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Wo Witz und Tragik Hand in Hand gehen

In Kenia sind Memes ein beliebtes Mittel, um die Regierung und insbesondere Präsident William Ruto zu kritisieren. Während der Jugendproteste im vergangenen Jahr ergoss sich eine ganze Meme-Flut über Social Media. So lustig manche Inhalte auch sind, so tragisch sind die gesellschaftlichen Hintergründe.
Dieses Meme verbreitete sich in Kenia nach der Ankündigung von Präsident William Ruto, für Schulen eine Maschine zu kaufen, die Chapati – ein beliebtes Fladenbrot – macht. Viele erachten dies gegenüber anderen Problemen im Land als überflüssig. @MwangoCapital
Dieses Meme verbreitete sich in Kenia nach der Ankündigung von Präsident William Ruto, für Schulen eine Maschine zu kaufen, die Chapati – ein beliebtes Fladenbrot – macht. Viele erachten dies gegenüber anderen Problemen im Land als überflüssig.

In Kenia – wie überall auf der Welt – geht mit der wachsenden Präsenz von Social-Media-Plattformen die rasche Verbreitung von Memes einher. Dabei handelt es sich um knapp gehaltene Medieninhalte wie Bilder, Videos, Audios oder Texte von eher geringer Größe, die überwiegend humoristisch sind und von Nutzer*innen leicht kopiert, variiert und verbreitet werden können. Memes sind ein wichtiger Teil der Internetkultur. 

Die Urheber dieser Inhalte werden in Kenia „Meme-Lords“ genannt. Es sind teils Einzelpersonen, teils Accounts wie Karis Memes, Funny Kenya Memes oder Kenyan Memes Page. Sie posten ihre Inhalte auf Social Media und in Messengern, wo andere Unterhaltungsseiten sie teilen. So haben Memes wie das oben gezeigte große Popularität gewonnen und ein Gefühl der Zusammengehörigkeit unter den Kenianer*innen geschaffen, insbesondere auf X, Instagram, TikTok und Facebook. Viele Memes haben politische Inhalte und orientieren sich an aktuellen Nachrichten aus traditionellen Medien.  

Satire und politischer Humor haben in Kenia Tradition. Zum Beispiel zeigte der Fernsehsender NTV Kenya von 2015 bis 2022 nach den 21-Uhr-Nachrichten ein Format namens „Bull's Eye“. Die Satiresendung nahm auf urkomische Weise die jüngsten gesellschaftspolitischen Ereignisse aufs Korn und machte sich über Eliten und immer unbeliebter werdende Politiker*innen des Landes lustig. Die Zuschauer*innen konnten sich live telefonisch zu Wort melden.

Kritik an der Regierung 

Auch Memes dienen der direkten politischen Meinungsäußerung. Kenianer*innen nutzen sie als Instrument, um humorvoll Kritik an der Regierung und den Zuständen der Demokratie in ihrem Land zu üben. Als beispielsweise im vergangenen Jahr junge Kenianer*innen wochenlang gegen die Finanzpolitik der Regierung demonstrierten, wurde Social Media mit verschiedenen Memes geflutet. Während manche Memes für politische Bildung eingesetzt wurden, nutzten andere sie, um politische Gegner in die Irre zu führen und von den echten Problemen abzulenken. 

Während der Proteste nahm die Verwendung von Memes als einer codierten Form der Kommunikation zu: Verstehen konnte sie nur, wer die Anspielungen und Doppeldeutigkeiten kannte. Der Austausch der Memes und anderer Inhalte fand vermehrt auf Instagram und TikTok statt – jenseits von Mainstream-Medien wie den großen Fernsehsendern.

Die Gen Z verlor offensichtlich das Vertrauen in Präsident William Ruto und die Regierungskoalition Kenya Kwanza („Kenya First“). Sie suchte nach Möglichkeiten, ihren Frust zu zeigen und verknüpfte Memes mit Hashtags wie #siasambaya („schlechte Politik“) oder #zakayoshuka („Zachäus steige herab“). Letzterer vergleicht Ruto mit dem berüchtigten Steuereintreiber in der Bibel, der seine Macht missbrauchte und den Menschen mehr abknöpfte, als er sollte. In Memes wird Ruto auch als „Kaunda Uongoman“ bezeichnet. Der erste Teil des Namens verweist auf seine Vorliebe für den Kaunda-Anzug, ein zweiteiliges Kleidungsstück, das insbesondere in Ostafrika populär ist. Der zweite Teil bezeichnet ihn als Lügner.  

In der Vergangenheit begrüßte Ruto durchaus den Einsatz von Humor in der Politik und nutzte ihn als Instrument, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Nun ruft er die Kenianer*innen dazu auf, Humor nicht zur Belästigung und Verleumdung einzusetzen. Beispielsweise kritisierte er in einer Rede, dass er in einem populären Meme in einem Sarg liegend dargestellt wurde und beklagte, Angelegenheiten von Leben und Tod würden als Witz betrachtet. 

Ironischerweise eskalierten die Proteste gegen die Regierungspolitik tatsächlich schnell zu einer Angelegenheit von Leben und Tod. Die Kenianische Nationale Menschenrechtskommission, eine staatliche Kontroll- und Beratungsbehörde, verzeichnete zwischen Juni und Dezember vergangenen Jahres 82 Entführungen junger Menschen. Sie werden in Verbindung gebracht mit Versuchen, abweichende Stimmen zum Schweigen zu bringen. Aufgrund des öffentlichen Aufschreis und der Verurteilung durch Menschenrechtsorganisationen kamen einige der Entführten Anfang 2025 frei. Viele werden aber weiterhin vermisst.  

Alba Nakuwa ist eine freie Journalistin aus dem Südsudan. Sie lebt in Nairobi. 
albanakwa@gmail.com 

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