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Ein Hoffnungsschimmer für Kameruns Kinder – doch er reicht nicht aus

In Kamerun können hunderttausende Kinder wegen des Konflikts in den englischsprachigen Regionen des Landes seit Jahren nicht zur Schule gehen. Dass die EU mehr Mittel bereitstellt, gibt Hoffnung – ist jedoch bei Weitem nicht ausreichend in einem Konflikt, der von der internationalen Gemeinschaft weitgehend vergessen wurde.
Während Hunderttausende in den englischsprachigen Regionen Kameruns nicht zur Schule gehen können, findet in den französischsprachigen Regionen Unterricht statt. picture alliance / Xinhua News Agency / Kepseu Während Hunderttausende in den englischsprachigen Regionen Kameruns nicht zur Schule gehen können, findet in den französischsprachigen Regionen Unterricht statt.

Der bewaffnete Separatistenkonflikt in den englischsprachigen Regionen im Nordwesten und Südwesten Kameruns hält nun schon seit acht Jahren unvermindert an. Es gibt jedoch einen Hoffnungsschimmer für die gefährdeten Kinder, die schon seit Jahren nicht mehr zur Schule gehen können. 

Im Juli 2024 kündigte die EU an, mehr als 1,7 Milliarden CFA-Franc (etwa 2,8 Millionen Dollar) bereitzustellen, um einer Generation von Kindern Bildung zu ermöglichen, deren Zukunft durch den blutigen Konflikt gefährdet ist.

Die Hilfe wird zwei Schuljahre abdecken und soll Bildungsmaterialien sowie sichere, kinderfreundliche Lernräume mit Wasser- und Sanitäranlagen bereitstellen. Außerdem wird mit den Mitteln die Ausstellung von Geburtsurkunden für schulpflichtige Kinder unterstützt, um ihnen das Recht auf die Staatsbürgerschaft und den Zugang zu weiterführender Bildung zu sichern. Viele von ihnen haben das wichtige Dokument entweder nie erhalten, oder es wurde während der Kämpfe zerstört.

Laut der Vertreterin des UN-Kinderhilfswerks (UNICEF) in Kamerun, Nadine Perrault, benötigen die Kinder die zusätzlichen Mittel dringend. Sie sind neben Frauen am stärksten von der Krise in der anglophonen Region betroffen – wie in fast allen Konflikten auf der Welt. Perrault erklärt, dass die Mittel durch sektorübergreifende Interventionen in den Bereichen Bildung, WASH (Wasser, Sanitärversorgung und Hygiene) und Schutz für die vom Konflikt betroffenen Kinder in beiden Regionen eingesetzt würden, um den großen humanitären Bedarf zu decken.

„Bildung ist ein Rettungsanker für Kinder. Wir arbeiten daran, jedem Kind eine lückenlose Bildung zu ermöglichen und helfen den Kindern darüber hinaus, Fähigkeiten zu entwickeln, um mit Traumata umzugehen“, sagt Perrault. Sie fügt hinzu, dass die zusätzlichen Mittel aus der humanitären Hilfe der EU dazu beitragen würden, die UNICEF-Maßnahmen schnell auszuweiten und den Zugang zu Bildung zu verbessern – sowohl für Schulkinder als auch für jene außerhalb der Schule.

Die Lokalisierungsagenda in der humanitären Hilfe zielt darauf ab, verschiedene zivilgesellschaftliche Organisationen vor Ort als Durchführungspartner für eine nachhaltige Umsetzung einzubeziehen. Daher wird UNICEF mit diversen Organisationen zusammenarbeiten, darunter die Green Partners Association (GPA), die Foundation for Inclusive Education and Development (FIED), die Queen Fongang Foundation (QFF), Community Health and Social Development for Cameroon (COHESODEC) und Strategic Humanitarian Services (SHUMAS).

Bisherige Bemühungen bleiben unzureichend

Laut Perrault werden jedoch nur etwa 54 000 Kinder direkt von den Maßnahmen profitieren, obwohl rund 488 000 Kinder keine Schule besuchen. „Das Projekt richtet sich nur an Kinder in den Nordwest- und Südwestregionen, wie es vom Humanitarian Country Team (HCT) vorgesehen ist. Das HCT ist das Entscheidungsgremium, das aus den operativ tätigen humanitären Organisationen besteht und die humanitäre Hilfe in erster Linie auf die Krisenherde konzentriert, wo der Bedarf am größten ist“, sagt sie. 

