Management von Quellgebieten

Rettet die Quellen im Himalaya

In der Hindukusch-Himalaya-Region liefern viele Quellen weniger Wasser als üblich. Es muss verhindert werden, dass sie austrocknen – mit Hilfe der Bevölkerung vor Ort.
Quelle im indischen Bundesstaat Himachal Pradesh. Nand Kishor Agrawal/ICIMOD Quelle im indischen Bundesstaat Himachal Pradesh.

Phulmaya Devi lebt im Dorf Phulbari im zentralen Süden Nepals. Im Dorf ist die ältere Frau als „Spring Aama“ („Mutter der Quellen“) bekannt. Sie hatte erkannt, dass die örtlichen Quellen bald versiegen würden, wenn sich niemand um sie kümmert. Also besuchte Phulmaya Devi eine entsprechende Schulung, reaktivierte die Quellen – und inspirierte andere Dörfer dazu, es ihr gleichzutun.

Im ganzen Himalaya tun sich Menschen zusammen, um Quellen wiederzubeleben – mit wenig mehr als einer rudimentären Ausbildung, etwas technischer Unterstützung und vor Ort mobilisierten Finanzmitteln. In dem Dorf Khetikhan in Nordindien etwa hat eine Frauengruppe eine Quelle vor dem Versiegen bewahrt, indem sie deren Einzugsgebiet schützte. Eine lokale Nichtregierungsorganisation (NGO) unterstützte sie dabei. Die Tatsache, dass dadurch mehr Wasser vorhanden war, brachte den Dorfvorsteher dazu, eine Leitungswasserversorgung mit Wasseranschlüssen für Haushalte zu planen.

Quellen sind für die Bevölkerung im Himalaya wichtig

Die Menschen im Himalaya brauchen ihre Quellen – für den Haushalt, zur Bewässerung und auch aus kulturellen Gründen. In der Bergregion gibt es kaum Alternativen. Meist holen Frauen das Wasser; sie müssen dazu oft weit laufen und das Wasser bergauf schleppen. Einige Gemeinden pumpen zwar Flusswasser ab, aber das ist teuer, energieintensiv und in vielen abgelegenen Siedlungen kaum möglich.

Für die Hindukusch-Himalaya-Region – Afghanistan, Bangladesch, Bhutan, China, Indien, Myanmar, Nepal und Pakistan – ist der Zustand der Quellen nicht umfassend dokumentiert. Schätzungen zufolge versorgen etwa 9 Millionen Quellen dort mehr als 100 Millionen Menschen. Jede Quelle in einem bewohnten Gebiet liefert Wasser für vermutlich mindestens zehn Haushalte.

Während der Trockenzeit, die bis zu acht Monate dauern kann, fließt aus den meisten Quellen mindestens ein Liter pro Minute. Konservativen Schätzungen zufolge liegen etwa die Hälfte der Quellen in der Nähe menschlicher Siedlungen. Demnach würden 4,5 Millionen Quellen täglich etwa 6 500 Millionen Liter Wasser liefern.

Quellen trocknen aus

Laut NITI (National Institution for Transforming India) Aayog, dem Thinktank der indischen Regierung, waren 2018 etwa die Hälfte der 3 Millionen Quellen in der indischen Himalaya-Region versiegt oder gaben weniger Wasser. In Bhutan ergab 2022 eine Analyse von mehr als 6 500 Wasserquellen, dass etwa 35 Prozent versiegten. In Nepal ist es ähnlich, dort betrifft es rund zehn Millionen Menschen, die auf Quellen angewiesen sind.

Quellen versiegen unter anderem deshalb, weil Becken, die einst Wasser speicherten oder als Viehsuhle dienten, verfallen sind. Auch sind in der Hindukusch-Himalaya-Region viele Fachleute nur dafür ausgebildet, die Infrastruktur für Wasserversorgung zu planen; nicht aber dafür, Wasserressourcen oder Einzugsgebiete zu schützen.

Weitere Gründe für das Versiegen von Quellen sind:

  • die Klimakrise und Veränderungen im Wetter, vor allem unregelmäßiger Regen und Schnee,
  • Entwaldung,
  • der Ausbau der Straßeninfrastruktur,
  • Grundwasserentnahme und
  • natürliche Ursachen wie Erdbeben.

Im Vergleich zu einem ganzen Wassereinzugsgebiet, das leicht 400 Hektar umfassen kann, sind Quellgebiete mit etwa einem bis fünf Hektar eher klein. Deshalb werden sie leicht vernachlässigt, wenn es um wichtige Wasserquellen im größeren Kontext von Flüssen, Wassereinzugsgebieten und Grundwasserleitern geht.

Es sollte für Regierungen und Gemeinden oberste Priorität haben, einer weiteren Verschlechterung der Situation vorzubeugen – schnell und in großem Umfang. Allerdings fehlt es oft an Finanzierung und technischen Fähigkeiten. Auch Bürokratie, Hierarchien und politische Prioritäten spielen eine Rolle. Oft setzen Regierungen lieber auf schnelle technische Lösungen als auf Prävention – obwohl es eine drohende Wasserkrise abzuwenden gilt.

Erfolgreiche Ansätze weiterverbreiten

Es braucht dringend besseres Quellgebietsmanagement. Dabei handelt es sich um ein neues Fachgebiet, das sich sowohl mit den Quellen selbst beschäftigt als auch mit dem Grundwasserbereich, aus dem sich die Quellen speisen. Der Umgang mit Quellgebieten stellt ganz andere Anforderungen als der mit Wassereinzugsgebieten, weil Hydrogeologie unter der Erde anders funktioniert als an der Oberfläche. Beispielsweise können Verbesserungen bei Wassereinzugsgebieten dazu führen, dass mehr Grundwasser gespeichert wird – nur fließt es eben nicht unbedingt zu einer bestimmten Quelle. Es ist deshalb gut, dass die indische Regierung in ihren jüngsten Richtlinien für Wasser­einzugsgebiete auch Quellgebiete explizit berücksichtigt – wenn auch meist aus der Perspektive von Einzugsgebieten.

