Entwicklung und
Zusammenarbeit

Elasticsearch Mini

Elasticsearch Mini

Burundi

Krise in der gesamten Region

Seit der höchst umstrittenen Wiederwahl des Präsidenten Pierre Nkurunziza versinkt Burundi in ein unüberschaubares Chaos. Gewalttätige Überfälle stehen auf der Tagesordnung. Es fehlen eine staatliche Ordnung und eine unabhängigen Berichterstattung durch Zivilgesellschaft und Medien.
Trotz großer Gesten erreichte Ugandas Präsident Yoweri Museveni bei Friedensgesprächen in Entebbe keine Lösung der Burundi-Krise. AP Photo/picture-alliance Trotz großer Gesten erreichte Ugandas Präsident Yoweri Museveni bei Friedensgesprächen in Entebbe keine Lösung der Burundi-Krise.

Die Gewaltakteure sind in den meisten Fällen nicht identifiziert. Die staatliche Gewalt wird immer militanter und bewaffnete oppositionelle Gruppen reagieren mit Gegengewalt. Der Alltag der Bevölkerung erweist sich als untragbar. Auch sexuelle Übergriffe als Kriegswaffe nehmen zu. Die Regierung klärt Menschenrechtsverletzungen nicht auf.

Die Arbeit humanitärer Organisationen wird immer schwerer. Im November 2015 ließ der Innenminister die Konten von zehn Nichtregierungsorganisationen einfrieren. Büros und Stationen der freien Medien sind geschlossen und zum großen Teil zerstört. Über 230 000 Menschen sind aus Burundi in die Nachbarländer geflohen.

Die Entwicklung in Burundi kündigt eine Krise für die gesamte Region an. Die Versuchung, sich mit illegitimen Mitteln an der Macht zu halten, ist auch in den Nachbarländern hoch. Dabei verdeut­licht der Fall Burundi, welche Gefahr die Verantwortlichen eingehen, wenn sie das bestehende Grundgesetz aushöhlen. Verfassungen müssen als Regelwerk für den inneren Frieden respektiert werden. Sie dienen nicht dem Machtmissbrauch einzelner Personen sowie ihrer Entourage.

Trotz internationaler und regionaler Kritik, des Einfrierens von regierungsnahen Geldern und des Verhängens von Sanktionen lässt Präsident Nkurunziza nicht von seinem Kurs ab. Im Gegenteil, er reißt scheinbar bewusst alte Wunden auf und spielt die Bevölkerung gegeneinander aus. Immer wieder muss darauf hingewiesen werden, dass es nicht um einen ethnischen Konflikt geht, sondern um das kompromisslose Festhalten Nkurunzizas an der Macht.

Erstmals hat sich der Friedens- und Sicherheitsrat der Afrikanischen Union (AU) für die Entsendung einer 5000 Soldaten starken Friedenstruppe MAPROBU nach Burundi ausgesprochen. Als Reaktion darauf ließ Präsident Nkurunziza Ende Dezember verlauten, keine „fremde Invasion“ in seinem Land zu dulden. Nun benötigt die AU die Zustimmung von mindestens zwei Dritteln der Staatschefs aus AU-Ländern, um die Mission tatsächlich umzusetzen. Wann und ob es ohne Zustimmung Burundis zu der Entsendung dieser notwendigen Mission kommt, ist ungewiss.

Währenddessen nehmen die Spannungen mit dem Nachbarland Ruanda zu. Beide Regierungen beschuldigen sich gegenseitig, Unruhe zu stiften und Milizen oder Putschisten zu beherbergen. Der Mediationsversuch zwischen burundischer Regierung und Opposition unter Federführung von Ugandas Präsident Yoweri Museveni zeugt bislang von wenig Erfolg. Zum einen ist Museveni umstritten. Die Tatsache, dass er selbst die ugandische Verfassung zum Erhalt seiner Macht geändert hat und die Begrenzung der Mandate aushebeln ließ, macht ihn für viele unglaubwürdig. Zum anderen zeigt sich bislang kaum Bereitschaft der burundischen Regierung, einen Kompromiss auszuhandeln. Nach einem fruchtlosen Treffen am 28. Dezember in Entebbe hat die burundische Regierung eine weitere Runde Anfang Januar 2016 abgesagt.

Eine Hoffnung liegt auf Tansania. Das politisch und wirtschaftlich regionale Schwergewicht hatte sich unter dem ehemaligen Präsidenten Jakaya Kikwete auf die Seite des burundischen Präsidenten gestellt. Welche Position der unter verfassungskonformen Regeln neu gewählte Präsident John Magufuli einnimmt, ist bislang noch unklar.

Klar ist, dass der regionale Druck auf die nicht legitim gewählte Regierung Burundis weiter zunehmen muss, um eine friedliche Lösung zu finden – unter ernsthaftem Einbezug sowohl der politischen als auch der zivilgesellschaftlichen Opposition. Bei der politischen Krise in Burundi handelt es sich aber nicht allein um eine afrikanische Angelegenheit – hier sind auch die internationalen Akteure gefragt. Benötigt wird eine gemeinsame Strategie der lokalen Akteure innerhalb der East African Community und der Afrikanischen Union.

Aber auch die internationale Gemeinschaft wie die EU und die UN sind gefragt, kohärent zu agieren und in Kooperation mit der AU eine Beobachter- und Schutzmission zu entsenden, um den alltäglichen Repressalien und dem Töten ein Ende zu bereiten. Von immenser Wichtigkeit zur Vermeidung weiterer politischer Krisen in der Region ist aber eine deutliche Auseinandersetzung mit der Kernfrage, ob Verfassungen zugunsten des Machterhalts einzelner Personen geändert werden dürfen. Dazu bedarf es bereits im Vorfeld klarer Standpunkte und Reaktionen – denn diese politischen und humanitären Krisen sind keine internen Angelegenheiten, sondern können einen überregionalen Flächenbrand auslösen.


Gesine Ames ist Koordinatorin des Ökumenischen Netzes Zentralafrika in Berlin.
office@oenz.de