Lebensmittelpreise

Koalition der Sorgenden

Angesichts der rapiden Inflation bei Nahrung auf dem Weltmarkt, schlagen IFRPI-Experten vor, globale Getreidereserven und eine „Nahrungsbank“ beim IWF zur Finanzierung von Importen in arme Länder einzurichten.

Joachim von Braun, der Direktor des International Food Policy Research Institute (IFPRI) in Washington, meint, dass die jüngste Krise eine Schwachstelle in der Architektur der Global Governance aufzeigt. Gegenüber der Londoner Financial Times schlug er kürzlich eine „Koalition der Sorgenden“ vor. Diese solle aus den G8 und wichtigen Agrarexporteuren wie Brasilien bestehen.

In einer aktuellen Studie konkretisieren von Braun und IFPRI-Kollegen die Forderungen nach einer „neuen internationalen Architektur“ für die Themen Landwirtschaft, Lebensmittel und Ernährung: Demnach sollen die Hauptproduzenten von Getreide Mindestrücklagen bilden, auf die importabhängige Länder im Notfall zu stabilen Preisen zugreifen können. Auch die Einrichtung einer „Nahrungsbank“ unter Aufsicht des Internationalen Währungsfonds (IWF) sei sinnvoll, um die Finanzierung solcher Importe sicherzustellen. Zudem fordern die Experten die Reform der internationalen Nahrungsmittelhilfekonvention (Food Aid Convention), die immer wieder als machtlos kritisiert wird. Als sofortige Nothilfe muss laut IFPRI mehr Geld und Nahrung bereitgestellt werden (siehe auch Essay von Heidemarie Wieczorek-Zeul auf S. 250). Besonderes wichtig sei das Mikrokreditwesen. Denn private Geldhaie beuteten häufig hungrige Arme aus. Zudem empfehlen die Wissenschaftler Afrika das „traditionelle Paket der Grünen Revolution“: Saatgut, Dünger und Agrarkredite. Grundsätzlich fordern sie mehr Investitionen in
– die Entwicklung des ländlichen Raums,
– die Agrarforschung und
– das landwirtschaftliche Versicherungswesen (etwa gegen Ernteausfälle).

Das IFPRI-Team spricht sich gegen Exportverbote aus, wie sie beispielsweise China zum Selbstschutz auf Reis und Mais verhängt hat. Derlei treffe importabhängige Staaten hart, verhindere Investitionen und fördere das Entstehen von Kartellen und Protektionismus. Würden bestehende Exportverbote aufgehoben, dürfte das nach Meinung der Forscher aktuelle Preise um mindestens 30 Prozent senken.

Eine weitere IFPRI-Forderung ist, die Produktion von Biotreibstoffen zumindest auf dem jetzigen Level einzufrieren oder sogar zu reduzieren. Sie schlagen auch ein Moratorium für Treibstoffe aus Getreide und Ölsamen vor. Zugleich müsse mehr Geld in die Entwicklung von Bioenergie-Technologien fließen, damit diese nicht mehr mit der Nahrungsproduktion konkurrierten.

Sarah Schmitz