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Landrechte

Kampf um Lebensgrundlagen

Weltweit verlieren Menschen durch Landraub ihre Existenzgrundlage. Vor allem Indigene kämpfen um ihren Lebensraum. Oxfam verlangt, Landbesitz in Zukunft transparenter zu regeln.
Indische Frauen demonstrieren für Landrechte für Indigene. picture-alliance/AP Photo Indische Frauen demonstrieren für Landrechte für Indigene.

Investoren beanspruchen weltweit Millionen Hektar Land, etwa um Palmöl oder Treibstoff zu gewinnen. Oft vernachlässigen sie dabei Rechte und Interessen der Bewohner dieses Landes. Viele Millionen Menschen verlieren so ihre Existenzgrundlage, darunter vor allem Ackerbauern, Fischer und Viehhalter. Indigene sind besonders betroffen – nicht nur in Entwicklungsländern, sondern auch in Australien, Neuseeland oder in den USA.

Landraub betreffe vor allem die Menschen, die das Land am meisten brauchen und schützen, schreiben die Autoren des Oxfam-Berichts „Custodians of the land, defenders of our future”. Sie weisen außerdem auf Umweltschäden durch die Abholzung von Wald und die Tötung von Wildtieren und Fischen hin. Oxfam führt Kampagnen durch, um das Land von Indigenen zu verteidigen. Die Land-Rights-Now-Kampagne verfolgt zum Beispiel das Ziel, die Anerkennung der Hälfte des Landes von Indigenen bis 2020 durchzusetzen.

Der Landbesitz von Indigenen und lokalen Gemeinschaften ist in vielen Fällen nicht registriert. Investoren nutzten das aus und erklärten nichtdokumentiertes Land für freies Land, kritisiert der Bericht. Dazu komme, dass Indigene mit kapitalistischen Marktstrukturen oft wenig vertraut seien.

Die International Work Group of Indigenous Affairs (IWGA) macht industrielle und infrastrukturelle Entwicklungen sowie die Agrarwirtschaft für die Verarmung von Indigenen verantwortlich. Regierungen lockten Industriekonzerne an und ignorierten dabei Rechte von Indigenen. Sie änderten regionale Gesetze, um mit Konzernen zu kooperieren.

Verhandlungen zwischen Regierungen und der Tourismusbranche verlaufen dem Bericht zufolge ähnlich dubios. Tourismus führe in vielen Ländern zu Landvertreibung. Zum Beispiel errichtete das Militär in Sri Lanka nach Ende des Bürgerkriegs 2010 in dem Ort Panama Elektrozäune, um die Dorfbewohner von ihrem ehemaligen Land fernzuhalten. Die Menschen haben seitdem kein Ackerland mehr – inzwischen stehen dort Luxushotels und Konferenzzentren.

Für die Bewohner bedeute der Landraub nicht nur einen Verlust von Lebensraum und natürlichen Ressourcen. Auch das Selbstverständnis der Gemeinschaft und die kulturelle Identität hingen davon ab, schreiben die Oxfam-Autoren. In manchen Fällen komme Landraub daher einem Ethnozid gleich. Wissenschaftliche Studien über Inuit in Alaska und Aborigines in Australien unterstützten diese Beurteilung. Indigene würden in vielerlei Hinsicht benachteiligt – nicht nur, wenn es um Landbesitz gehe. Beispielsweise werde ihnen der Zugang zur Arbeitswelt erschwert.

Zivilgesellschaftliche Organisationen kämpfen gegen solche Formen von Marginalisierung. Miriam Miranda, Leiterin der Fraternal Organization of Black People of Honduras (OFRANEH), verteidigt Landrechte von Afro-Honduranern und macht sich gegen Diskriminierung stark. Die Aktivistin betont, dass vor allem Frauen für Landrechte kämpfen, sowohl in Lateinamerika als auch in Afrika und Asien. Der Kampf kostet jedoch viele Menschen das Leben, wie der Bericht zeigt. Mehr als 100 honduranische Landaktivisten sind demnach in den vergangenen 60 Jahren umgebracht worden.

2015 hat Mirandas Organisation den US Food Sovereignty Prize gewonnen. Im selben Jahr referierte die Aktivistin vor der Weltbankgruppe. Sie sprach sich vor allem gegen die Unterstützung der Palmöl-Lobby aus. Landvertreibung sei ein globales Problem, weil Habgier überall verbreitet sei. Regierungen trügen dabei eine Mitschuld, erklärte Miranda.

Oxfam zufolge wird dem Thema inzwischen mehr Beachtung geschenkt. Ein Bericht der Land Matrix Initiative verdeutliche den Ernst der Thematik (siehe Kasten). Die Initiative sorge für mehr Transparenz, indem sie umfangreiche Datensätze zu Landabkommen veröffentliche.

Der Oxfam-Bericht zeigt auch eine Reihe von Erfolgen auf. 2012 wurden die UN Voluntary Guidelines on the Responsible Governance of Tenure aufgestellt. Damit seien zum ersten Mal globale Richtlinien zur Einhaltung von Landrechten festgelegt worden. Die Implementierung der Richtlinien sei zwar weiterhin ein Problem, werde aber von Staaten wie Deutschland, Frankreich, Vietnam und den USA mittlerweile stärker kontrolliert.

Außerdem setze die Zivilgesellschaft die Weltbank und andere Finanzinstitu­tionen heute stärker unter Druck. Manche Firmen hätten inzwischen eingesehen, dass Landraub für ein schlechtes Image sorge, und seien transparenter geworden. Oxfams Behind-the-Brands-Kampagne habe etwa dazu beigetragen, dass Lieferanten von Unternehmen wie Coca-Cola oder Nestlé das Thema Landrechte zur Sprache bringen.

Lea Diehl


Quelle

Oxfam, 2016: Custodians of the land, defenders of our future. A new era of the global land rush. Land Rights Now.
https://www.oxfam.de/system/files/eng_land_rights_web.pdf