Medizinische Versorgung

Lokale Impfstoffproduktion in Afrika unterstützen

Nur rund ein Prozent der in Afrika benötigten Impfstoffe werden auf dem Kontinent produziert. Dies führt zu einer großen Abhängigkeit Afrikas von globalen Lieferketten, wie die Covid-19-Pandemie eindrücklich zeigte. Deutschland unterstützt gemeinsam mit anderen Partnern die Produktion vor Ort mit zahlreichen Vorhaben.
Von Deutschland und der EU unterstützter Bau einer Anlage für Impfstoffproduktion von Biontech und dem Institut Pasteur de Dakar in der Region Dakar, 2022. picture-alliance/dpa/Bernd von Jutrczenka Von Deutschland und der EU unterstützter Bau einer Anlage für Impfstoffproduktion von Biontech und dem Institut Pasteur de Dakar in der Region Dakar, 2022.

Die Impfstoffe gegen Covid-19 galten als wichtiger Meilenstein bei der Eindämmung der Pandemie. Sie waren jedoch anfangs knapp und später ungleich verteilt: In Industriestaaten standen sie in deutlich höherem Maße zur Verfügung als in Ländern mit mittleren und niedrigen Einkommen. Dass Impfstoffe nicht dort ankommen, wo sie dringend gebraucht werden, liegt häufig an mangelnder Infrastruktur und unzureichenden Gesundheitssystemen. Mehr als 30 Länder weltweit gelten als fragil, die meisten davon liegen auf dem afrikanischen Kontinent. Die dort herrschenden Krisen und bewaffneten Konflikte erschweren die Verteilung von Impfstoffen enorm.

Der Ausbau der Impfstoff- und Pharmaproduktion in Afrika ist – auch nach der Covid-19-Pandemie – ein wichtiges Instrument für die globale Pandemiebekämpfung und -prävention sowie für die Bekämpfung von verbreiteten Infektionskrankheiten wie Malaria und Tuberkulose. Er ist aber auch von essenzieller Bedeutung für die sich abzeichnende starke Zunahme an nicht übertragbaren Krankheiten in Afrika, wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Stoffwechselerkrankungen oder Krebs.

Finanzierung von Impfstoffproduktion 

Die Afrikanische Union (AU) hat das Ziel, bis 2040 rund 60 Prozent der benötigten Impfstoffe in Afrika selbst zu produzieren. Deutschland unterstützt die AU und ihre Mitgliedsstaaten seit 2021 dabei und fördert im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit bilaterale und multilaterale Vorhaben. Dazu gehören ein enger Dialog mit den europäischen Partnern und der Privatwirtschaft sowie Engagement in multilateralen Organisationen, beispielsweise für die Entwicklung neuer Finanzierungsmechanismen wie des African Vaccine Manufacturing Accelerator (AVMA) der öffentlich-privaten Impfallianz Gavi.

Engagement und Aktivitäten in diesem Bereich sind also vielseitig und vielschichtig, genau wie Akteure und Herausforderungen. Eine kohärente Koordinierung und Einbindung der Initiativen verschiedener multilateraler Geber ist deshalb entscheidend. Deutschlands Engagement ist eng eingebettet in einen gesamteuropäischen Ansatz, der neben der Europäischen Kommission auch andere EU-Mitgliedsstaaten umfasst. Im Rahmen der Team Europe Initiative MAV+ wird die Impfstoff- und Pharmaproduktion in Afrika koordiniert gefördert. Hintergrund ist die Erkenntnis, dass es nicht ausreicht, Fabriken zu bauen. Vielmehr bedarf es für eine erfolgreiche Privatsektorinvestition eines „förderlichen Ökosystems“.

Dies umfasst insbesondere:

  • Aufbau und Stärkung von Regulierungsbehörden für die Zulassung lokal produzierter Medizinprodukte und Qualitätssicherung,
  • Aufbau eines lokalen unternehmerischen Ökosystems zur Förderung der Privatwirtschaft,
  • Aus- und Fortbildung spezialisierter Fachkräfte für die Impfstoff- und Pharmaproduktion,
  • Infrastrukturentwicklung,
  • Zugang zu Finanzierung,
  • Technologietransfer und
  • gezielte Unterstützung, um lokal produzierte Medizinprodukte auf den dortigen Märkten konkurrenzfähig zu machen.

Alle Bemühungen sollten sowohl national als auch international koordiniert und partnerorientiert erfolgen.

Afrikanische Firmen produzieren Impfstoffe

Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit setzt genau hier an und kann bereits erste Erfolge nachweisen. So produzieren bereits neun afrikanische Unternehmen Impfstoffe, darunter Aspen und Biovac in Südafrika und das Institut Pasteur de Dakar in Senegal. Dazu kommen mehrere kleinere Produzenten in Nordafrika (Algerien, Ägypten, Marokko und Tunesien) und Äthiopien. Dabei hat die deutsche Entwicklungszusammenarbeit kein Investment von Unternehmen (mit-)finanziert, sondern die Partnerregierungen beim Aufbau notwendiger staatlicher Rahmenbedingungen für dieses Investment unterstützt.

