Migranten am Weiterkommen Richtung Mittelmeer zu hindern.

Am Beispiel von Westafrika beschreiben Schlindwein und Jakob, wie in den vergangenen Jahren mit Unterstützung der EU immer modernere Grenzposten zwischen den einzelnen Ländern entstanden sind, die das Reisen innerhalb Afrikas erschweren. Die afrikanischen Staaten kooperierten mit der EU entweder aus wirtschaftlicher Abhängigkeit oder weil auch in der afrikanischen Bevölkerung die Angst vor Terrorismus und damit die Forderungen nach mehr Sicherheit und besser bewachten Grenzen zunähmen.

Dabei sei Migration in Afrika kein neues Phänomen, versichern die Journalisten. Unterschiedlichste Gründe von purer Abenteuerlust bis zu großer Not bewegten Menschen seit jeher dazu, ihre Heimat zeitweise oder für immer zu verlassen, um anderswo zu leben oder zu arbeiten. Meist versuchten die Menschen ihr Glück in Nachbarländern. So zögen in Afrika derzeit die meisten Menschen von Burkina Faso in die benachbarte Elfenbeinküste. Die Autoren informieren, dass die Afrikanische Union bis 2018 eine Visafreiheit innerhalb Afrikas plane. Gerade aufgrund der langen Migrationstradition hätten die wenigsten afrikanischen Staatschefs für die „Festung Europa“ Verständnis. Trotz aller wirtschaftlicher Abhängigkeit gäbe es für die afrikanischen Staaten auch „rote Linien“, wie Schlindwein und Jakob zeigen.

Eine Maßnahme, die bisher alle afrikanischen Staaten ablehnten, sind die sogenannten EU-Laissez-Passers. Die EU möchte diese Papiere ersatzweise ausstellen, wenn Menschen keinen gültigen Pass bei sich tragen. Dies würde der EU viele Abschiebungen erleichtern, die ohne einen Pass nicht möglich sind. Für die afrikanischen Länder wäre dies aber ein Eingriff in ihre staatliche Souveränität.

Auch Rücknahmeabkommen mit der EU sehen laut den Autoren viele Länder kritisch. Bislang habe solch ein Abkommen außer Kap Verde noch kein Staat im südlichen Afrika unterzeichnet. Rücknahmeabkommen sollen sicherstellen, dass abgelehnte Asylbewerber unkompliziert in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden können. Die Afrikaner hingegen fordern Schlindwein und Jakob zufolge Visaerleichterungen, sodass zumindest einige wenige Arbeitsmigranten legal nach Europa einreisen dürften. Darauf lässt sich die EU bislang nicht ein.

Als positives Beispiel nennen die Autoren Uganda, das sich weigert, seine Grenzen für Flüchtlinge zu schließen. Das ostafrikanische Land beherbergt mittlerweile das größte Flüchtlingslager der Welt und gewährt 1,3 Millionen Flüchtlingen Schutz. Viele Mitglieder der jetzigen Führungselite, darunter auch Präsident Yoweri Museveni, sind selbst in Flüchtlingslagern groß geworden. Museveni kritisiere die Flüchtlingspolitik der EU und zeige sich als Integrationsvorreiter: In Uganda können sich Flüchtlinge dauerhaft niederlassen und sofort einer Arbeit nachgehen.


Buch
Jakob, C., und Schlindwein, S., 2017: Diktatoren als Türsteher Europas. Wie die EU ihre Grenzen nach Afrika verlagert. Berlin, Ch. Links Verlag.

Link
Taz-Projekt: Migrationskontrolle:
https://migration-control.taz.de/#de

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