Global Governance

Demokratieverteidigung daheim reicht nicht

Aus Sicht von Human Rights Watch (HRW) nutzen autoritäre Regime – vor allem die von Russland und China – es aus, dass demokratische Staaten nicht mehr im selben Maß wie früher für die Menschenrechte eintreten. Die internationale nichtstaatliche Organisation betont derweil auch, autoritärem Populismus könnten Grenzen gesetzt werden.
https://www.hrw.org/sites/default/files/world_report_download/ 201801world_report_web.pdf

Die Weltgemeinschaft schenkt Gewalt und willkürlichem Staatshandeln zu wenig Aufmerksamkeit, wie HRW urteilt. Das Leid in Jemen, Syrien und Myanmar werde dadurch vergrößert, dass die Schuldigen schwerer Vergehen sich völlig frei fühlten. Westliche Regierungen schauten immer öfter weg.

HRW-Exekutivdirektor Kenneth Roth zufolge zeichnet den Präsidenten der USA „eine verstörende Zuneigung zu Rechte verachtenden Potentaten“ aus. Das britische Königreich sei „vom Brexit absorbiert“. Traditionell hätten beide Länder trotz eigener Schwächen die Menschenrechte verteidigt, spielten aber auf der globalen Bühne ihre gewohnten Rollen nicht mehr. Wegen Rassismus und Agitation gegen Flüchtlinge in Europa sprängen Deutschland, Frankreich und andere EU-Länder nicht in die Bresche. Roth schreibt in seinem Vorwort zum aktuellen Weltbericht von HRW, Demokratien wie Australien, Brasilien, Indonesien, Japan und Südafrika sollten ihrerseits mehr tun.

Positiv beurteilt Roth, dass die Woge des Rechtspopulismus in westlichen Ländern in den vergangenen Monaten abgeklungen sei. Er lobt den französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der die Wahlen im Vorjahr mit einem klaren Konfrontationskurs gegen den rechten Front National (FN) gewonnen habe. Dank seiner Prinzipienfestigkeit habe er die FN-Kandidatin Marine Le Pen geschlagen. Roths Anerkennung findet Macron auch für seine Bereitschaft, „sich klar gegen autoritäre Herrschaft in Russland, der Türkei und Venezuela auszusprechen und stärkeres kollektives EU-Handeln gegen Angriffe auf Menschenrechte in Polen und Ungarn zu unterstützen“. Roth wünscht, der französische Präsident fände zu Rechtsverstößen in China, Ägypten und Saudi-Arabien ähnlich klare Worte.

Versuche etablierter Parteien, Positionen von Populisten zu übernehmen, um diese zu schwächen, sind laut Roth in anderen europäischen Ländern gescheitert. Nationalistische Slogans hätten nur die rechten Kräfte stärker gemacht – so etwa in Österreich, den Niederlanden oder auch Bayern.

Mit Blick auf Bundeskanzlerin Angela Merkel urteilt Roth, der Einzug der AfD in den Bundestag erschwere die Regierungsbildung. Er betont allerdings, die AfD habe dort besonders stark abgeschnitten, wo etablierte Parteien sich an sie anpassten – aber dort schwach, wo ihr klar widersprochen wurde. Auf Grundsätzen beruhende Konfrontation sei besser als kalkulierte Anpassung.

Auch in den USA erkennt Roth positive Trends. Seiner Einschätzung nach agiert Präsident Donald Trump destruktiv. Ermutigend sei aber der breite Widerstand gegen ihn. Zivilgesellschaft, Medien, die Gerichte und sogar einige republikanische Parteifreunde bremsten ihn als Regierungschef. Ähnlich lobt Roth auch die zivilgesellschaftliche Opposition in Ungarn und Polen.

Wie Roth ausführt, ist es gut, aber nicht ausreichend, auf nationalstaatlicher Ebene Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu verteidigen. Er weist diesbezüglich auf Saudi-Arabien und Libyen hin.

Der saudische Kronprinz Mohamed bin Salman glaube, er habe vom Westen „grünes Licht“, um arabische Länder in einen Krieg gegen die Houthi-Rebellen und deren Verbündete in Jemen zu führen. Bombenangriffe und Blockaden hätten dort die aktuell „größte humanitäre Krise weltweit“ weiter verschärft.

Um Bootsmigranten zu stoppen, hätten die EU und besonders ihr Mitgliedsland Italien die libysche Küstenwache dazu veranlasst, etwas zu tun, was das Recht europäischen Schiffen verbiete: Die Küstenwache zwang „Migranten und Flüchtlinge zur Rückkehr in die höllischen Bedingungen von Zwangsarbeit, Vergewaltigung und brutaler Misshandlung“.

Roth betont, das neue Desinteresse westlicher Länder an den Menschenrechten lasse autoritären Regimen mehr Raum, im eigenen Land gegen Rechte zu verstoßen und anderswo zu missbräuchlichem Handeln zu ermutigen. Explizit nennt er diesbezüglich Russland und China.

 

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Um die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen, ist gute Regierungsführung nötig – von der lokalen bis zur globalen Ebene.