Auch hier gilt: Es genügt nicht, Impfstoffe und Medikamente zu produzieren. Diese müssen auch zugelassen, abgenommen und verteilt werden. Hier setzen die African Medicines Agency (AMA) sowie der bereits erwähnte Finanzierungsmechanismus AVMA der Impfallianz Gavi an. Die AMA soll zukünftig die Vereinheitlichung der Regulierung von Medizinprodukten in Afrika koordinieren, Expertise und Kapazitäten bündeln und ausgewählte Medizinprodukte regulatorisch überwachen. AVMA federt seit Juni auf zehn Jahre befristet die anfangs höheren Produktionskosten afrikanischer Hersteller ab und trägt so mittelfristig zu deren Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Konkurrenten vor allem aus Asien bei.

Nachhaltige Gesundheits- und Wirtschaftsförderung

Trotz diverser Erfolge bleibt eine Reihe von Herausforderungen: Der Klimawandel und damit verbunden ein Anstieg bestimmter Krankheiten, politische Konflikte und Kriege, gepaart mit schrumpfenden Entwicklungshaushalten in zahlreichen Geberländern entkoppeln Unterstützungsbedarfe und finanzielle Ressourcen zunehmend. Die Vielzahl von Initiativen erfordert gute Koordinierung, und die verblassenden Erinnerungen an die Schrecken der Pandemie verschieben Prioritäten auf der politischen Agenda. Doch bei der Förderung der lokalen Impfstoff- und Pharmaproduktion geht es um mehr als nur ein (Mode-)Thema. Es geht um nachhaltige Gesundheits- und Wirtschaftsförderung und damit um Kernthemen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika, wie sie sich auch in den Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs – Sustainable Development Goals) der Agenda 2030 widerspiegeln.

Um steigende Bedarfe angesichts um sich greifender Krisen und eines gekürzten Entwicklungsetats adäquat zu bedienen, bedarf es internationaler Koordinierung und Marktgestaltung. Da Impfstoffproduktion ein Mengengeschäft ist, können nicht alle Länder eine eigene Produktion aufbauen. Sie sollten es auch nicht, wenn der Sektor wirtschaftlich nachhaltig sein soll. Gleiches gilt für andere Pharmaprodukte. Entsprechend gilt es, die Unterstützung gezielt dort einzusetzen, wo die Erfolgsaussichten für ein Bestehen im Markt am höchsten sind.

Absatzmarkt für lokal hergestellte Pharmaprodukte

Ein essenzieller Erfolgsfaktor für lokale Produktion ist darüber hinaus eine gesicherte Abnahme der Produkte. Ohne diese können afrikanische Produzenten kein Geschäftsmodell vorweisen. Daher ist es unabdingbar, dass sich afrikanische Partnerländer und multilaterale Organisationen wie UNICEF und Gavi gleichermaßen bereit erklären, regional produzierte Produkte abzunehmen.

Gavi hat mit dem AVMA in diesem Jahr einen wichtigen Schritt getan, die Transition afrikanischer Länder in die Unabhängigkeit ihrer Versorgung zu verwirklichen. Deutschland hat hierzu entscheidend beigetragen und wird sich auch zukünftig für lokale Produktion in Afrika einsetzen, um dem Ziel globaler Gesundheitssicherheit stetig näher zu kommen.

Ob dies gelingt, wird durch den erneuten Mpox-Ausbruch in Afrika erstmals auf die Probe gestellt. Die WHO hat angesichts steigender Fallzahlen am 14. August 2024 eine Public Health Emergency of Interna­tional Concern (PHEIC) ausgerufen. Um die Ausweitung der Reaktion zu unterstützen, hat die WHO rund 1,5 Millionen Dollar aus ihrem Kontingenzfonds für Notfälle (CFE) freigegeben und plant, weitere Mittel bereitzustellen. Darüber hinaus arbeitet die WHO mit Gavi, UNICEF sowie mit Japan, den USA, der EU, Africa CDC und Impfstoffherstellern zusammen, um einen gerechten Zugang zu Impfstoffen, Therapeutika, Diagnostika und anderen Hilfsmitteln zu gewährleisten. Deutschland engagiert sich sowohl über die Bereitstellung von Impfstoffspenden und Aktivitäten vor Ort als auch finanziell und im Rahmen seiner Mitgliedschaft in den genannten Organisationen. Es muss sich nun zeigen, ob diese Anstrengungen bereits Wirkung entfalten können.

Denn wir wissen: Die nächste Pandemie ist keine Frage des „ob“, sondern nur des „wann“. Und hier ist frühe Vorsorge eine gute Investition in die Zukunft.

Link
African Union Development Agency (AUDA-NEPAD): African Medicines Agency (AMA).
https://www.nepad.org/microsite/african-medicines-agency-ama 

Anna Lotte Böttcher ist Referentin im Referat für Globale Gesundheitspolitik und Finanzierung im BMZ. Ihr Portfolio umfasst unter anderem die Förderung der lokalen Impfstoff- und Pharmaproduktion in Afrika.
annalotte.boettcher@bmz.bund.de 

Katja Pohlmann leitet das Referat für Globale Gesundheitspolitik und Finanzierung im BMZ. Sie verantwortet hier unter anderem die wichtigen globalen Finanzierungseinrichtungen wie den GFATM, Gavi und GPEI.
katja.pohlmann@bmz.bund.de

Governance

Um die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen, ist gute Regierungsführung nötig – von der lokalen bis zur globalen Ebene.