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Regierungsführung

Hochriskante Aufgaben

In Indonesien spielt das Militär seit je eine große Rolle. Es entstand im Volksaufstand gegen den Kolonialismus, doch bald nach der Unabhängigkeit ergriff es in einem Putsch für drei Jahrzehnte die Macht. Dennoch setzt die aktuelle Regierung Soldaten für zivile Dinge wie etwa die Landwirtschaft ein.
Präsident Joko Widodo (Mitte) gibt den Streitkräften auch zivile Aufgaben. picture-alliance/dpa Präsident Joko Widodo (Mitte) gibt den Streitkräften auch zivile Aufgaben.

1965 stürzte General Suharto Präsident Sukarno, der die Unabhängigkeitsbewegung angeführt hatte, und startete eine antikommunistische Kampagne, die mehr als eine Million Menschen das Leben kostete und weitere Millionen traumatisierte. Die Menschenrechte galten nicht.

1998 musste Suharto unter dem Druck einer breiten Volksbewegung abtreten. Seither zielte die Politik verschiedener Staatschefs darauf ab, dass Soldaten in den Kasernen blieben. Das Militär hatte keine politische Funktion. Mittlerweile hat aber Präsident Joko Widodo – bekannt unter dem Spitzenamen „Jokowi“ – umgedacht und setzt es für zivile Aufgaben einschließlich der Agrarproduktion ein.

Bald nach Amtsantritt versprach er 2014, mehr als bislang 1,5 Prozent der Wirtschaftsleistung dem Militärhaushalt zu widmen, falls ökonomisches Wachstum das erlaube. Voriges Jahr waren es dann tatsächlich nur 1,2 Prozent (umgerechnet etwa 8,2 Milliarden Dollar), aber die Streitkräfte verfügen über viel mehr Geld, denn ihnen gehören viele Privatunternehmen.

Vielen Indonesiern gefällt Jokowis Ansatz, und nationale Selbstversorgung mit Lebensmitteln ist in der Tat ein sinnvolles Ziel. Anderen behagt die neue Politik jedoch nicht. Sie wissen noch genau, dass manche Militärs sowie die „Babasina“ – niedrigrangige Soldaten, die in den Dörfern stationiert waren – landesweit als Arm des Suharto-Regimes dienten und dessen Befehlen übereifrig folgten.

Die Kernaufgabe des Militärs ist, das Land vor äußeren Bedrohungen zu schützen. Laut Nur Kholis von der nationalen Menschenrechtskommission darf die Regierung aber auch auf das Militär zurückgreifen, wenn die innere Sicherheit ernsthaft bedroht ist. Natürlich bestehen die Streitkräfte aus Menschen, die Fehler machen können. In Stresssituationen oder aus Machtpositionen heraus werden sie mit derselben Wahrscheinlichkeit wie andere Menschen weltweit gewalttätig.

Die Landwirtschaft ist ein sensibler Wirtschaftszweig. Auf einigen dicht besiedelten Inseln Indonesiens sind die Bauernhöfe recht klein. Massen landloser Arbeiter verdingen sich als Tagelöhner. In den meisten Agrarregionen sind nur zwei Ernten pro Jahr möglich, die Jokowi-Regierung sieht aber drei Ernten als Ziel.

Seit zwei Jahren hat das Militär ein Regierungsmandat, die landwirtschaftliche Produktion zu überwachen. Diese Politik kann große Probleme auslösen. Aus manchen Gegenden wurde auch über Spannungen berichtet – zum Beispiel aus Aceh, einer Provinz mit von Gewalt geprägter Vergangenheit. Generell wurden diese Spannungen aber friedlich gelöst, und aus manchen Gegenden wurde über eine Art Kameradschaft zwischen Truppen und Bauern berichtet.

Positiv ist sicherlich, dass Indonesien seit zwei Jahren keinen Reis importieren musste und die Weizeneinfuhren deutlich zurückgegangen sind. Die Regierung fördert sinnvollverweise Digitalisierung und setzt auf die Diversifizierung des Grundnahrungsmittelanbaus. Es wäre aber falsch, auf Monokulturen, dem Großeinsatz von Dünger oder dem genetisch modifizierten Saatgut des amerikanischen Konzerns Monsanto zu bestehen. Es darf nicht vergessen werden, dass im Zuge der „grünen Revolution“, die Suharto propagierte, viele Bauern in Armut und Schulden versanken.

Jokowi will in erster Linie Indonesiens Wirtschaftsaussichten verbessern. Der Ausbau der Infrastruktur und Lebensmittelsicherheit haben dabei zentrale Bedeutung. Beruhigenderweise scheint der Präsident das Militär im Griff zu haben. Vor einiger Zeit ersetzte er Oberbefehlshaber Gatot Nurmantyo, der politischen Ehrgeiz gezeigt hatte, durch Luftwaffenchef Hadi Tjahjanto, der für seine Reformorientierung bekannt ist. Tjahjanto hat sich beispielsweise für die Professionalisierung der Truppen sowie für Korruptionsbekämpfung ausgesprochen.

Der Rhetorik des neuen Oberbefehlshabers müssen nun Taten folgen. Es gibt Fälle von skrupellosen Soldaten, die illegale Aufträge von Großunternehmen angenommen und in diesem Kontext Gewalt ausgeübt haben. Berichte über solche Straftaten zeigen, wie riskant Jokowis Politik ist.


Edith Koesoemawiria ist freie Journalistin.
hidayati@gmx.de

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