Ländliche Gegenden

Alternativlos

Flugverkehr ist teuer und umweltschädlich. Nichtsdestotrotz ist er im Südsudan kein Luxus, sondern unumgänglich – bedingt durch schlechte Infrastruktur und die angespannte Sicherheitslage.
Schatten eines Kleinflugzeugs über dem Südsudan. Mohammed Ali Schatten eines Kleinflugzeugs über dem Südsudan.

Der Südsudan ist ein riesiges Land mit nur wenigen Straßen. Das Straßennetz gilt als eines der schlechtesten in Afrika. Hinzu kommt, dass Wetter und Gewalt die Wege unpassierbar machen.

In der Regenzeit sind ganze Dörfer vom Rest des Landes abgeschnitten. Eine Fahrt aus dem Bundesstaat Jonglei im Nordosten des Landes in die Hauptstadt Juba dauert mit dem Auto normalerweise einen Tag. Wenn die Schotterstraßen zu matschigen Gräben werden, braucht man jedoch zwei oder mehr Tage. In vielen entlegenen Regionen von Entwicklungsländern sieht es ähnlich aus, und die Klimakrise wird diese Situation noch verschärfen.

Die lange Bürgerkriegsgeschichte im Südsudan hat zu diesen Problemen beigetragen. Einerseits konnte keine ordentliche Infrastruktur aufgebaut werden, andererseits wurden die Unsicherheit und Gewaltbereitschaft immer größer. 2018 gab es ein formales Friedensabkommen, aber es gelang bislang nicht, eine neue Regierung zu bilden, in die alle rivalisierenden Gruppen einbezogen werden sollen. Bewaffnete Gruppen sind in vielen Gegenden des Landes aktiv. Viehdiebstähle, Familienfehden und Verbrechen führen zu immer neuen Unruhen.

Der Journalist Ajodha Ojuda fürchtet sich vor Straßenüberfällen. Er leitet einen Radiosender in dem entlegenen ländlichen Ort Pibor, aber er muss regelmäßig in die Hauptstadt reisen. Es gibt jedoch keine Straße nach Juba. Lastwagen nutzen in der Trockenzeit Feldwege durch den Busch. In der Regenzeit gibt es kein Durchkommen. Ojuda fährt oft auf Lastwagen mit, aber dies wird ihm zunehmend zu gefährlich.

Kommerzielle Flüge sind teuer und finden nur unregelmäßig statt. Ein Flug von Pibor nach Juba kostet bis zu 270 Dollar, was mehr Geld ist, als die meisten Südsudanesen im Jahr verdienen. Selbst ein kurzer Flug von 100 Kilometern kostet rund 100 Dollar. Auf einer ordentlich geteerten Straße würde eine Fahrt nur eine Stunde dauern – aber solche Straßen gibt es kaum. Diejenigen, die sich einen Flug leisten können, haben meist keine andere Alternative. Und sie müssen oft Umwege von Hunderten Kilometern in Kauf nehmen und in verschiedenen Städten umsteigen, um zu ihrem Ziel zu gelangen. Diese Umwege kosten Zeit und Geld.

In vielen Fällen gibt es nicht einmal kommerzielle Flüge. Der Geschäftsmann Koang Chuol aus Paloich sagt, dass Leute wie er Frachtmaschinen nutzen. Das sei nicht ungewöhnlich, und die Cargo-Maschinen nähmen gern Passagiere mit, um Kosten zu sparen. Die kleinen Landepisten, die im ganzen Land zu finden sind, haben in der Regel ein kleines Büro, wo die Nutzung von Flügen arrangiert wird.

Die Flughäfen erheben Landegebühren, aber viele Passagiere wundern sich, wofür das Geld genutzt wird. Denn es scheint nicht so, dass diese kleinen Anlagen viel Wartung benötigen. Viele denken, das Geld fließt einfach in die Taschen der Betreiber.

Manyok Ayuel arbeitet für eine lokale Fluglinie namens Smile Tour and Travel Operations. Er sagt, dass die Eröffnung einer neuen Flugroute eine Erlaubnis der Lokalregierung voraussetze, aber diese sei nicht leicht zu bekommen, weil Bestechungsgelder die Kosten erhöhten. Generell beklagen sich Fluggesellschaften über zu viele rechtliche und behördliche Hürden.

Fliegen ist sicherer als über Land zu fahren, aber auch hier gibt es Unfälle. Im September 2018 starben 19 Menschen, als ein kleines Passagierflugzeug auf dem Weg von Juba nach Yirol in einen See stürzte. Die südsudanesische Luftfahrtbehörde South Sudan Civil Aviation Authority gibt zu, dass die Zahl der Unfälle und Sicherheitsprobleme über dem ostafrikanischen Durchschnitt liegen, weil viele der Maschinen überaltert sind. Es passt zu diesem krisengeschüttelten Land, dass nur der vom Welternährungsprogramm organisierte UN-Flugservice (UN Humanitarian Air Service – UNHAS) den Ruf hat, teure, aber verlässliche Flüge anzubieten.


Parach Mach ist Journalist und lebt in Juba, Südsudan.
parachmach@gmail.com