Kinder, die in andere Regionen geflüchtet sind, werden somit nicht berücksichtigt. UNICEF fordert daher alle Geber und anderen strategischen Partner auf, ihre Unterstützung zu erhöhen, um sicherzustellen, dass alle betroffenen Kinder erreicht werden können.

Der in Yaoundé ansässige Pädagoge Agendia N. Atemnkeng lobt die Initiative. Seiner Meinung nach könne sie einen großen Beitrag dazu leisten, die bereits bestehende große Bildungslücke zwischen Kindern in den Konfliktregionen und Gleichaltrigen in anderen Teilen des Landes zu schließen.

Da die meisten Unterstützungsmaßnahmen jedoch aus Sachleistungen bestehen werden, stellt Atemnkeng die nachhaltige Wirkung der Spenden infrage. Er schlägt vor, einen großen Teil der Unterstützung in wiederverwendbare Bildungsmaterialien fließen zu lassen, damit die Kinder sie mindestens drei Schuljahre lang nutzen können.

„Bildung in einer Krise zu unterstützen, geht über die Bereitstellung von Materialien hinaus. Bildungsträger in Krisengebieten, insbesondere Lehrkräfte, müssen eine spezialisierte Ausbildung erhalten, wie sie Kinder unter solchen Bedingungen unterrichten können“, sagt Atemnkeng. Die Ausbildung sollte unter anderem Traumabewältigung, die Anpassung des Lehrplans an die wichtigsten Aspekte und die Betonung der Berufsausbildung nach der Grundschule umfassen.

Die kamerunische Regierung hat eine Strategie nach der anderen verfolgt – bisher mit wenig Erfolg. In der Verwaltungseinheit Ngoketunjia nahe Bamenda, der Hauptstadt der Nordwest-Region, wurde beispielsweise ein Umverteilungszentrum mit besonderen Sicherheitsvorkehrungen eingerichtet. Die Idee dahinter war, dysfunktionale Schulen und deren Schüler*innen und Lehrkräfte aus abgelegenen Gebieten, in denen sich die Sicherheitslage verschlechtert hatte, in das von bewaffneten Truppen bewachte Zentrum zu verlegen. Da jedoch nur begrenzte Unterkunftsmöglichkeiten im Zentrum zur Verfügung standen, mussten die Schüler*innen nach dem Unterricht nach Hause zurückkehren – und sich einer noch größeren Gefahr aussetzen. Das Ergebnis: leere Klassenzimmer.

Handerson Quetong Kongeh, Senior Divisional Officer von Ngoketunjia, erklärte Ende vergangenen Jahres im Staatsfernsehen CRTV, dass gezielte Anstrengungen notwendig seien, um zur Normalität zurückzukehren. Er berichtete, die Strategie in den Zentren werde aufgegeben und mehrere Schulen würden wieder an ihren eigentlichen Standorten eröffnet.

Im Jahr 2023 untersuchte eine Stellungnahme an den UN-Menschenrechtsrat die Lage in Kamerun. Darin wird der Regierung von Präsident Paul Biya nachdrücklich empfohlen, „wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um die Sicherheit der Schüler und des Bildungspersonals im gesamten Land zu gewährleisten“. Biya regiert das Land seit 1982.

Die Regierung akzeptierte die Empfehlung, ergeht sich aber weitgehend in Lippenbekenntnissen und behauptet weiterhin, die Situation sei unter Kontrolle. Sie muss dringend die notwendigen Schritte unternehmen, um den Konflikt zu lösen und die Gewalt zu beenden. Die Regierung weigert sich jedoch weiterhin, mit den Separatisten zu verhandeln. Sie bezeichnet sie als „Terroristen“ und setzt weiter auf militärische Auseinandersetzung. Die aber hat seit acht Jahren keinen Erfolg gebracht.

Amindeh Blaise Atabong arbeitet als freier Journalist in Kamerun und berichtet über verschiedene Themen aus ganz Afrika.
aamindehblaise@yahoo.com