Überhaupt zeigen die Regierungen der Länder der Hindukusch-Himalaya-Region durchaus Einsatz: Sie entwerfen Budgets und Pläne und können Erfolgsgeschichten vorweisen. Allerdings konzentrieren sie sich meist auf bereits versiegende Quellen. Wenn sie nicht genauso auf Prävention achten, könnten noch etliche weitere Quellen vertrocknen. Derzeit trocknen die Quellen jedenfalls schneller aus, als sie reaktiviert werden.

Prävention ist entscheidend

Damit Quellen nicht versiegen, muss das Land nachhaltig bewirtschaftet werden. Es reicht nicht aus, Quellgebiete einfach mit Zäunen zu schützen und dort Bäume zu pflanzen. Vielmehr gilt es auch, Gebiete zu identifizieren, in denen Grundwasser in den Boden eintritt und von Gesteinsschichten eingeschlossen wird. Sie können in anderen Dörfern oder Einzugsgebieten liegen. Deshalb müssen die unterschiedlichen Orte in diesen Gegenden gut zusammenarbeiten – auch wenn das schwierig sein kann und teils besonderer Anreize bedarf.

Die wichtigsten Schritte

Bei der Arbeit mit Quellen muss zunächst kartiert werden. Das kann eine positive Wirkung auf die Bevölkerung haben, weil sie lernt, Quellen besser zu verstehen. Mittels Apps und Testkits können die Beteiligten Informationen zu Standort oder Wasserqualität melden. Das verbessert die Datenlage und schafft ein klareres Bild vom Zustand der Quellen.

Zweitens ist auch Sensibilisierung wichtig, deshalb sollte Quellgebietsmanagement in der Schule gelehrt werden. Die Behörden vor Ort müssen in die Ausbildung von Arbeitskräften investieren, statt in teure Eingriffe. Sie müssen Hydrologie und Geologie vermitteln, damit die Bevölkerung wiederum Behörden dabei helfen kann, auf die richtigen Investitionen zu setzen. Dazu könnten auch einfache Entscheidungstools und Standardprotokolle für das Quellgebietsmanagement beitragen.

Drittens benötigen nachhaltige Projekte auf Gemeindeebene eine starke Regierungsführung, Geschlechtergleichstellung, soziale Inklusion und eine gerechte Gewinnaufteilung. Ohne eine systematische Mobilisierung der Menschen vor Ort bleiben Maßnahmen zur Bewirtschaftung von Quellgebieten oft auf technische Aspekte begrenzt. Das aber gefährdet ihren langfristigen Erfolg.

Fortschritte und Misserfolge

Fortschritte gibt es etwa bei Trinkwasserversorgungssystemen und -anschlüssen, vor allem in Indien. Die Himalaya-Staaten sollten sich aber insgesamt stärker um Schutz und Bewirtschaftung von Quellen kümmern und sich besser koordinieren. Die Bevölkerung vor Ort muss aktiv werden und Verantwortung übernehmen, statt einfach nur mit Wasser versorgt zu werden.

Auch sind die Folgen der Klimakrise für die Quellen kaum untersucht. Bei der Klimadiskussion geht es oft um schmelzende Gletscher, Überflutungen und andere Extremereignisse – aber auch Quellen verdienen Beachtung. Sie versorgen Millionen von Haushalten mit Wasser und auch die Flüsse des Himalayas, von denen etwa 2 Milliarden Menschen flussabwärts abhängig sind. Ein besserer Schutz von Quellgebieten kann Mensch und Natur zugutekommen, indem Biodiversität wiederhergestellt wird, Klimafolgen gemindert und Lebensgrundlagen erhalten werden.

Die Wasserversorgung im Himalaya steht auf der Kippe. Wir müssen gemeinsam schnell und umfassend handeln, um versiegende Quellen zu reaktivieren. Es gilt, eine drohende Wasserkrise in naher Zukunft abzuwenden, die zu Umsiedlungen, dem Verlust von Lebensgrundlagen und Konflikten führen könnte. In der Ökonomie heißt es: Eine Unze Prävention ist mehr wert als ein Pfund Heilung. Wir können es uns nicht leisten, damit zu warten.

Literatur

Gupta, A., Kulkarni, H., 2018: Report of Working Group I – Inventory and revival of springs in the Himalayas for water security.
https://lib.icimod.org/record/34336

Liniger, H., Bandy, J., Bhuchar, S., Joshi, R., 2020: Spring revival with sustainable land management (SLM) in the Himalayan foothills: Uttarakhand, North India. WOCAT SLM Policy Brief, No. 1. Bern, Switzerland, CDE. 
https://www.wocat.net/documents/1056/high_with_references_online_DEF_WOCAT_Policy_Brief_India.pdf

Nand Kishor Agrawal ist Strategic Group Lead on Shaping Green and Resilient Mountain Economies am International Centre for Integrated Mountain Development (ICIMOD) in Kathmandu.
nandkishor.agrawal@icimod.org

Sanjeev Bhuchar ist Senior Watershed Management Specialist bei ICIMOD.
sanjeev.bhuchar@icimod.org

Die Autoren danken Samuel Thomas und Gillian Summers für Input zu diesem Beitrag.